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2. „Richter-Theologie“

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Ein weiteres aktuelles Risiko für den kirchlichen Dienst besteht darin, dass durch höchstrichterliche Urteile die Kirchen in ihren Gestaltungsmöglichkeiten beschnitten werden. Dies kann an jeweils zwei Entscheidungen des EuGH und des BAG illustriert werden. Im ersten Fall – der „Rechtssache Egenberger“ haben der EuGH und das BAG das Selbstbestimmungsrecht der Kirchen aus Artikel 140 GG in Verbindung mit Artikel 37 Abs. 3 WRV in verfassungswidriger Weise und gegen die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgericht eingeschränkt.6 Bei der beruflichen Mitarbeit in Kirche, Caritas und Diakonie kann die Zugehörigkeit zu einer christlichen Kirche, abgesehen von beruflichen Funktionen in Seelsorge und Verkündigung, nur noch dann gefordert werden, wenn „ansonsten das kirchliche Ethos gefährdet wäre“. Dies soll bereits dann nicht der Fall sein, wenn Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Organisationen eingebunden und grundsätzlich weisungsgebunden sind. Ob die Anforderung „Kirchenzugehörigkeit“ inhaltlich gerechtfertigt ist, könne von den staatlichen Gerichten voll inhaltlich überprüft werden. Hiermit ist die Tür zu einer Richter-Theologie aufgestoßen. Mit welchen Maßstäben will das Gericht eines religiös-neutralen Staates prüfen, ob die Festlegung der Kirche, dass bestimme kirchliche Aufgaben von „christlich imprägnierten“ Menschen durchgeführt werden inhaltlich gerechtfertigt ist. Wie will beispielsweise ein Gericht überprüfen, dass Aufgaben in der Ehe- und Familienberatung durch christliche Sozialpädagoginnen ausgeübt werden sollen. Hierdurch wird die Grenze der Säkularität überschritten und die religiöse Dimension verkannt.

Die gleiche Feststellung ist für die Entscheidung des EuGH und des BAG im „Chefarzt-Urteil“ der Caritas zu treffen.7 In diesen Entscheidungen haben die Gerichte die Funktion von Chefärztinnen und Chefärzten an konfessionellen Krankenhäusern auf das rein medizinische reduziert. Hiermit würde eine Zwangssäkularisation der Einrichtungen der Caritas und der Diakonie bewirkt, die nicht akzeptiert werden kann.

Kirchlicher Dienst in säkularer Gesellschaft

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