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Das Reich der Achaimeniden und seine Nachbarn Ereignisgeschichte

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Kyros der Große

Kernland des Reiches der Perser war eine Region in Südwestiran, die ihren Namen trug (altpers. Parsa, griech. Persis) und der sie sich in besonderer Weise verbunden fühlten. Wie die ihnen sprachlich verwandten Meder waren die Perser jedoch nicht die ursprünglichen Bewohner Westirans, sondern Zuwanderer, deren ursprüngliche Lebensweise (Hirtenkultur?), deren Wanderungsphasen und -routen, deren Sesshaftwerdung und Ethnogenese in Ermangelung diesbezüglicher Zeugnisse unklar bleiben. Erst für das ausgehende 7. und beginnende 6. Jahrhundert können wir den Schleier der Unsicherheit ein wenig lüften und Kulturaustauschprozesse zwischen elamischen und iranischen Bevölkerungsgruppen beobachten. Der Umstand, dass Kyros sich und seine Vorfahren „Könige von Anschan“ nennt, beweist diese Anerkennung elamischen Erbes durch die Perser. Dieser Mann, der sich, wie man heute weiß, als Abkömmling des Teispidenclans ansah und nicht als Nachfahre eines Ahnherrn Achaimenes, war nun in der Lage, die politische Landkarte des antiken Nahen Ostens grundlegend zu verändern. Nachdem er sich in den Besitz der Territorien des spätelamischen Königreichs mit seinem Zentrum in Susa gebracht hatte, besiegte Kyros Astyages, den Anführer der medischen Stammeskonföderation, die sechzig Jahre zuvor die assyrischen Königsstädte erobert und damit großen Eindruck selbst auf die Griechen im fernen Westen gemacht hatte. Kyros nahm im Anschluss Ekbatana, die medische Residenzstadt, ein und ließ reiche Beute nach Anschan schaffen. Ekbatana blieb im Übrigen während der achaimenidischen – und sogar noch während der hellenistischen – Zeit, wegen seiner strategisch günstigen Lage an den Wegen vom Zweistromland nach Ostiran, einer der wichtigsten Plätze Irans. Hier verewigten sich Dareios und seine Nachfolger in Inschriften und errichteten Gebäude, deren Pracht noch der Geschichtsschreiber Polybios im 2. Jahrhundert v. Chr. rühmte, deren Überreste sich allerdings wegen der modernen Überbauung wohl für immer unseren Blicken entziehen werden. Im Jahre 547/546 gelang es Kyros ganz offensichtlich, auch das ist Ergebnis jüngster historischer Forschung, einen urartäischen Reststaat in Ostanatolien zu zerschlagen.

In grober Unterschätzung der persischen und in ebenso falscher Überschätzung der eigenen Machtmittel glaubte nach Kyros’ Sieg der Lyderkönig Kroisos, die politische Landkarte Ostanatoliens neu zeichnen zu können. Als sein Einmarsch in Kappadokien (in den 540er Jahren) und die anschließende, unentschieden endende Schlacht nicht den erwünschten Erfolg zeigten, zog er sich in die Winterquartiere nach Lydien zurück, um sich mit Hilfe seiner Verbündeten in Babylonien, Ägypten und Sparta auf einen neuen Waffengang vorzubereiten. Kyros bemühte sich, diese Pläne dadurch zu vereiteln, dass er sein Heer nicht entließ, sondern den Lydern nachsetzte und zugleich die griechischen Untertanen des Kroisos zum Abfall von ihrem Oberherrn aufforderte. Auch wenn sich die Griechen loyal gegenüber Kroisos verhielten, sah sich dieser nach einer weiteren Schlacht doch schon bald in seiner Hauptstadt Sardes eingeschlossen. Nach zweiwöchiger Belagerung, die die Archäologen im Grabungsbefund nachweisen konnten, fiel die Stadt in die Hände der Perser; Kroisos fand wohl in den Kämpfen den Tod, überlebte allein in einem Teil der griechischen Überlieferung, die die Katastrophe mythologisch (Bakchylides) oder rationalisierend (Herodot) „schönfärbte“ und zugleich die Tradition des „großzügigen Siegers“ Kyros begründete (Herodot). Wie wenig dieses Bild mit der Wirklichkeit zu tun hat, beweist die Reaktion des Perserkönigs auf die Rebellion des von ihm als Schatzmeister eingesetzten Lyders Paktyes, dem sich die meisten griechischen Küstenstädte angeschlossen hatten. Kyros’ Befehlshaber Mazares und Harpagos sorgten nicht nur für die rasche Bestrafung des Aufrührers, sondern rächten sich auch an dessen griechischen Verbündeten: Mazares eroberte Priene, versklavte ihre politische Elite und plünderte Stadt und Umland von Magnesia, Harpagos brachte anschließend Smyrna, Phokaia und andere Städte gewaltsam in seinen Besitz und sicherte den gesamten Küstenstreifen Westkleinasiens bis nach Lykien hin für den Großkönig. Allein Milet, das in lydischer Zeit unabhängig gewesen, Kyros gegen Kroisos unterstützt und sich dem Aufstand nicht angeschlossen hatte, behielt seinen günstigeren politischen Status.


