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Wasserbau

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Bewässerungssysteme ermöglichten schon den frühen Hochkulturen des Zweistromlandes und Ägyptens die Herausbildung differenzierter Agrarstrukturen. Wie in Angkor im heutigen Kambodscha oder im Umfeld einiger Pyramiden Meso- und Südamerikas verstärkte zudem die Einbettung von Monumentalarchitektur in hydraulische Netzwerke deren Symbolgehalt. Der Aufbau solcher Netzwerke war auf Grund der Arbeitsintensität nur im Rahmen einer politischen Zentralmacht möglich. Aus Be- oder Entwässerungsmaßnahmen resultierende agrarische Überschüsse setzten in der Folge vielfältige kulturelle Prozesse und soziale Differenzierungsmechanismen in Gang. Gleichzeitig wurden solche Systeme zum Kristallisationspunkt technischer Kompetenzen. Planung und Durchführung, in geringerem Maße auch ihr Unterhalt, erforderten stets grundlegende Kenntnisse von Geometrie, Arithmetik und Vermessungstechnik. Diese wurden zum Teil über Jahrhunderte mündlich und durch Anschauung tradiert.

Wasserbau in China

In China hatten Projekte im Wasserbau, nicht zuletzt auf Grund der höheren Bedeutung der Wasserwege für den Güter- und Personentransport, weit größere Dimensionen als in Europa. Das Netz schiffbarer Wasserwege und Kanäle im 12. Jahrhundert wird auf 50.000 Kilometer geschätzt. Der bereits um 600 angelegte, im 14./15. Jahrhundert durch Teilung kleinerer Flüsse, die Beseitigung von Stromschnellen, den Bau von Dämmen, Auffangbecken, Kanälen und Wehren ausgebaute Kaiserkanal verband schließlich mit einer Länge von über 1500 Kilometer mehrere Flussläufe zwischen Nord- und Südchina. Auf ihm wurden die in riesigen Mengen anfallenden Naturalsteuern in Form von Reis auf Tausenden von Booten von den fruchtbaren südlichen Provinzen sowohl nach Peking als auch zu den im Nordosten des Landes stationierten Grenztruppen transportiert. Seine Ufer wurden durch Pflanzung von Millionen Bäumen vor Erosion zu sichern gesucht. Auch darüber hinaus sind zahlreiche, zum Teil äußerst aufwendige Maßnahmen zum Ausbau gerade der schiffbaren Wasserwege im südlichen und südwestlichen China belegt.

Bewässerungssysteme

Grundlage des Anbaus von Nassreis in Südostasien waren hingegen ausgeklügelte, kleinteilige Netzwerke zur Wasserversorgung, die stets den topographischen und klimatischen Gegebenheiten angepasst sein mussten. Die Funktionsfähigkeit solcher Strukturen beruhte im Wesentlichen auf lokalen Zusammenschlüssen und Initiativen sowie entsprechend dezentralisierter Expertise. So wurden in den Monsungebieten des Indischen Subkontinents Reservoirs unterschiedlicher Typen und Größen geschaffen, um die Nutzung der Monsunregenfälle in die trockenere Jahreszeit auszudehnen. In Indien und Sri Lanka wurden diese Systeme zwischen dem 13. und dem 17. Jahrhundert vielfach stark erweitert, was stets die Lösung lokaler oder regionaler Machtfragen erforderte. Das vom 9. bis 15. Jahrhundert bestehende Reich von Angkor beruhte als damals größtes Machtzentrum Südostasiens auf dem ausgedehntesten künstlichen Bewässerungssystem der Region, das bis zu 167.000 Hektar Land im Umfeld des Mekong umfasste. Die Ausrichtung der Bauten des Tempelkomplexes von Angkor ebenso wie andere Quellen belegen ein ausdifferenziertes Wissen in den Bereichen anwendungsorientierter Astronomie, Mathematik und Architektur. Mit dem Verlust der Kontrolle über dieses System im Zuge kriegerischer Auseinandersetzungen kollabierte das Königreich der Khmer, das durch eine hierarchisch aufgebaute Bürokratie ebenso gekennzeichnet war wie durch monumentale Bauwerke und ein umfassendes Wegenetz, binnen weniger Jahrzehnte.

