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7. Die Kombination von Gestalttherapie und psychiatrischer Behandlung Jan Roubal und Elena Křivková 1. Einleitung

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Der Einsatz von Psychopharmaka stellt seit 60 Jahren einen Teil der Behandlung psychischer Probleme dar. In ihrer Praxis begegnen GestalttherapeutInnen relativ häufig PatientInnen, die psychiatrische Medikamente einnehmen. Trotzdem wird das Thema der Psychopharmakotherapie und ihrer Kombination mit Psychotherapie in der gestalttherapeutischen Literatur ausgeblendet oder nur kurz in Verbindung mit anderen Aspekten der gestalttherapeutischen Arbeit erwähnt (z. B. bei Stratford / Brallier 1979; Harris 1992a, 1992b; Aviram / Levine Bar-Yoseph 1995; Resnikoff 1995; Philippson 1999; Sabar 2000; Miller 2001; Brownell 2011a und anderen). Es ist keine leichte Aufgabe, die kombinierte Anwendung von Gestalttherapie und Psychopharmakotherapie zu beschreiben, da beide Ansätze in einem anderen Paradigma begründet sind und einem anderen Verständnis von Gesundheit und Krankheit entstammen. Wir gehen trotzdem davon aus, dass ein gewisses Grundwissen um psychiatrische Medikamente auch zur verantwortungsvollen Arbeit einer GestalttherapeutIn gehört, ebenso wie das Bemühen, zu einer Einstellung zur Verwendung von Medikamenten zu kommen, die mit dem gestalttherapeutischen Ansatz übereinstimmt.

In diesem Kapitel nutzen wir unsere praktische Erfahrung als PsychiaterInnen, die als GestalttherapeutInnen arbeiten und auch mit der pharmakologischen Behandlung vertraut sind. Wir wollen versuchen, eine Einstellung zu Psychopharmaka darzustellen, ohne dabei die Individualität jeder PatientIn und die dialogische Essenz der psychotherapeutischen Begegnung aus den Augen zu verlieren. Wir schildern Ihnen unsere Bemühungen, Wege zu finden, die dichotomische Denkweise von »Psychotherapie versus Medikamente« zu überwinden.

Wenn eine PatientIn Medikamente nimmt, könnte die TherapeutIn versucht sein, den Ich-Es-Ansatz zu übernehmen (Buber 1996), als sei die PatientIn ein zu behandelndes Objekt. Doch die TherapeutIn begegnet einem Menschen mit einer einzigartigen Geschichte, einer einzigartigen Art und Weise, in Kontakt zu treten, einem einzigartigen Weg der kreativen Anpassung. Die Medikamente sind ein Teil dieser Geschichte, zum In-Kontakt-Treten und zur kreativen Anpassung. Eine TherapeutIn öffnet sich für eine menschliche Ich-Du-Begegnung im Hier und Jetzt mit dieser PatientIn und deren Lebenskontext, zu dem auch die Medikamente gehören.

Die PatientIn betritt die therapeutische Situation und wird von mehreren Faktoren beeinflusst: Vielleicht hatte sie eine schlaflose Nacht oder hat ein köstliches Mittagessen genossen oder vielleicht hat sie morgens Prozac (Fluoxetin) genommen. Die TherapeutIn betritt die therapeutische Situation ebenfalls beeinflusst von externen Faktoren: Sie hat gerade eine Tasse starken Kaffee getrunken oder hat sich in der Nacht zuvor mit ihrem Ehemann gestritten oder hat gerade eine anstrengende Sitzung hinter sich. Zwei Menschen begegnen sich und die psychiatrischen Medikamente stellen ein Steinchen in dem Mosaik der gesamten komplexen Situation ihrer Begegnung dar.

Als wir dieses Kapitel verfassten, hatten wir die grundlegende Bedeutung der menschlichen Begegnung und die Komplexität der therapeutischen Situation vor Augen, die sich nicht vereinfachen lässt (s. a. Krisch 1992b; Hanika 1992). Trotzdem verengen wir etwas später im Text absichtlich unseren Fokus auf die Einnahme von Medikamenten, um die Bewusstheit zu stärken, die mit diesem Teilaspekt des Feldes verbunden ist.

Gestalttherapie in der klinischen Praxis

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