Die iranischen Großreiche.

Eroberung Babylons

Babylon, unter seinem König Nabonid, dürften die Niederlagen des Nachbarn Medien und des Verbündeten Lydien sowie die persische Kontrolle Susas nicht unberührt gelassen haben. Welche Ereignisse allerdings der eigenen fatalen Konfrontation mit Kyros vorausgingen, lässt sich wegen Überlieferungsausfalls nicht ausmachen; fest steht jedoch, dass die Spannungen immer mehr zugenommen haben und von Kyros dadurch geschürt worden sein müssen, dass er sich den mit Nabonid unzufriedenen Bevölkerungsgruppen Babyloniens – etwa der Marduk-Priesterschaft – als politische Alternative andiente. Nach seinem Sieg bei Opis, dem anschließenden Massaker an den Soldaten und der Einnahme von Sippar konnte es sich Kyros erlauben, seinen Befehlshaber Ugbaru nach Babylon vorauszuschicken, die Stadt, die dem Beauftragten des Siegers ohne Widerstand ihre Tore öffnete, in Besitz und Nabonid gefangenzunehmen. Kyros’ eigener feierlicher Einzug in die Stadt Ende Oktober 539 v. Chr. wurde dabei ebenso nach babylonischem Muster gestaltet wie seine ersten offiziellen Handlungen in der Stadt und im Lande; die unter der gleichen sachkundigen babylonischen Anleitung konzipierte Inschrift des „Kyroszylinders“ stellt den Perserkönig als von Marduk geschätzten und geförderten legitimen König von Babylon vor, der den Verpflichtungen gegenüber Gott und Bevölkerung auf baulichem, sakralem und bevölkerungspolitischem Gebiet zum Wohle des Landes nachkommt. Mit seinem Verhalten schuf Kyros im Übrigen die Voraussetzungen dafür, dass sich die Elite des Landes zur Zusammenarbeit mit dem fremden Herrscher bereit finden konnte. Mit der Niederlage Nabonids hatten auch die ehemals neubabylonischen Territorien von Palästina im Südwesten bis zum Zagros im Osten den Besitzer gewechselt. Inwieweit sich Kyros bei ihrer politischen Anbindung an das Reich am babylonischen Vorbild orientierte und inwieweit er in den neun Jahren seiner Herrschaft dort neue politische Akzente setzen konnte, ist nicht auszumachen. Obgleich die ihm von der jüdischen Überlieferung zugeschriebene Rolle bei der Repatriierung der von Nebukadnezar deportierten Judäer und der Wiederaufrichtung des Tempels in Jerusalem wohl als (theologische) Rückspiegelung erst später genehmigter oder begonnener Maßnahmen auf den lange erwarteten Befreier zu verstehen sind, mag dem Kyros ein Interesse an syrisch-palästinischen Angelegenheiten eigen gewesen sein; Entscheidendes tat sich in diesen Gebieten allerdings erst unter seinen Nachfolgern.

Konkrete Maßnahmen

Für wie wichtig Kyros die politisch-administrative Einbindung des neubabylonischen Reiches mit riesigem Territorium und enormen Bevölkerungszahlen in das neue Imperium ansah, davon künden nicht nur die bereits erwähnten ideologischen Bemühungen des Perserkönigs, sondern auch seine konkreten Maßnahmen: die Bestätigung hoher Funktionäre Nabonids in ihren Ämtern etwa oder die Einrichtung des Vizekönigtums des Kronprinzen Kambyses (538/537), der als „König von Babylon“ allerdings bereits nach einem Jahr, aus uns unbekannten Gründen, ausschied und Platz machte für den neuen Provinzgouverneur Gobryas. Der Umstand, dass unsere Zeugnisse, anders als für Lydien, nichts von Rebellionen in Babylonien wissen, spricht für den Erfolg der frühen persischen Politik in diesem Raum. Dieser Erfolg wird auch dadurch bestätigt, dass es Kyros in den 530er Jahren offensichtlich wagen konnte, große Teile Ostirans unter seine Kontrolle zu bringen, wobei allerdings sowohl die Strategie und der Verlauf seiner Feldzüge als auch die Art seiner Grenzsicherungspolitik im Nordosten und Osten aus Überlieferungsgründen unklar bleiben. Die griechischen Zeugnisse sprechen davon, dass Kyros im Kampf gegen die Steppenvölker gefallen, sein Leichnam in die Persis gebracht und in seiner neu errichteten Residenz Pasargadai beigesetzt worden sei. Die Reste dieser Anlage in einer künstlich bewässerten Gartenlandschaft künden noch heute von der Orientierung des königlichen Bauherren an künstlerischen Vorbildern des gesamten Nahen Ostens und von der Schaffenskraft der eigens für den Bau verpflichteten Kunsthandwerker, etwa der ionischen Steinmetze. Auch wenn das traditionelle Kyrosbild, nicht zuletzt dank der Bemühungen des Königs selbst und selbsternannter Nachfahren – etwa des letzten Schahs von Persien –, bis heute zu positiv ausfällt und die dunklen Seiten seiner Person und Politik in den Hintergrund treten lässt, so besteht doch kein Zweifel, dass wir in Kyros eine Persönlichkeit mit außergewöhnlichen Fähigkeiten fassen können: In weniger als dreißig Jahren schuf er ein Weltreich, das an Umfang und historischer Bedeutung seinesgleichen suchte. Es verwundert nicht, dass in Iran, aber nicht nur dort, schon bald unzählige Geschichten in Umlauf kamen, in denen, zum Teil nach bekannten Mustern und Vorbildern gestaltet, das Lob dieses ungewöhnlichen Herrschers gesungen wurde.

