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Überblick über die Kapitel

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Die einzelnen Kapitel dieses Buches zeigen, welche Bedingungen dieses 21. Jahrhundert der Schweiz auferlegt und sie zu Veränderungen in ihrer Aussenpolitik zwingt. Im Folgenden ein Überblick dazu.

In Kapitel 1 betrachtet Sacha Zala die Ziele und Zwecke der schweizerischen Aussenpolitik, wie sie in der Bundesverfassung und anderen Dokumenten sowie der Praxis erscheinen. Er zeigt auf, wie sich die Schweizer Aussenpolitik seit 1848 zwischen den Polen Souveränität, Neutralität und Aussenhandel sowie dem später wichtiger werdenden humanitären Engagement bewegte. Dabei stellte die Aussenhandelspolitik eine Konstante dar; Souveränität und Neutralität wurden je nach innenpolitischer Verfassung und Weltlage unterschiedlich gewichtet und interpretiert. Während unmittelbar nach der Gründung des Bundesstaats die Souveränität im Zentrum stand, entwickelte sich in der Folge der beiden Weltkriege und insbesondere beim Beitritt zum Völkerbund die Neutralität zur prägenden aussenpolitischen Doktrin – eine Stellung, die sie bis heute einnimmt. Im Windschatten dieses Diskurses pflegte die Schweiz eine aktive Aussenpolitik, die auf Nischen ausgerichtet war, namentlich den technischen und humanitären Internationalismus. Ausserdem verstand es die Schweiz, ihre machtpolitisch schwache Stellung durch ein ausgeprägtes Engagement für ein funktionierendes Völkerrecht zu kompensieren, sich früh als Standort für multilaterale Organisationen zu positionieren und ihre Neutralität über die Guten Dienste auch für andere nutzbar zu machen. Der Autor hält fest, dass das in breiten Kreisen der Bevölkerung und Politik verabsolutierte Neutralitätsverständnis bis heute anhält und für das Schwanken zwischen multilateralem Engagement und Abschottung verantwortlich ist. Dies hat die Partizipation an internationalen Entwicklungen erschwert.

In Kapitel 2 analysiert Pascal Sciarini Akteure und Prozesse der schweizerischen Aussenpolitik. Er hält einleitend fest, dass die Zuständigkeit des Bundes für die auswärtigen Angelegenheiten im dezentralen Bundesstaat eine Ausnahme darstellt. Zwar darf sich der Bund nicht über die Kantone hinwegsetzen; die Verfassung sieht die Mitwirkung verschiedener Akteure an der Festlegung der Aussenpolitik ausdrücklich vor. Dies sowie spätere institutionelle Reformen, mit denen die Stellung der Kantone und des Parlaments in der Aussenpolitik gestärkt wurde, änderten an der Dominanz des Bundesrats jedoch wenig. Der Autor zeigt auf, wie die Schweizer Aussenpolitik und Aussenwirtschaftspolitik, die lange in den Händen einer kleinen Elite lag, von immer mehr Akteuren geprägt wird. Eine besondere Dynamik entwickelte die mit der wirtschaftlichen Globalisierung einhergehende zunehmende Durchdringung von Aussen- und Innenpolitik. In praktisch allen Departementen bildeten sich mit Aussenpolitik befasste Ämter; vorparlamentarische Konsultationen wurden informeller und selektiver; und zivilgesellschaftliche Akteure wie NGOs und andere öffentliche Interessengruppen brachten sich zunehmend in die Aussenpolitik ein. Schliesslich wurde die Mitbestimmung durch das Volk in mehreren Verfassungsrevisionen ausgebaut, was zu einer deutlichen Zunahme von Abstimmungen mit aussenpolitischen Themen führte. Ein sinnvolles Gleichgewicht zwischen Wahrung der Interessen der Schweiz in ihren Aussenbeziehungen und den innen- und aussenpolitischen Restriktionen ist, so hält der Autor abschliessend fest, immer schwieriger zu finden.

