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3. Die Kombination von Psychotherapie und Pharmakotherapie

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Die Ansichten über die Kombination2 von Psychotherapie und Pharmakotherapie haben sich mit der Zeit verändert, seit in den 1950ern die ersten Psychopharmaka auf den Markt kamen. Manche PsychotherapeutInnen lehnten die Kombination erst ab, aus Angst, dass die Medikamente wichtige Gefühle und Konflikte überdecken, die Gegenstand der psychotherapeutischen Arbeit sind (Holub 2010). Dies veränderte sich, als immer mehr Menschen mit schweren psychischen Störungen psychotherapeutische Behandlungen in Anspruch nahmen, z. B. PatientInnen mit Borderline-Persönlichkeitsstörungen oder mit Psychosen. In diesen Fällen war die Pharmakotherapie kein Nachteil, sondern ermöglichte den PatientInnen vielmehr vom psychotherapeutischen Prozess zu profitieren.

In den letzten zwei Jahrzehnten sind die Entwicklungen im Bereich der Psychopharmaka schnell vorangeschritten. Inzwischen sind Psychopharmaka mit nur geringen Nebenwirkungen auf dem Markt. Diese Medikamente können nicht nur von PsychiaterInnen verschrieben werden, sondern auch von ÄrztInnen für Allgemeinmedizin und anderen SpezialistInnen. Die Medikamente werden für ein breiteres Spektrum von psychischen Zuständen und eine niedrigere Intensität von Problemen verordnet.

Infolgedessen nimmt der Einsatz von psychiatrischen Medikamenten immer mehr und mehr zu und ersetzt oft die Psychotherapie, sogar in Fällen, bei denen sie üblicherweise Methode der ersten Wahl war. Da die Medikamente für ein rasches Nachlassen der Symptome und somit schnell für schnelle Erleichterung sorgen, kann es passieren, dass PatientInnen die Psychotherapie als zu wenig effektiv, zu langsam oder zu teuer wahrnehmen.

Wenn wir uns jedoch von dem dichotomen Denken lösen (Medikamente versus Psychotherapie), können wir sehen, dass sich diese beiden Ansätze für das Wohl unserer PatientInnen kombinieren lassen, sie können einander gut ergänzen. Die Kombination von Psychotherapie und Pharmakotherapie stellt eine weit verbreitet klinische Praxis dar. Viele Studien beweisen, dass diese Kombination einen größeren therapeutischen Effekt hat als jede Methode einzeln anzuwenden (Wright / Hollifield 2006). Allerdings ist nicht geklärt, in welchem Ausmaß diese Ergebnisse generalisiert werden können. Außerdem treffen sie nur auf PatientInnen mit einer psychiatrischen Diagnose in psychotherapeutischer Behandlung zu.3

Psychopharmaka können den psychotherapeutischen Prozess erheblich unterstützen, indem sie exzessive, lähmende Angst und depressives Erleben reduzieren. Sie können auch hilfreich dabei sein, Unterbrechungen in der Psychotherapie zu überbrücken. Andererseits kann auch die Psychotherapie die Pharmakotherapie unterstützen, da es der PatientIn ihre Einstellung zu Medikamenten und zu der Erfahrung, diese einzunehmen, bewusst macht. Ein einschränkender Faktor (wenngleich nicht immer unerwünscht) in der kombinierten Therapie ist, dass die Medikamente PatientInnen in einer passiveren Haltung verharren lassen und ihnen erlauben können, keine Verantwortung für ihren Zustand und den psychotherapeutischen Prozess zu übernehmen (Holub 2010). Medikamente sind für manche PatientInnen notwendig, doch ihre Verwendung ist eingeschränkt durch das Risiko einer Abhängigkeit und einer möglichen Verringerung der Motivation der PatientInnen, psychotherapeutische Arbeit zu leisten und ihre Fähigkeit auszubilden, eigene Fertigkeiten für die Bewältigung von Problemen zu erlernen (Williams / Levitt 2007).

Es ist wichtig für GestalttherapeutInnen, sich nicht nur der oben erwähnten Vorteile und Einschränkungen dieser Kombination bewusst zu sein, sondern auch einen Weg zu finden, diese im Dialog mit der PatientIn zu untersuchen und sie im Kontext der gesamten psychotherapeutischen Situation zu betrachten.

Gestalttherapie in der klinischen Praxis

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