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Dort, wo der A. nicht als rein zeitlicher Beginn gedacht wird, wie in Immanuel Kants (1724–1804) Schrift über den Muthmaßliche[n] Anfang der Menschengeschichte von 1786, d.h. zugleich wegen der Linearität (↗ Linie) der ↗ Zeit mehr erfunden als gefunden wird – dort also, wo der A. zugleich räumlich konzipiert wird –, erscheint er als ↗ Grenze einer ↗ Bewegung im ↗ Raum. Zusammen mit der anderen Grenze, dem ↗ Ende, bilden sie das Ganze eines ↗ Prozesses, dessen ↗ Mitte oder Vollzug der Bewegung dadurch gekennzeichnet ist, dass jedes ihrer Momente zugleich A. und Ende ist, wie bereits Aristoteles (384–322 v. Chr.) im siebten Kapitel seiner Schrift Peri poietikes herausarbeitet. Gibt es also im Verlauf keinen lokalisierbaren oder identifizierbaren ‚A. vom Ende‘, so stellt sich hinsichtlich des Universums (↗ All) unabweisbar die Frage eines absoluten A.s, der neben der Zeit auch der A. des Raums überhaupt wäre. „Am A. schuf Gott Himmel und Erde“, heißt es zu Beginn der Bibel (Gen 1,1), d.h. am A. steht die Raumdifferenz (↗ Chaos, ↗ Differenz). Diese Aussage erlaubt damit kein Weiterfragen, was denn wohl vor diesem A. gewesen sei (↗ Tiefenzeit). Nach der Säkularisierung aber kehrt das gleiche Problem mit der neuzeitlichen Figur (↗ Figuralität) des Subjektes wieder: Die Frage lautet nun, ob das autonome Subjekt nach Kant in der Lage ist, gemäß einer ↗ Kausalität aus Freiheit‘ Prozesse zu beginnen, die der Determination (↗ Determinismus) durch die ↗ Natur nicht unterliegen (↗ Bedingtheit). Kant wägt ab, ob es neben der sinnlichen ↗ Welt (lat. mundus sensibilis) noch eine ideelle Welt (lat. mundus intelligibilis) gibt, von der aus A.e gemacht werden können. Friedrich Nietzsche (1844–1900) fragte in diesem Sinne in Zur Genealogie der Moral (1,13), ob es einen Täter zeitlich vor oder räumlich hinter der Tat gebe. Man kann jedoch auch das Zusammenfallen von A. und Ende als durchgängig denken: Der Punkt kennt kein Außerhalb (↗ Außen), von dem aus mit dem Raum hätte angefangen werden können, so wie mit dem Menschen immer schon angefangen worden ist, bevor er selbst etwas hätte anfangen können. Novalis (1722–1801) hält daher eine Philosophie des A.es für falsch und propagiert stattdessen in seinen nach gelassenen Fragmenten eine Philosophie der Berührung (↗ Kontakt) und des ↗ Überganges. Das anfangslose Universum wird zuweilen in der altägyptischen Mythologie, aber auch in Platons (427–347 v. Chr.) Dialog Timaios in der Gestalt eines ↗ Kreises bzw. des Ouroboros – der Schlange, die sich selbst in den Schwanz beißt – dargestellt und von Nietzsche später als ‚ewige Wiederkehr‘ (↗ Schleife) benannt. Unter diesem Modell erscheint der A. als ein – vielleicht notwendiger – Schein. Am A.: das Ende. Die griechische Philosophie ist anfangsfixiert. Der griechische Begriff der arché, der zugleich ‚A.‘, ‚Ursprung‘ aber auch ‚Herrschaft‘ bedeutet, ruft die Vorstellung der Beherrschung eines Prozesses durch die A.sposition auf. Daher scheitern die Griechen in der Kulturbegegnung an solchen Phänomenen, in denen die Raum- und Bewegungsbeherrschung vom Ursprung her nicht möglich ist, wie z.B. dem Tanzcharakter (↗ Choreographie) des minoischen ↗ Labyrinths, das erst später zu einem steinernen Gehäuse (↗ Gestell) wird (Röttgers 2009).

Literatur: Klebert 1969; von Kutschera 1960; Röttgers/Schmitz-Emans 2003.

Klebert, Karin (1969): Das Problem des Anfangs in Hegels Philosophie, Wien.

Kutschera, Franz von (1960): Über das Problem des Anfangs der Philosophie im Spätwerk Edmund Husserls, München.

Röttgers, Kurt (2009): Arbeit am Mythos des Labyrinths, in: Das Daedalus-Prinzip, Berlin, 13–37.

Ders./Schmitz-Emans, Monika [Hg.] (2003): Anfänge und Übergänge, Essen.

Kurt Röttgers

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