In Kapitel 3 beleuchtet Cédric Dupont das Verhältnis der Schweiz zu den Vereinten Nationen sowie die Bedeutung des «internationalen Genf» für die Aussenpolitik der Schweiz. Er stellt dar, wie sich nach der Mitgliedschaft der Schweiz im Völkerbund die nachfolgende Beteiligung an der UNO durch ein starkes und konstantes Spannungsverhältnis zwischen Neutralität und internationaler Solidarität auszeichnet. Die Schweiz konzentrierte sich lange Jahre auf eine «technische» Solidarität, bis sie 2002 im zweiten Anlauf der UNO beitrat. Ihr anschliessendes Engagement für die Reform des Menschenrechtsrats zeigte die Möglichkeiten der Schweiz, aber auch ihre Grenzen auf. Die Abhängigkeit von der europäischen und der amerikanischen Position wurde in diesem Prozess eher bestätigt denn überwunden. Auch jüngere Geschäfte wie die Kandidatur für einen nicht ständigen Sitz im Sicherheitsrat oder der UNO-Migrationspakt stellt der Autor in den Kontext des Spannungsfelds zwischen internationalem Engagement und nationaler Eigenständigkeit. Dass sich Genf früh als Sitz für internationale Organisationen positionieren konnte, jüngst jedoch ein paar Rückschläge verzeichnete, führt der Autor zwar auf die zunehmende Konkurrenz, aber auch die letztlich machtpolitisch schwache Position der Schweiz zurück. Dennoch sieht er im internationalen Genf eine unabdingbare Plattform für den für die Schweizer Aussenpolitik bedeutsamen Multilateralismus.

Kapitel 4 befasst sich mit dem Verhältnis der Schweiz zur Europäischen Union. Es ist das wichtigste Handlungs- und auch Problemfeld der Schweizer Aussenpolitik, da es das Verhältnis der Schweiz zu ihren unmittelbaren Nachbarn regelt. Verschiedene Möglichkeiten werden seit Langem diskutiert und immer wieder gegeneinander abgewogen: eine reine Freihandelsbeziehung, entlang dem Abkommen von 1972; eine wirtschaftspolitische Allianz, analog dem 1992 abgelehnten EWR-Vertrag; ein sektorieller Marktzugang mit den Bilateralen I und II, einschliesslich einer Aussicht auf einen Beitritt; und zuletzt ein institutionelles Rahmenabkommen zur Bewahrung und Stabilisierung des Bilateralismus. Ein EU-Beitritt stand kaum je ernsthaft zur Debatte. Keine dieser Varianten vermochte bisher eine dauerhafte Akzeptanz zu finden. Die Zukunft der Beziehungen zur EU ist offen. Das Thema wird der Schweiz indes erhalten bleiben, denn die EU hat gezeigt, dass sie ihre Integration trotz wiederholter Krisen fortzusetzen gewillt ist. Die Frage dieser so bewegten wie unsicheren, aber letztlich unentbehrlichen Beziehung der Schweiz zur EU wird in diesem Kapitel aus vier Perspektiven betrachtet.

Anhand der Chronologie des Rahmenabkommens, des aktuell jüngsten Versuchs einer gemeinsamen institutionellen Grundlage, zeigt Joëlle Kuntz, wie umständlich und zögerlich die Beziehungen zur EU seitens der Schweiz gestaltet werden. 2002 als Vorschlag von der Schweiz lanciert, wurde das Rahmenabkommen Ende Mai 2021, nach jahrelangen Gesprächen, Auseinandersetzungen und Verhandlungen, vom Bundesrat als nicht zufriedenstellend bezeichnet; die Verhandlungen wurden einseitig abgebrochen.

