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3. Im Fokus: RCTs

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Wenn Sie die Wirksamkeit eines Medikaments testen wollten, würden Sie sich am ehesten für RCT-basierte Forschungen entscheiden. Schließlich kann man auf diese Weise die Wirkung eines Medikaments, das klare physische Effekte hat, unmittelbar messen und bewerten und die Ergebnisse mit Fällen vergleichen, in denen das Medikament nicht verabreicht worden ist. Die Frage ist, ob die Gestalttherapie mit ihren Schichten emotionaler und beziehungsbezogener Komplexität mit einer medikamentösen Behandlung gleichgesetzt werden kann.

Während RCTs bei der Messung von Veränderungen der physischen Gesundheit und des Verhaltens effektiv sind, sind sie weniger geeignet, Veränderungen in der Gefühlswelt und im subjektiven Wohlbefinden zu messen. Außerdem bilden RCTs nicht das wahre Leben ab, da sie geschaffen wurden, um die jeweilige Effizienz unter streng kontrollierten Bedingungen bei sorgfältig selektierten PatientInnen/KlientInnen zu messen. Langzeitbehandlungen werden in RCT-Studien nur selten untersucht, trotz der Tatsache, dass die Forschung auf erfolgreichere Ergebnisse bei Therapien hindeutet, die sich über längere Zeit erstrecken.

Kritiker des blinden Vertrauens in RCTs haben eine Reihe an potenziellen Schwachstellen in der Art aufgezeigt, wie experimentelle Forschung als einziges Mittel zur Prüfung von Therapieeffizienz verwendet wird. Wie sie aufzeigen, geht man bei der Verwendung von experimentellen Designs (einschließlich der RCTs) davon aus, dass die Probleme der Menschen klar abgegrenzt und verglichen werden können, und dass Techniken isoliert und in der erforderlichen »Dosis« angewandt werden können.

Mottram (2000) erklärt, dass die Bedingungen, die in RCTs zur Psychotherapie geschaffen werden, eine »erhebliche Abweichung von der gewöhnlichen psychotherapeutischen klinischen Praxis [Übers. a. J.]« darstellen (ebd., 1). Die Versuche befassen sich oft mit Erkrankungen, die in ihrer Reinform in der Praxis kaum – wenn überhaupt – existieren. RCTs neigen auch dazu, sich auf einzelne Probleme zu konzentrieren und die Tatsache zu ignorieren, dass die meisten KlientInnen mehr als ein klar definiertes »Hauptproblem« haben, für das sie sich in Psychotherapie begeben. Wie Westen, Novotny und Thompson-Brenner (2004) darlegen, stützt sich die RCT-Forschung zum Großteil auf das DSM Diagnosesystem – ungeachtet der Tatsache, dass nur ein kleiner Prozentsatz jener, die eine Therapie machen, dies tut, weil er eine bestimmte DSM-Diagnose hat. In den meisten Fällen brauchen die PatientInnen/KlientInnen Hilfe im alltäglichen Leben. Die Menschen bestimmten Gruppen von Erkrankungen zuzuordnen löscht die Besonderheit von individuellen Persönlichkeiten und verdeckt die feinen Anpassungen, die TherapeutInnen als Reaktion auf Unterschiede in der Persönlichkeit vornehmen. Ramsay (zitiert in Bovasso /Williams / Haroutune 1999) meint, dass wir mehr Forschung brauchen, die sich mit »freilaufenden Menschen« befasst – jene Menschen, die Therapeuten tatsächlich in ihren Praxen behandeln. »RCTs stellen KlientInnen typischerweise als passive EmpfängerInnen von standardisierten Behandlungen dar und nicht als aktive Partner und SelbstheilerInnen – Annahmen, die unseren Werten als beziehungsorientierten TherapeutInnen widersprechen« (Elliot 2001, 316 [Übers. a. J.]).

Eine der potenziell fehlerhaften Entwicklungen, die sich aus der Bewegung für eine evidenzbasierte Praxis ergibt, ist die Forderung, die Effektivität verschiedener psychotherapeutischer Behandlungen zu vergleichen. In der Welt der Psychotherapie hat sich der Ansatz, Evidenz zu finden, um eine Therapieform über die andere zu stellen, als wenig hilfreich erwiesen und führte sogar zu Spaltungen.

Überzeugende und umfangreiche Forschung, die sich über mehrere Jahre erstreckte, hat gezeigt, dass die Beziehungsdimensionen, die sich durch alle Therapieformen ziehen, wichtiger sind als bestimmte Techniken.

Im Jahr 1975 schlossen Luborsky, Singer und Luborsky eine Metaanalyse von mehr als hundert Forschungsprojekten ab, die zwischen 1949 und 1974 durchgeführt wurden. Sie fanden heraus, dass die Art der Therapie, die einer KlientIn zuteil wurde, keinen wesentlichen Einfluss auf die Ergebnisse hatte. Die Befindlichkeit von KlientInnen, die irgendeine der unterschiedlichen Therapien erhalten hatten, mit denen sich die Analyse befasste, schien sich als Resultat ihrer Erfahrung zu verbessern. Daraus schlossen Luborsky, Singer und Luborsky, dass »wir hier zu einem ›Dodo-Bird-Verdict‹ kommen können. Im Allgemeinen kann man sagen, jeder hat gewonnen und alle müssen einen Preis bekommen« (ebd., 1003, Übers. A. J.). Eine anschließende Metaanalyse von Smith und Glass (1977) bestätigte das »Dodo-Bird-Verdict«-Ergebnis. Wampold et al. (1997) überprüften zwischen 1970 und 1995 ausgeführte Studien und fanden nur geringe oder gar keine Unterschiede in der Effektivität der verschiedenen Therapieformen. Die Abteilung für Psychotherapie der Amerikanischen Vereinigung für Psychologie (American Psychological Association, APA) veröffentlichte die überarbeitete Version eines Buches mit dem Titel Psychotherapy Relationships That Work und stellte fest, dass allgemeine Prozesse, die über die theoretische Orientierung hinausgehen (wie z. B. die Bildung das therapeutischen Bündnisses), den größten Einfluss auf erfolgreiche Ergebnisse hatten (Norcross 2002).

Eine ganze Reihe an Forschungen hob die Tatsache besonders hervor, dass eine therapeutische Beziehung von hoher Qualität der beste Indikator für erfolgreiche Ergebnisse ist. Dieses Ergebnis trifft auf verschiedene Therapien und unterschiedliche Probleme der KlientInnen zu (Margison et al. 2000; Gershefski et al. 1996; Everall / Paulson, 2002; Bryan et al. 2004; Hubble / Duncan / Miller 1999). In seiner Zusammenfassung von Forschungsergebnissen zur Beziehung zwischen Therapie und Veränderungen bei PatientInnen/KlientInnen, fand Lambert (1992) heraus, dass nur 15 Prozent der therapeutischen Veränderung auf Faktoren zurückzuführen waren, die spezifisch für bestimmte Therapien sind.

Zu einer Zeit, in der die Zunahme von qualitativen Methodologien die therapeutische Beziehung und den Beitrag der KlientInnen zu dieser Beziehung stärker betont, stellt sich die Frage, warum es in der psychotherapeutischen Forschung immer noch Effektivitätsstudien gibt, die die verschiedenen Therapieformen miteinander vergleichen. Die Antwort könnte in der allgegenwärtigen Kultur des Marktes mit ihrem Schwerpunkt auf Nachvollziehbarkeit, Konkurrenz und Auswahl liegen (Evans / Gilbert 2005).

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