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»Können Sie für mich beten?«
Оглавление»Können Sie für mich beten? Ich habe dazu in meiner jetzigen Situation keine Kraft mehr, Gott ist für mich zurzeit weit weg. Ich sehe keinen Sinn in dieser Phase meiner Krankheit. Alles ist aus, ich fühle mich wie in einem großen Loch. Ich kann nicht beten, wozu auch.« So wurde ich vor einiger Zeit in der Begleitung gefragt. Meine Antwort lautete: »Ja, natürlich, ich werde für Sie beten, dafür beten, dass Gott sich für Sie wieder zeigt und er mit Ihnen ist. Und ich bete natürlich stellvertretend für Sie, wenn Sie es nicht können.«
Menschen in mein Beten mit einzubeziehen, sie mit ihren Anliegen, die sie selber oft nicht mehr in Worte fassen können, vor Jesus zu tragen, ihn zu bitten, ihr Herz zu bewegen, sich ihnen zu zeigen, ist ein wichtiger Aspekt in meinem Beten geworden. Dieses fürbittende Gebet wende ich regelmäßig in der Exerzitienbegleitung an. Es bereichert mein eigenes Beten mit dem Herrn und stärkt mein Vertrauen in Ihn. Nicht ich bin für alles und für jeden verantwortlich, sondern ich kann in solchen Momenten diejenige Person in die Hände des Herrn loslassen. Er wird das Seine dann tun. Es ist für mich eine Entlastung, nicht alles machen zu müssen.
Überhaupt für Menschen zu beten, dass der Geist Gottes sie in wichtigen Entscheidungen begleite und stärke, dass sie in dunklen Momenten Trost und Zuversicht erfahren, ist ein tiefes Anliegen geworden. Sie vor Gott zu tragen und mit ihnen vor Gott gemeinsam zu sein, das ist die trostreiche Erfahrung.
Aber es ist nicht nur das Gebet für andere, sondern ich bitte auch für mich selbst. So bete ich z.B. vor Begleitgesprächen zu Jesus, ganz präsent beim Gegenüber zu sein, auf Jesus und sein Mitgehen zu vertrauen. Im täglichen Vater Unser bete ich bewusst, mehr Seinen Willen zuzulassen und anzunehmen und damit alles am Ende in seine Hände zu legen. Ich bete immer wieder um Kraft und Zuversicht, um Geduld.
Das Danken ist ein weiterer Aspekt in meinem Beten. Dank für das Wirken Gottes z.B. bei Exerzitanten, wenn sie nach einer trostlosen Zeit Hoffnung und Licht oder die Nähe Gottes als Geschenk erfahren. Dank, wenn ich erlebe, wie Er manches in täglichen Situationen bei mir zum Guten führt oder wenn sich etwas kurzfristig geklärt hat. Es sind meist kurze Stoßgebete im Laufe des Tages.
Zu meinem weiteren Gebetsschatz gehört inzwischen ein Lieblingsgebet des Jesuiten Pierre Olivaint SJ (1816–1872). Es begleitet mich bei vielen Gelegenheiten. Es ist für mich die Bitte und die Sehnsucht, Jesus immer ähnlicher zu werden, seine Gesinnung und sein Wesen zu verinnerlichen, mit seiner Art und Weise vertrauter zu werden:
Wachse, Jesus, wachse in mir, in meinem Geist, in meinem Herzen, in meiner Vorstellung, in meinen Sinnen.
Wachse in mir in deiner Milde, in deiner Reinheit, in deiner Demut, deinem Eifer, deiner Liebe.
Wachse in mir mit deiner Gnade, deinem Licht und deinem Frieden.
Wachse in mir zur Verherrlichung deines Vaters, zur größeren Ehre Gottes.
Ludwig Dehez SJ, Nürnberg, geb. 1948