Fabio Wasserfallen geht der Frage nach, weshalb dieses Rahmenabkommen, das von der Schweiz ins Spiel gebracht wurde, einer derart starken Kritik ausgesetzt war. Er führt dafür vier Gründe auf: die mangelnde Einigkeit seitens des Bundesrats, die schwindende Kohäsionskraft der wirtschaftlichen Interessen, das mangelnde Verständnis der Schweiz für die Veränderungen der EU sowie schliesslich das Versäumnis, das Abkommen auch in Gegenüberstellung zu real existierenden Alternativen zu diskutieren. Der Schweiz fehle es schlicht an der Einsicht, dass der bilaterale Weg in der aktuellen Form am Ende ist: Die Verträge drohen zu erodieren.

Heike Scholten zeichnet im Gespräch mit Katja Gentinetta die Entwicklung des Europa-Diskurses in der Schweizer Bevölkerung nach. Sie zeigt, was die Begriffe und Bilder, die von den Stimmbürgerinnen und Stimmbürgern im Zusammenhang mit dem Verhältnis Schweiz – EU gebraucht wurden und werden, über die Einschätzung dieser Beziehung aussagen. Standen sich ursprünglich die «Unabhängigkeit» der Schweiz und die «Realität» der EU gegenüber, ist jüngst eher von «Lösungsorientierung» und «Gemeinschaft» die Rede – Begriffsfelder, die das Potenzial haben, die Europadebatte weiter zu öffnen, als dies die Politik derzeit zu denken wagt.

Matthias Oesch führt die Überlegungen an diesem Punkt weiter. Er stellt das Verhältnis Schweiz–EU in einen grösseren politischen und auch zeitlichen Rahmen. Er macht auf das zentrale Dilemma aufmerksam, dass der von der Schweiz gewählte bilaterale Weg zwar bisher funktioniert hat und innenpolitisch gestützt wird, aber von der EU seit mehreren Jahren nicht mehr als zukunftsfähiges Modell angesehen wird. Neben der aus demokratiepolitischer Sicht fragwürdigen «autonomen» Übernahme von EU-Recht ortet er ein wesentliches Problem darin, dass sich die Schweiz durch den Rückzug ihres Beitrittsgesuchs selbst zum «normalen» Drittstaat erklärt hat, jedoch weiterhin auf Sonderlösungen pocht. Nach Oesch wird die Schweiz mittelfristig nicht darum herumkommen, ihr Verhältnis zur EU grundsätzlicher zu klären und die Option des EU-Beitritts ins Auge zu fassen.

In Kapitel 5 analysiert Charlotte Sieber-Gasser die Schweizer Aussenpolitik im Bereich Aussenhandel und Investitionen. Sie stellt fest, dass sich die Struktur des Aussenhandels der Schweiz grundlegend verändert hat. Aussenhandelspolitik verschmilzt zunehmend mit der Innenpolitik und ist gleichzeitig zunehmend geprägt von der Politik globaler Wirtschaftsmächte. Die bestehenden Abkommen der Schweiz gewährleisten daher den Rechtsschutz für den notwendigen Marktzugang nur noch teilweise. Die Interessenwahrung ist damit erschwert. Im Wesentlichen sieht die Autorin drei mögliche Szenarien: das Festhalten an den bisherigen Leitprinzipien – pragmatische Integration, Vermeidung supranationaler Elemente, Agrarprotektionismus –, was jedoch längerfristig zu einer Marginalisierung der Schweizer Exportindustrie und der Abwanderung multinationaler Konzerne führt. Über ein Andocken an bestehende Handelspartnerschaften und den Abschluss neuer, substanzieller Abkommen könnte sich die Schweiz besser vor geopolitischen Unsicherheiten schützen. Mit einer Vertiefung der Rechtsbeziehungen der Schweiz zur EU – auch einem Beitritt – wären aus rein aussenhandelspolitischer Perspektive substanzielle Vorteile verbunden. Die Autorin plädiert deshalb für einen demokratischen Grundsatzentscheid über die Leitprinzipien der Aussenhandels- und Investitionspolitik der Schweiz, der richtungsweisend ist für die zukünftige Ausrichtung entlang einem der drei skizzierten Szenarien.

