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Abort

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A. ersetzt ab dem 16. Jh. in der Bedeutung ‚↗ Ort für die Ausscheidung menschlicher Exkremente‘ im Sinne des ‚abgelegenen Ortes‘ das ältere ‚Abtritt‘ (mittelndt. afort). Im 19. Jh. kommt, entlehnt von engl. water-closet (↗ Kammer) für ‚abgeschlossener ↗ Raum mit Wasser‘, die Bezeichnung Klosett (zunächst Wasserclosett, auch WC oder Klo) hinzu. Die Toilette mit Wasserspülung wird bereits im 16. Jh. in England erfunden, erst 1775 meldet Alexander Cummings (ca. 1731–1841) ein Patent auf den Siphon an. Im Patent Nr. 814 ist mit ‚water-closed‘ der Geruchsabschluss (↗ Geruch) mit Wasser gemeint. Nach verbreiteter Meinung war schlechte ↗ Luft ursächlich für viele ↗ Krankheiten. Obgleich sich in römischer Zeit bereits in Ansätzen die häusliche Toilette, wassergereinigte Latrinen und die Kanalisation (↗ Kanal) etablieren, gerät dieser Funktionsort samt Infrastruktur in der Folgezeit wieder aus dem Blick: Die Verrichtung der natürlichen Bedürfnisse erfolgt mehr oder weniger schlicht an Ort und Stelle (↗ Fleck) und weiterhin in der ↗ Öffentlichkeit. Scham- und Peinlichkeitsgefühle in diesem Bereich werden erst im Laufe der Jahrhunderte entwickelt, wie Norbert Elias (1897–1990) in seinem Werk Über den Prozess der Zivilisation aus dem Jahr 1939 analysiert. Bis ins 20. Jh. hinein ist der A. dann meist schlicht und außerhalb des ↗ Hauses zu finden. Der A. ist in der römischen Antike in Form einer Gemeinschaftstoilette ein Kommunikationsort und hat zum Teil eine entsprechend prunkvolle Ausstattung. Eine andere, für den A. typische Form der Kommunikation mit langer Tradition sind Graffiti mit politischem oder pornographischem Inhalt (Siegl 1993). Sie sind dem A. als einem anonymen Raum eingeschrieben (↗ Schrift) und jedem zufälligen Benutzer unfreiwillig zugänglich (↗ Anzeige). Der öffentliche A. gilt auch als Ort der Kriminalität und der Prostitution. Vor allem für tabuisierte Sexualkontakte (↗ Kontakt), wie etwa zwischen gleichgeschlechtlichen Partnern, ist der A. – in der Schwulenszene ‚Klappe‘ genannt – schon seit dem Mittelalter in Gebrauch. Zur Ermöglichung anonymer Sexualkontakte befindet sich dabei zum Teil ein glory hole genanntes Loch in der Kabinenwand: Das Trennende trennt weiterhin, wenn auch defizitär, übernimmt aber zugleich die Funktion des teilweise Durchlässigen. Der A. bleibt als Ort für Tabuisiertes zugleich abgelegen (↗ Rand) und zentral (↗ Zentrum).

Literatur: Furrer 2010; Neudecker 1994.

Furrer, Daniel (2010): Geschichte des stillen Örtchens, Darmstadt.

Neudecker, Richard (1994): Die Pracht der Latrine, München.

Siegl, Norbert (1993): Kommunikation am Klo, Wien.

Johannes Gottwald

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