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Schlussbetrachtung

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Die Präambel der totalrevidierten Bundesverfassung von 1999, die «Unabhängigkeit und Frieden in Solidarität und Offenheit gegenüber der Welt» zu stärken beabsichtigt, legitimierte die Neuausrichtung aussenpolitischer Ziele. Die neue Verfassung veranschaulicht somit paradigmatisch das Aussenpolitikverständnis des 21. Jahrhunderts. Wie 1848 sind die Kantone nach wie vor an den aussenpolitischen Entscheidungen beteiligt, selbst wenn die Kompetenz beim Bund liegt. Die Unabhängigkeit (verstanden als Neutralität) und die Wohlfahrt (verstanden als erfolgreiche Aussenhandelspolitik) stehen am Anfang. Danach folgen die nachgelagerten Ziele: Linderung von Not und Armut in der Welt (Entwicklungspolitik und Katastrophenschutz), Achtung der Menschenrechte (Fortsetzung der humanitären Tradition) und Förderung der Demokratie (Anknüpfung an die Aufnahme liberaler Flüchtlinge im 19. Jahrhundert) sowie ein friedliches Zusammenleben der Völker (Ausrichtung auf das Völkerrecht) und Erhaltung der natürlichen Lebensgrundlagen. Letztere Bestimmung begründet als Teil der Bewegung für eine nachhaltige Entwicklung als einzige eine explizite neue Dimension auf Verfassungsebene.

Realistisch betrachtet war seit 1848 der Einfluss der Schweiz auf die Weltpolitik kaum entscheidend. Ihre Mitwirkung war aber konstant und auf Nischen ausgerichtet, die sich einem reichen liberalen und neutralen Staat mitten in Europa vielfältig boten. Dafür nutzte das Land lange und gewinnbringend globale gouvernementale und nongouvernementale Netzwerke. Die erfolgreiche Einbindung in die Weltwirtschaft erschloss der Schweiz zahlreiche internationale Kontakte und sorgte für eine gute Informationslage und einen effektiven Wissenstransfer. Es waren der Protektionismus, der übersteigerte Nationalismus und die Ideologisierung der Politik, die in der Zeit der Weltkriege die pragmatische Interessenpolitik des Landes herausforderten. Um den Handel zu sichern, setzte die Schweiz auf die völkerrechtlich gesicherte Neutralität, die sie in Abwehr der totalitären Bedrohungen gleichzeitig politisch als Rechtfertigungsdiskurs nach aussen und als gemeinschaftsideologische Grundlage nach innen instrumentalisierte. Während die Wirtschaft 1945 gut dastand und in der Nachkriegszeit bald zu hoher Prosperität zurückfand, wurde die Schweiz die Geister, die sie mit einer dogmatischen Emporstilisierung des Neutralitätsbegriffs in den Krisen der 1930er-Jahren gerufen hatte, nicht mehr los und zementierte somit endgültig das Sonderfalldenken im Kalten Krieg.

Seit dem Fall der Berliner Mauer 1989 schwankt die Schweizer Stimmbevölkerung, gefangen in diesem tradierten Neutralitätsdiskurs, angesichts der globalen Herausforderungen zwischen multilateralem Engagement und Abschottung. Dass das Neutralitätsprinzip an sich nicht infrage steht, zeigt die hohe Zustimmungsrate in der Bevölkerung, die in den Umfragen seit 2014 immer um die 95 bis 96 Prozent liegt. Aber erstmals seit der Gründung des Bundesstaats dient die Instrumentalisierung des Neutralitätsarguments nicht mehr primär der Sicherung einer funktionierenden Aussenwirtschaft und einer Reputation fördernden Vermittlerrolle, sondern der vermeintlichen Bewahrung eines imaginären Sonderfalls. Dabei böte gerade der flexible, pragmatische und situativ auslegbare Neutralitätsbegriff sowohl nach innen als auch nach aussen die grosse Opportunität, das zu vermitteln, was die Essenz des Handelns eines Staats mit limitierten Ressourcen inmitten Europas immer war: eine vorsichtige Aussenpolitik.

Eine Aussenpolitik für die Schweiz im 21. Jahrhundert

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