In Kapitel 6 befassen sich Aymo Brunetti und Cédric Tille mit der Schweizer Aussenpolitik im Bereich Finanzmärkte und Geldpolitik. Sie stellen fest, dass die Schweiz der Globalisierung der Finanzmärkte und dem seit über zehn Jahren vorherrschenden strukturellen Zinsrückgang im globalen Finanzsystem besonders stark ausgesetzt ist. Dies vor allem, weil sie eine international stark integrierte und eher kleine Volkswirtschaft besitzt und bereits vor der globalen Tiefzinspolitik der jüngsten Zeit niedrige Zinsen aufwies. Hinzu kommen zwei aussenpolitische Schocks, die den Schweizer Finanzplatz in jüngerer Zeit besonders geprägt haben: die auf starken politischen Druck anderer Staaten (insbesondere der USA und wichtiger EU-Mitglieder) hin erfolgte Aufgabe des steuerlichen Bankgeheimnisses für Ausländer sowie der Regulierungsschub als Folge der Finanzkrise von 2008. Die beiden Autoren argumentieren, dass wohl nicht zuletzt als Folge dieser beiden internationalen Schocks und der innenpolitischen Antworten darauf der Schweizer Finanzplatz sich heute durch solide institutionelle Rahmenbedingungen auszeichnet. Diese haben u. a. auch dazu beigetragen, dass der Finanzsektor trotz Covid-19-Krise stabil geblieben ist. Zu den wichtigsten Herausforderungen gehört der aufgrund des Abbruchs der Verhandlungen über das Rahmenabkommen mit der EU gefährdete Zugang zum EU-Markt für Finanzdienstleistungen. Weitere zu klärende Fragen stellen sich im Bereich digitale Währungen und Nachhaltigkeit des Finanzsektors.

In Kapitel 7 erläutert Thomas Bernauer, wie die Schweiz zur Lösung globaler Umweltprobleme beiträgt, wie die Erfolgsbilanz der Schweizer Aussenpolitik in diesem Bereich aussieht und wo die grössten Herausforderungen und Handlungsmöglichkeiten liegen. Die grösste Herausforderung, die aus dieser Analyse hervorgeht, besteht darin, dass die Schweiz zwar sehr aktiv und kompetent an globalen Umweltschutzbemühungen partizipiert und international eingegangene Verpflichtungen im Inland meist auch gut umsetzt, aber letztlich dennoch rund drei Viertel der gesamten Umweltbelastung durch den Schweizer Konsum im Ausland anfallen. Damit trägt die Schweiz, trotz einer sehr aktiven Umweltaussenpolitik, insgesamt mehr zu globalen Umweltproblemen statt zu deren Lösung bei. Die im Kapitel skizzierten Handlungsmöglichkeiten könnten dazu beitragen, das starke Missverhältnis zwischen hoher Umweltqualität innerhalb der Schweiz und den von der Schweiz verursachten Umweltbelastungen im Ausland zu reduzieren. Dies erfordert eine intensivere politische Debatte darüber, wie Verantwortlichkeiten und wirtschaftliche Lasten einer solchen Anpassung in der Gesellschaft verteilt werden können und welche der skizzierten Handlungsmöglichkeiten in welcher Intensität und in welchen Zeiträumen zu priorisieren sind. Die Schweizer Umweltpolitik sollte deshalb viel systematischer als bisher im Sinn von Beiträgen zur Lösung globaler Umweltprobleme konzipiert und damit auch Teil der aussenpolitischen Gesamtstrategie der Schweiz werden. In der Bundesverwaltung sind Bemühungen in diese Richtung klar erkennbar, im Parlament noch wenig und in der breiten Bevölkerung erst in Ansätzen.