Unterwerfung Ägyptens

Seit Kyros’ Sieg über Nabonid besaßen die Perser eine gemeinsame Grenze mit den Ägyptern, der letzten verbliebenen Großmacht in Vorderasien. Ihr König Amasis, der aller seiner Verbündeten verlustig gegangen war, versuchte, der persischen Gefahr durch den Aufbau einer gewaltigen Seemacht, die Unterstützung des Tyrannen Polykrates von Samos, der den Persern seinerseits in der östlichen Ägäis gefährlich werden konnte, und die Besetzung der Insel Zypern als wichtiger Flottenbasis zu begegnen. Kambyses, Kyros’ Sohn, beantwortete diese Maßnahmen mit der zeit- und kostenaufwendigen Schaffung einer schlagkräftigen, mit seeerfahrenen Reichsuntertanen bemannten und von Persern kommandierten eigenen Flotte, dem Ausbau von Häfen, der Eroberung von Zypern und der Kontaktaufnahme mit arabischen Stämmen, deren Unterstützung für die Durchquerung des Sinai notwendig war. Der Sieg der Perser bei Pelusion (525), die anschließende Einnahme von Memphis und die Gefangennahme des Königs Psammetich III. beendeten den ägyptischen Feldzug, der durch die freiwillige Unterwerfung der Nachbarvölker im Westen, die diplomatische Sicherung der Südgrenze und wohl auch die Kontrolle der großen Oasen im Westen zu einem vollen militärischen Erfolg wurde. Nach dem Muster der Babylonienpolitik seines Vaters suchte Kambyses, durch die Orientierung seiner Politik und Herrscherrepräsentation an ägyptischen Vorbildern, die Loyalität und Unterstützung der einheimischen Eliten zu gewinnen – mit einigem Erfolg, wie etwa die Inschrift des Funktionärs Udjahorresnet beweist; Kürzungen von Tempeleinkünften unter Kambyses, vor allem aber wohl die negativen Erfahrungen der Ägypter mit den Persern während der vergeblichen Aufstände von 486/485 und 460 bis 454 verzerrten das Bild des Eroberers in Ägypten dann aber später in der Weise, wie sie bei Herodot fassbar wird: Der Perserkönig erscheint nun als brutaler, nahezu wahnsinniger Despot, der keine Gnade kennt und keinerlei Verständnis für ägyptisches Denken und Handeln zeigt.

Tod des Kambyses

Vermutlich waren die finanzielle und militärische Überforderung der Untertanen bei den Rüstungen gegen Ägypten, die Spannungen zwischen dem Großkönig und der mächtigen persischen Stammesaristokratie sowie ein Thronstreit mit dem Bruder Bardiya die Gründe dafür, dass während des Aufenthaltes des Kambyses am Nil das Reich in eine schwere politische Krise gestürzt wurde, über die sowohl die Bisutun-Inschrift als auch Herodot berichten, über deren Verlauf aber bis heute gestritten wird: Danach hatte ein von Kambyses in der Persis als politischer Funktionär zurückgelassener medischer Magier, Gaumata mit Namen, die Unzufriedenheit der Perser mit Kambyses und dessen Mord an Bardiya dazu genutzt, sich selbst als Königsbruder auszugeben, den Thron zu besteigen und durch eine Reihe populärer Maßnahmen (Steuer- und Heeresdienstmoratorium) die Unterstützung der Bevölkerung zu gewinnen; andere Gelehrte gehen allerdings davon aus, dass sich Bardiya selbst gegen seinen Bruder erhoben habe. Ob nun Dareios I., dem wir die Gaumata-Version verdanken und der schließlich, nach dem Tode des Kambyses auf dem Rückweg aus Ägypten, in einem Handstreichunternehmen mit nur wenigen Getreuen den Gaumata/Bardiya beseitigte, als Königsmörder – und Lügner – anzusehen ist oder nicht, ein Usurpator war er in jedem Falle – besaß er doch kein besonderes Recht auf den Thron. Es spricht viel dafür, dass auch er es war, der die in Bisutun und bei Herodot fassbare Konstruktion einer genealogischen Verknüpfung der Teispiden-Linie des Kyros mit der eigenen Achaimeniden-Linie in Auftrag gab, um seine Thronansprüche legitimatorisch zu untermauern. Als wie markant die politische Zäsur nach dem Tode des Kambyses im Reich empfunden wurde, davon legen die zahlreichen Aufstände beredtes Zeugnis ab, derer Dareios nur mit Mühe und äußerster Brutalität Herr werden konnte (522/521 v. Chr.). Dareios wären diese Erfolge nicht gelungen, hätte er nicht die Unterstützung von Teilen der persischen Aristokratie gewonnen, die mit Kambyses und/oder Bardiya/Gaumata unzufrieden waren; der Prozess der Reichsgründung und territorialen Expansion sowie die dazu notwendigen militärischen, politischen und fiskalischen Anstrengungen hatten offensichtlich zu einem Dissens zwischen dem Großkönig, der persischen Bevölkerung und dem persischen Adel über die Richtung der politischen Entwicklung und die Rolle von Herrscher, Adel und Untertanen geführt. Dass es Dareios gelang, die Reichseinheit zu wahren, die Aristokratie an sein Haus zu binden und diesem das Recht auf den Thron zu sichern, spricht für sein politisch-diplomatisches Geschick, seine militärische Begabung und seine Skrupellosigkeit gleichermaßen. Das Monument von Bisutun ist beredter Ausdruck dieser „Fähigkeiten“.