Azteken

In Japan ist die Steigerung der landwirtschaftlichen Produktion insbesondere in der Tokugawa-Zeit ebenfalls zum Teil auf perfektionierte Bewässerungssysteme zurückzuführen. Auf solchen basierten auch die landwirtschaftlichen Überschüsse des im 15. Jahrhundert aufgestiegenen, zentral verwalteten Aztekenreiches in Zentralmexiko. In den bergigen Regionen des Inkareiches sind kleinteiligere, aber nicht weniger differenzierte Systeme belegt: Bei der Neuanlage der Bergstadt Machu Picchu wurde im 15. Jahrhundert von vorneherein ein entsprechendes System von Fließkanälen und Brunnen eingerichtet, das jahreszeitlich wechselnden Versorgungsmengen angepasst war.

Qanāts

Im Vergleich zu Asien hatten die in Europa aufgebauten hydraulischen Netzwerke vergleichsweise bescheidene Dimensionen. Nach dem Untergang des Römischen Reiches mit seinen aufwendigen Wasserleitungen zur Versorgung urbaner Zentren entstanden sie erst im Spätmittelalter vor allem in der Poebene und in den Niederlanden. Kanal- und Deichbauten von eher begrenzten lokalen oder regionalen Dimensionen dienten der Gewinnung zusätzlicher Agrarflächen sowie verbesserter Transportwege. Ansonsten erforderten die in Europa für den dominierenden Getreideanbau in der Regel ausreichenden Niederschläge keine großräumigen hydraulischen Strukturen. Das Erbe der römischen Wasserbautechnik wurde eher in den arabischen Regionen um das Mittelmeer und im Zweistromland weitergeführt. Eine Besonderheit stellen dabei die Qanāts dar, unterirdische Wasserleitungen, die Grundwasser sammelten und zum Teil über erhebliche Entfernungen verteilten. Die bereits etablierten Bewässerungssysteme mussten hier nach 1200 nur noch im Detail optimiert werden, häufig ging dies Hand in Hand mit Experimenten und Transferprozessen zum Anbau standortgeeigneter Nutzpflanzen.

Schöpfwerke

In all den genannten Systemen für die agrarische Wasserversorgung spielten arbeits- beziehungsweise wartungsintensive mechanische Hilfsmittel eine eher untergeordnete Rolle. Einfache Schöpfräder waren in China ebenso wie im arabischen Raum seit den Zeiten der europäischen Antike im Einsatz, hinzu kamen im arabischen Raum durch Menschen- oder Tierkraft betriebene Schöpfwerke wie der nach dem Gegengewichtsprinzip arbeitenden Schaduf, Eimerwerke oder archimedische Schrauben. Der Bau komplexerer mechanischer Anlagen lohnte sich beispielsweise für die städtische Wasserversorgung Europas und des Nahen Ostens. Neben den – in Syrien bis zu 20 Meter hohen – Schöpfrädern wurden dafür in Zentraleuropa seit dem 15. Jahrhundert vielfach wasserradgetriebene Pumpwerke genutzt. Die dafür erforderlichen erheblichen Investitionen wurden auch im zentraleuropäischen Bergbau aufgebracht. Im Harz oder in Sachsen entstanden im 16. Jahrhundert unter obrigkeitlicher Regie differenzierte Netzwerke zur Versorgung solcher sogenannten Wasserhaltungsmaschinen mit Antriebsenergie: Wasserläufe über Tage wurden so kanalisiert, dass sie nacheinander mehrere Pumpwerke antrieben, die zum Teil auch unter Tage in den Stollen standen, bevor das Wasser an einer geeigneten Stelle wieder aus dem Berg geleitet wurde. Die insgesamt wie saisonal begrenzte Verfügbarkeit der Wasserkraft führte ab dem 17. Jahrhundert zu einer intensiven Suche nach neuen Antriebsformen, als deren Konsequenz sich letztlich die Dampfmaschine etablieren sollte. In den Niederlanden wurden in den Jahrzehnten um 1600 vergleichbar komplexe Netzwerke windgetriebener Schöpfräder und archimedischer Schrauben zur Landgewinnung eingerichtet. Sie waren mit ebenfalls kommunal organisierten Deichbauarbeiten verbunden, insgesamt jedoch eher kleinteilig organisiert.

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