In Kapitel 8 befassen sich Isabel Günther und Fritz Brugger mit der Schweizer Entwicklungszusammenarbeit. Das Ende des Kalten Kriegs, die Terroranschläge zu Beginn des 21. Jahrhunderts, die zunehmende wirtschaftliche Globalisierung, Migrationsbewegungen und der Klimawandel fordern auch die Schweizer Entwicklungszusammenarbeit heraus. Diese ist von zunehmend transnationalen Netzwerken, neuen Akteuren, unter anderem aus dem Privatsektor, mitbestimmt. Die 17 UN-Nachhaltigkeitsziele stellen einen verbindlichen globalen Rahmen dar. Die Autoren zeichnen insgesamt ein recht positives Bild des – wenn auch kleinen – Beitrags der Schweiz zur globalen Armutsreduktion, die auch von den Bürgerinnen und Bürgern grossmehrheitlich befürwortet wird. Noch effektiver könnte dieser jedoch sein, wenn Armutsreduktion statt nationaler Eigeninteressen in den Vordergrund rückte, Entscheidungen stärker auf Evidenz basierten und die Kohärenz zwischen Entwicklungspolitik und anderen Politikfeldern gestärkt würde. Die Autoren stellen auch fest, dass das Wirtschaftswachstum vieler vormals armer Länder, die starke Zunahme privatwirtschaftlicher internationaler Kapitalflüsse und die rasch voranschreitende Digitalisierung bisherige Formen der Entwicklungszusammenarbeit infrage stellen. Sie präsentieren daher zwei Szenarien für die Schweizer Entwicklungszusammenarbeit: die Konzentration auf eine immer kleinere Anzahl an Ländern mit hoher Armut auf der einen Seite sowie die Stärkung internationaler Kooperation und der Schwächsten bei der Überwindung globaler Probleme auf der andern Seite.

In Kapitel 9 analysieren Sandra Lavenex, Paula Hoffmeyer-Zlotnik und Philipp Lutz die Entwicklung der schweizerischen Migrationsaussenpolitik. Sie tun dies mit besonderem Augenmerk auf innenpolitische Herausforderungen. Beim multilateralen Engagement der Schweiz, für das der UNO-Standort Genf traditionell eine grosse Bedeutung hat, stehen humanitäre Aspekte im Zentrum. In der Europapolitik der Schweiz hingegen dominieren wirtschaftliche Prioritäten, die Kooperation an den Aussengrenzen und Probleme bei der Zuständigkeit für Asylsuchende. In bilateralen Kontexten wiederum stehen die Rückführung von Migranten ohne Aufenthaltsstatus und entwicklungspolitische Massnahmen zur Migrationskontrolle im Vordergrund. Diese unterschiedlichen Schwerpunkte führen teilweise zu Widersprüchen, die der Zielerreichung im Weg stehen. Ausserdem droht das aussenpolitische Engagement der Schweiz im Migrationsbereich ohne ausreichende innenpolitische Absicherung ins Leere zu laufen; umgekehrt aber sind innenpolitische Ziele ohne internationale Zusammenarbeit schwer zu verwirklichen. Beispiele sind das Scheitern des UN-Migrationspakts, für den sich die Schweizer Diplomatie stark engagiert hatte, und die immer wieder umstrittene Personenfreizügigkeit, die für die bilateralen Abkommen mit der EU entscheidend ist. Um dieser Mehrebenenproblematik wirksam zu begegnen, plädieren die Autorinnen und der Autor dafür, in innenpolitischen Debatten neben der demografischen, wirtschaftlichen und kulturellen Dimension der Migration auch das menschenrechtliche und internationale Engagement stärker hervorzuheben. Sie argumentieren zudem, dass ein umfassender aussenpolitischer Ansatz sicherheitspolitische, ökologische und wirtschaftliche Dimensionen von Flucht und Migration umfassen sollte.