Dareios I.

Die Regierungszeit Dareios’ I. stellt in mehrerlei Hinsicht einen besonders wichtigen Abschnitt in der Geschichte des Achaimenidenreiches dar: Es ist die Phase der größten Ausdehnung des Imperiums, der entscheidenden fiskalisch-administrativen Reichsreformen und der Entwicklung einer spezifischen Herrscher- und Herrschaftsideologie zugleich. Umso bedauerlicher ist es, dass relativ rasch nach Dareios’ Thronbesteigung der Abschnitt achaimenidischer Geschichte beginnt, der – zumindest was die Ereignisgeschichte angeht – nur äußerst spärlich oder höchst einseitig dokumentiert ist – durch die griechische Historiographie und die Bücher des Alten Testaments, die sich allein auf die griechisch-persischen Beziehungen und die westlichen Provinzen des Reiches konzentrieren.

Die Bisutun-Inschrift erwähnt noch die beiden Unternehmungen des Dareios gegen Elam und die Skythen Mittelasiens in seinem zweiten und dritten Regierungsjahr, dann schweigen – von wenigen Inschriften, etwa aus Lykien und Karien, mit lokalen Bezügen – die diesbezüglichen persischen Quellen. Aus Babylonien besitzen wir noch zwei Chroniken aus der Spätphase des Reiches (aus dem Jahre 345/344 und aus der Alexanderzeit) und knappe historische Informationen in den „Astronomischen Tagebüchern“, die nicht immer leicht zu deuten sind; aus Idumäa, am Rande des Negev, stammen aramäische Dokumente, die den Status dieser Region beim Übergang von der spätachaimenidischen zur frühhellenistischen Zeit beleuchten, aus Baktrien solche aus den letzten Jahrzehnten achaimenidischer Herrschaft, die diesen Reichsteil als eine reguläre Provinz mit vielfältiger achaimenidischer institutioneller Durchdringung kennzeichnen. Nahezu alle anderen ereignisgeschichtlichen Hinweise liefert die fremde, nicht die einheimische Überlieferung – oft genug in deutlich perserfeindlicher Wirkabsicht.

Schlacht bei Marathon

Es war Dareios I., der das Reich im Norden, Westen und Osten erweiterte, sicherte und wirtschaftlich stärkte: im Westen einerseits durch die Eingliederung der Kyrenaika (513), des ressourcenreichen Thrakiens und der strategisch wichtigen Meerengen sowie der dem kleinasiatischen Festland vorgelagerten Ägäisinseln (vor allem von Samos ca. 519) ins Imperium, andererseits durch die außenpolitische und tributäre Abhängigkeit Makedoniens (wohl 510 und nach 494) sowie einen Vertrag mit Athen (507/506). Im Osten gelang den Persern damals die Eroberung „indischer“ Territorien. Im Norden sollen sie die Donau als Reichsgrenze angesehen haben, nachdem ihnen der erfolglose Zug gegen die europäischen Skythen (513) bewiesen hatte, dass man kaum mehr als die Abwehr „nomadischer“ Einfälle an dieser natürlichen Grenze erreichen konnte. Einen herben Rückschlag erlebte die Konsolidierungs- und Vorfeldsicherungspolitik, als 498 die ionischen Städte unter Führung des durch ein gescheitertes Naxosunternehmen bei den Persern kompromittierten Tyrannen Aristagoras von Milet rebellierten, Karien und Teile Zyperns auf ihre Seite zu ziehen und, mit Unterstützung athenischer und eretrischer Kontingente, sogar Sardes einzunehmen und in Brand zu setzen vermochten. Es bedurfte enormer persischer Anstrengungen und der Uneinigkeit der Ionier, um die Revolte niederzuschlagen. Die folgenden Jahre nutzten die Perser dazu, in den zurückgewonnenen Städten und Regionen politische Ordnungen unterschiedlichster Art zu etablieren. Die persische Niederlage bei Marathon (490) am Schluss der Datis- und Artaphernes-Unternehmungen im Kykladenraum war das unrühmliche Ende einer ansonsten erfolgreichen Ägäisexpedition, sicher nicht der gescheiterte Auftakt eines persischen Versuches der Unterwerfung Griechenlands oder gar Europas. Entscheidender als der Rückschlag für die Perser waren, wie sich bald herausstellen sollte, die Auswirkungen des athenischen Sieges auf die Innenpolitik der Stadt (Ausschaltung der Tyrannen- und Perserfreunde) und die Entstehung einer athenischen politischen Identität.

In besonderer Weise war Dareios auch in Ägypten involviert, wo zu Beginn seiner Herrschaft der persische Satrap abgelöst worden war und wo die kurze Regierungszeit des Eroberers Kambyses keine wirkliche Stabilität hatte schaffen können. Unter den zahlreichen herrschaftssichernden Maßnahmen des Dareios im Lande am Nil ragen die Rücknahme der fiskalischen Anordnungen des Kambyses und die Bestätigung alter Vorrechte und Privilegien von Heiligtümern und Priesterschaften, die Vollendung des Necho-Kanals und die Aussendung von Schiffsexpeditionen von und nach Ägypten heraus; letztere dienten weniger wirtschaftlichen Interessen als der Nachahmung pharaonischer Großtaten und der Unterbeweisstellung der besonderen Qualität der persischen Herrschaft. Beide Seiten des Königs, die des gottgefälligen und erfolgreichen ägyptischen Pharaos und des Herrschers eines Weltreiches, scheinen in Abbildungen und Inschriften des Dareios aus Ägypten auf, auf den Reliefs aus dem Tempel in der Oase Charga etwa, Bildern und Inschriften der Suezkanalstelen, vor allem aber in den Texten der überlebensgroßen Statue des Königs, die in Susa gefunden wurde, ursprünglich aber in Heliopolis aufgestellt gewesen war. Unter Dareios wurde auch mit dem Bau der beiden wichtigsten achaimenidischen Residenzen begonnen – zunächst Susa, dann Persepolis. Die elamischen Tontäfelchen aus Persepolis und die „Burgbauinschrift“ aus Susa legen beredtes Zeugnis davon ab, dass diese Projekte von reichsweiter Bedeutung waren, insofern, als der König Arbeitskräfte, Materialien und künstlerische Vorlagen aus nahezu allen Reichsteilen zu mobilisieren und herbeizuschaffen in der Lage war, um seiner spezifischen Idee achaimenidischen Königtums und achaimenidischer Herrschaft architektonischen, bildlichen und textlichen Ausdruck zu verleihen. Auch die Grablege des Königs in Naqsch-i Rustam in der neuen Form eines kreuzförmigen Felsgrabes steht mit seinen Inschriften und Reliefs in dieser Tradition.


Blick über die Ruinen von Persepolis. Erbaut ab etwa 518 v. Chr.

Dareios’ Sohn und Nachfolger Xerxes (486–465) sah sich nach seiner Thronbesteigung vor die schwierige Aufgabe gestellt, die Perserherrschaft nach ihrer Begründung durch den charismatischen Kyros und ihrer Ausweitung, Reformierung und Legitimierung durch den Vater zu sichern und zu bewahren. Dass er dabei im Ergebnis viel erfolgreicher war, als uns die griechischen Zeugnisse glauben machen wollen, in denen er als intoleranter, einfallsloser und militärisch-politisch auf der ganzen Linie gescheiterter Despot erscheint, ist in den letzten Jahren deutlich herausgestellt worden. Dabei ist Xerxes nicht nur von der Anklage freigesprochen worden, babylonische Heiligtümer zerstört und die Mardukstatue weggeführt zu haben, sondern auch von dem Vorwurf, mit der herrschaftsideologischen Nachahmung seines Vaters „geistige Unselbständigkeit“ und mit seinem Verhalten auf dem Kriegsschauplatz in Griechenland Feigheit, Grausamkeit und strategisches Unvermögen unter Beweis gestellt zu haben. Keine Rede kann auch davon sein, dass mit Xerxes ein unumkehrbarer Prozess des Niedergangs der Persermacht und des moralischethischen Sittenverfalls einsetzte, wie vor allem die griechischen Autoren des 4. Jahrhunderts suggerieren; auf kulturellem Gebiet etwa könnte man Xerxes’ Regierungszeit geradezu als Höhepunkt einer Entwicklung kennzeichnen. Als gelehriger Schüler seines Vaters war Xerxes durchaus in der Lage, Rebellionen zu verhindern und, wo nicht möglich (Ägypten, Babylonien), zu unterdrücken sowie die zuletzt eroberten Territorien zu konsolidieren, in den Reichsverband einzugliedern (Teilung der Provinzen Babylonien und Lydien) und militärisch zu sichern.