In Kapitel 10 diskutieren Gilles Carbonnier und Achim Wennmann die humanitäre Hilfe und Friedensförderung. Die Autoren betonen das traditionell starke Engagement der Schweiz in der humanitären Hilfe und Friedensförderung, wofür der etwas anders gelagerte Neutralitätsbegriff – die Unparteilichkeit bei Konflikten – ein unerlässliches Prinzip darstellt. Sie bildet eine gute Grundlage, um auch neueren Entwicklungen wie lang andauernden, fragmentierten und zunehmend urbanisierten Kriegen und kriegsähnlichen Situationen zu begegnen. Die humanitäre Hilfe bemüht sich in erster Linie darum, Menschen vor Kriegsverbrechen und Gewalt zu schützen und aus ihrer Hilfsbedürftigkeit zu befreien, indem sie einkommensgenerierende Tätigkeiten unterstützt und den Zugang zu lebensnotwendigen Infrastrukturen gewährleistet. Die friedensfördernden Aktivitäten umfassen die Guten Dienste, Dialoge, Mediation und auch die Gastgeberfunktion für internationale Konferenzen. Die schweizerische Aussenpolitik konzentriert sich in diesem Feld auf die Leistung bilateraler Hilfe, die verlässliche und flexible Finanzierung der zum Teil in der Schweiz ansässigen Organisationen, namentlich des IKRK, der Ärzte ohne Grenzen (MSF), des UNHCR, der UNICEF und weiterer Partnerorganisationen. Wie die UNO bemüht sich auch die Schweiz um stärkere Synergien zwischen der humanitären Hilfe, der Entwicklungszusammenarbeit und Friedensförderung. Die Autoren kommen zum Schluss, dass sich der Schweiz mit Genf als Zentrum der humanitären Hilfe und Friedensförderung eine ausserordentliche Chance bietet, sich als bevorzugte Mittlerin internationaler partnerschaftlicher Kooperationen zu positionieren und die bereits eingeleitete Innovation in Sachen Digitalisierung und Finanzierung weiterzutreiben.

In Kapitel 11 erläutert Andreas Wenger die Beiträge der Schweizer Aussenpolitik zu Frieden und Sicherheit in der Welt. Er stellt fest, dass diese an Bedeutung zugenommen haben. Die Aussensicherheitspolitik ist damit neben der Verteidigungspolitik und der inneren Sicherheit zu einem der drei zentralen Pfeiler der Schweizer Sicherheitspolitik geworden. Im Gegensatz zur Verteidigungspolitik und inneren Sicherheit, deren Bezugsrahmen national ist, ist die Aussensicherheitspolitik global. Sie umfasst vor allem die Prävention eines breiten Spektrums von Risiken, die international koordinierte Bewältigung unvorhersehbarer Ereignisse sowie die Vertretung der Schweiz mit Blick auf ihre sicherheitspolitischen Interessen. Der Autor beleuchtet, in welchen Bereichen und mit welchen Erfolgen die Aussensicherheitspolitik an Bedeutung gewonnen hat und wo die aussen- und innenpolitischen Grenzen einer aktiven Mitgestaltung des sicherheitspolitischen Umfelds liegen. Er skizziert ferner, ausgehend von aktuellen Gefahren und Risiken, potenziell zukunftsweisende Beiträge der Schweizer Aussenpolitik in diesem Bereich. Schliesslich werden damit zusammenhängende Herausforderungen der internationalen Interessenvertretung und innenpolitischen Abstützung behandelt. Der Autor argumentiert, dass die Handlungsspielräume der Schweiz für pragmatische und eigenständige Beiträge zu Frieden und Sicherheit in der Welt im derzeitigen Umfeld grösser geworden sind. Gleichzeitig stellt er fest, dass die Schweiz gut positioniert ist, um als Brückenbauerin zwischen Staaten und internationalen Organisationen sowie zwischen «hoher Politik» und «tiefer Politik» zu wirken. Zudem legt er dar, dass Beiträge zu Frieden und Sicherheit «von unten» eine Sicherheitspolitik ermöglichen, die nach innen und aussen glaubwürdig ist.

Eine Aussenpolitik für die Schweiz im 21. Jahrhundert

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