Vollständig gescheitert ist Xerxes dagegen mit seinem Versuch, die Griechen des Mutterlandes zur Anerkennung der persischen Souveränität zu zwingen und so die Ägäis zu einem persischen Binnenmeer zu machen, in dem der Wille des Großkönigs gelten sollte. Obwohl bedeutende griechische Landschaften und Poleis sich, aus welchen Gründen auch immer, auf die persische Seite schlugen (Theben, Thessalien), andere je nach militärischer Lage taktierten (Delphi) oder sich neutral verhielten (Argos), wieder andere die Abhängigkeit vom griechischen Nachbarn nur zu gern gegen eine persische Herrschaft eingetauscht hätten (Messenien), gelangen den Mitgliedern des antipersischen „Hellenenbundes“ nach anfänglichen Misserfolgen glänzende Siege gegen persische Flotte und persisches Reichsheer (Salamis 480, Plataiai 479). Auch wenn Athener und Spartaner, Plataier und Korinther, Eretrier und Aigineten weder für Europa gegen Asien, noch für Demokratie und Menschlichkeit gegen Barbarei und Despotismus, sondern schlicht für ihre außenpolitische Unabhängigkeit kämpften, so waren die Auswirkungen ihres Erfolges doch erheblich: Persien sah sich – bis zum Ende des Jahrhunderts – auf Kleinasien (ohne die Westküste) und das östliche Mittelmeer zurückverwiesen, Athen stieg zur Hegemonialmacht in Griechenland auf und wurde Rivalin Spartas, und die Perserkriege stifteten griechische Identität(en) und begründeten das noch uns geläufige Barbarenbild.

Artaxerxes I.

Im August 465 fielen Xerxes und sein Kronprinz Dareios einem Mordanschlag zum Opfer, dessen genaue Hintergründe nicht geklärt sind. Nutznießer war auf jeden Fall der Xerxessohn und mutmaßliche Mörder Artaxerxes I. (465–424/23), der sich öffentlich als Rächer von Vater und Bruder gerierte. Außenpolitisch war der neue Herrscher überaus erfolgreich: Nicht nur wurden der von Athen unterstützte Inaros-Aufstand in Ägypten (460–454) nieder- und die athenischen Angriffe auf Zypern zurückgeschlagen, sondern es wurden auch die Levanteküste und Palästina militärisch gesichert. In diese Phase persischer Konsolidierungspolitik gehören wohl auch die Missionen Esras und Nehemias, die für die Konstituierung der jüdischen Gemeinschaft und ihres Zentrums Jerusalem so bedeutsam werden sollten.

Der den Status quo an Persiens Nordwestgrenze festschreibende Kalliasfriede (449), dessen Existenz allerdings nicht unumstritten ist, verschaffte dem Großkönig zusätzliche Handlungsfreiheit; im Übrigen konnte er darauf hoffen, dass die untereinander zerstrittenen Griechen ihm schon bald Gelegenheit geben würden, verlorenes Terrain wiederzugewinnen. In griechischen Angelegenheiten profitierte Artaxerxes vorübergehend auch vom Sachverstand des Salamissiegers Themistokles, der an seinen Hof geflüchtet war und den er für seine Expertisen mit Einkünften im Grenzgebiet großzügig entlohnte. Im Übrigen gewänne man ein völlig falsches Bild von den Beziehungen zwischen Griechen und Persern, schätzte man die Barbarentopoi der griechischen Überlieferung als Kennzeichen des Alltags dieser Beziehung ein: Nicht nur waren die Grenzen zwischen Seebund und persischen Territorien in Westkleinasien viel durchlässiger als oft angenommen und der Dienst beim Großkönig für manchen Griechen eine echte Alternative, in Athen selbst war die Perikleszeit nicht zuletzt auch durch eine regelrechte „Persermode“, das heißt die Nachahmung persischen Lebensstils, geprägt; manche Gelehrte gehen sogar so weit, auch Vorbilder für das Akropolisbauprogramm in Persien zu vermuten. An persischen Katastern und Abgabenveranschlagungen orientierten sich vermutlich die Väter des Attischen Seebundes.

Als Artaxerxes – zusammen mit seiner Gemahlin – im Winter 424/23 starb und sein Sohn und Thronfolger Xerxes (II.) bald darauf ermordet wurde, setzte sich mit Ochos ein weiterer Sohn des Artaxerxes gegen den Mörder und Halbbruder Sogdianos durch und bestieg als Dareios II. den Thron. Ochos und seine Parteigänger, die in babylonischen Wirtschaftsdokumenten erscheinen und politischen, wirtschaftlichen und zum Teil wohl auch familiären Rückhalt in Babylonien besaßen, hatten dabei zum Zwecke der Finanzierung und militärischen Absicherung ihrer Unternehmung den fiskalischen und Dienstpflichtdruck auf ihre „Lehnsleute“ kurzfristig und ohne Rücksicht auf deren finanzielle Möglichkeiten erhöht; jene hatten sich dadurch in vielen Fällen gezwungen gesehen, ihr Land zu verpachten oder hypothekarisch zu belasten. Es mögen der erfolgreich bestandene Kampf um den Thron und der Rückhalt Dareios’ II. in Babylonien gewesen sein, die in der Folge dem Land und seiner Metropole besonderes Prestige, den Angehörigen der provinzialen Funktionselite besondere politische und soziale Aufstiegsmöglichkeiten bescherten. Unter den wenigen Informationen, die wir ansonsten über Dareios II. besitzen, ragen die über die Kämpfe des Königs und seiner beiden Nachfolger mit den Kadusiern in Nordmedien und über Dareios’ Ionien- und Griechenlandpolitik während des Peloponnesischen Krieges heraus.

Nachdem sich Athen durch ihre Hilfe für den aufständischen karischen Dynasten Amorges die Perser zu Feinden gemacht hatte, beauftragte der Großkönig die Satrapen Tissaphernes von Lydien und Pharnabazos vom hellespontischen Phrygien, wieder Tribut von den ionischen Städten zu fordern. 412/411 vermittelte eben jener Tissaphernes auch Verträge mit Sparta, durch die Lakedaimon gegen Anerkennung der persischen Oberhoheit über die gesamte kleinasiatische Küstenregion Stützpunkte und Geld zum Unterhalt einer starken Flotte erhielt und Athen nun auch zur See ebenbürtig werden konnte. Diese persische Hilfe für Sparta steigerte sich sogar noch, als wegen der Rivalitäten zwischen Tissaphernes und Pharnabazos der jüngere Königssohn Kyros (der Jüngere) mit Sondervollmachten in Kleinasien erschien und die enge Zusammenarbeit mit dem neuen spartanischen Nauarchen Lysander suchte.

Gefahren an zwei Fronten

Zwar ging 405/404 der eigentliche Thronwechsel von Dareios II. auf seinen ältesten Sohn Arses (Artaxerxes II.) ohne Probleme über die Bühne, doch sah sich der neue König schon bald Gefahren an zwei Fronten gegenüber: Ägypten war zwischen 401 und 399 verlorengegangen, und in eben jener Zeit unternahm sein Bruder Kyros den Versuch, sich mit Unterstützung Spartas und griechischer Söldner an seine Stelle zu setzen. Allerdings scheiterte diese Unternehmung, über die Xenophon in seiner „Anabasis“ ausführlich berichtet, 401 bei Kunaxa in Babylonien daran, dass die wichtigsten persischen Aristokraten in Treue zu ihrem König standen und Kyros selbst auf dem Schlachtfeld blieb. Ähnlich erfolgreich wie im Thronstreit war Artaxerxes II. bei der Sicherung Syriens und Palästinas und bei der Abwehr spartanischer Interventionen in Kleinasien. Das zuweilen unter dem Eindruck der voreingenommenen griechischen Zeugnisse gezeichnete Bild vom schwachen Achaimenidenreich jener Zeit vermag nicht zu überzeugen: Nicht nur wurde der von Plutarch als volksverbunden und mutig gekennzeichnete Großkönig Mittler und Garant der griechischen Friedensordnung von 387/386 („Königsfriede“), die seine Herrschaftsrechte über die Städte Asiens, über Klazomenai und Zypern bestätigte, es gelang ihm auch, die Pläne des salaminischen Königs Euagoras für eine Herrschaft über ganz Zypern zu vereiteln und den, sich allerdings zum Teil widerstreitenden Bestrebungen der mit eigener Hausmacht ausgestatteten Satrapen in Kleinasien in den 360er Jahren ein Ende zu setzen. Die vom Großkönig zu diesem Zwecke eingesetzten militärischen (Söldner) und diplomatischen (Verhandlungen, Verträge, Subsidien) Mittel sind dabei eher Hinweis auf die Vielfalt politischer Handlungsstrategien und die unerschöpflichen Ressourcen des Reiches als auf die militärische Schwäche des Imperiums. Auf diesen König mit der längsten Regierungszeit (405–359) gehen im Übrigen auch Änderungen in der Inschriftenkonzeption zurück sowie die Einrichtung eines Statuenkultes für Anahita in den wichtigsten Zentren des Reiches. Als Bauherr ist Artaxerxes II. in Ekbatana, Susa und Babylon nachgewiesen.

Höhepunkt der Machtentfaltung

Ein erneuter Streit um die Nachfolge brachte 359 dem Kronprinzen Dareios und zweien seiner Brüder den Tod, einem anderen Artaxerxessohn, Ochos, den Thron. Unter diesem Herrscher mit dem Namen Artaxerxes III., der nicht unschuldig am Schicksal seiner Brüder gewesen sein soll, erlebte das Perserreich einen neuen Höhepunkt seiner Machtentfaltung: Nach der Niederschlagung des Tennes-Aufstandes in Phönizien, der von Ägypten unterstützt worden war, gelang 343 die Rückeroberung des Landes am Nil, die Artaxerxes III., wie bereits dem Eroberer Kambyses, einen überaus schlechten Ruf in der späteren ägyptischen Tradition eintrug; zeitgenössische Zeugnisse und die anschließende Ruheperiode in Ägypten lassen allerdings erkennen, dass zumindest ein Teil der einheimischen Eliten wieder zur Zusammenarbeit mit den Persern bereit war. 338 starben Artaxerxes III. und die meisten seiner Familienangehörigen in einem Blutbad, für das der Eunuch Bagoas verantwortlich gewesen sein soll; auch der einzig überlebende Sohn Arses, von Bagoas als Artaxerxes IV. auf den Thron gehoben, konnte sich nur zwei Jahre lang der Gunst seines Gönners erfreuen. Nach seiner Ermordung unterstützte Bagoas die Thronansprüche des wegen seiner ungewöhnlichen Tapferkeit geschätzten Artaschata, eines Neffen Artaxerxes’ II., der aber – als Dareios III. – in einer seiner ersten Amtshandlungen den intriganten Eunuchen aus dem Wege räumen ließ.

Das Bild des letzten Achaimenidenkönigs ist bis heute vor allem dadurch bestimmt, dass ihn viele als feigen und unfähigen Gegenspieler des großen Alexander ansehen. Dabei wird nicht nur die Voreingenommenheit mancher der allein auf uns gekommenen griechischen Zeugnisse übersehen, sondern auch kein ernsthafter Versuch unternommen, die Motive der beiden Handelnden zu ergründen. Ein solches Bemühen kann etwa erweisen, dass Dareios sehr wohl eine überlegte und nachvollziehbare militärische Abwehrstrategie verfolgte – Abwehrversuch der Westsatrapen, Aufbieten des Reichsaufgebotes sowie Anstiftung von Aufständen in Alexanders Rücken. Und seine Flucht von den Schlachtfeldern in Issos und Gaugamela? Die Bewährung im Kampf war zwar ein wichtiger Aspekt achaimenidischer Königsideologie, doch spricht viel dafür, dass der Tod oder gar die Gefangennahme des Königs, des von den Göttern eingesetzten Garanten der weltlichen Ordnung, von den Untertanen eher als Trauma empfunden denn als Auszeichnung angesehen worden wäre. Dareios III. verließ das Schlachtfeld, weil nur er die gestörte Ordnung wiederherstellen, nur er den weiteren Widerstand organisieren konnte.

Alexander der Große

Alexanders Sieg verdankte sich in erster Linie den herausragenden strategischen Fähigkeiten und der Überlegenheit seiner Truppen auf den Feldern Ausbildung, Taktik und Militärtechnik – vor allem auch auf dem Gebiet der Belagerungskunst. Alexanders Siege am Granikos und bei Issos, die ungefähr zeitgleichen Triumphe des Antigonos in Kleinasien und des Königs selbst vor Tyros und Gaza waren für den Makedonen existentiell wichtig und überlebensnotwendig. Bevor er das Perserreich sein eigen nennen konnte, hatte er fast elf Jahre ununterbrochenen Kampfes zu überstehen; erst aus der Rückschau erscheint sein Sieg leicht, hat die Perserherrschaft ihr längst überfälliges Ende gefunden. In Wirklichkeit hatte es keinen stetigen Niedergang, auch keine existentiellen Herrschaftsstreitigkeiten gegeben, allein Spannungen im Herrschaftsgefüge, die sich unter bestimmten Umständen – dynastischen Krisen, Erhebungen regionaler Funktionsträger, außenpolitischen Rückschlägen – zu regionalen Instabilitäten beziehungsweise temporären Schwächeperioden königlicher Macht hatten auswachsen können. Keine dieser Krisen war je – vor Alexander – für das Achaimenidenreich existenzbedrohend gewesen, und die meisten Untertanen hatten sich, von den Ägyptern einmal abgesehen, inzwischen in diesem Großreich eingerichtet, das ihnen Schutz nach außen und innen sowie wirtschaftliches Auskommen garantierte.

Sieht man von einigen Griechenstädten des Westens einmal ab, hat sich Alexander nicht als Befreier vom Perserjoch verstanden. Lyder, Ägypter und Babylonier empfingen ihn als neuen Herrscher nach traditioneller, auch von den Achaimeniden respektierter Manier. Gleichzeitig mit der Rehabilitierung des Dareios hat man zudem erkannt, in welchem Maße sich Alexander bereits vor dem Tode seines Gegenspielers, als dessen Rächer und Erbe er dann aufzutreten pflegte, achaimenidisch gegeben hatte, nicht seinen Makedonen oder den Griechen, aber den Untertanen und Funktionären des Großkönigs und Dareios selbst gegenüber. Bestens vertraut mit den Voraussetzungen persischen Königtums hatte er, begünstigt durch seine Erfolge, versucht, seinen Gegenspieler an großköniglichen Tugenden zu übertreffen, den Glanz des Reichsgründers Kyros auf sich scheinen zu lassen und die hohen persischen Würdenträger auf seine Seite zu ziehen. All denen, die schließlich zu ihm überliefen, konnte er ihren bisherigen Vorrechten vergleichbare Pfründe und Positionen offerieren, durch seine Erfolge verschaffte er sich und seiner Politik das nötige Charisma. Wo sein Bemühen nicht verfing (Ostiran), wo ihm das Verständnis für die besondere Eigenart achaimenidischer Politik fehlte – etwa gegenüber den Bergvölkern – oder wo nüchternes Überlegen irrationalem Handeln wich, brach er allen Widerstand mit kaum gekannter Brutalität; wo seine Politik der Verständigung und Zusammenarbeit dagegen anerkannt wurde, zeigte er sich großzügig. Beide Seiten des Eroberers von Iran haben übrigens ihre Spuren in der iranischen Überlieferung hinterlassen.

wbg Weltgeschichte Bd. II

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