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Aura

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Walter Benjamins (1892–1940) Begriff der A. hat die kunst- und medienwissenschaftliche Diskussion von Raumfragen beeinflusst, indem Benjamin A. mit dem „Hier (↗ Origo) und Jetzt“ insbesondere von Kunstwerken (↗ Kunst) in Verbindung bringt, dem „einmalige [n] Dasein an dem ↗ Orte“, an dem sie sich jeweils befinden (Benjamin 1963, 13). Diese Konzeption von A. weicht von theosophischen und spiritualistischen Verwendungen (↗ Äther) des Begriffes ab: Während etwa Rudolf Steiner (1861–1925) von der A. des ↗ Menschen im Sinne einer wolkenähnlichen, mit dem ‚geistigen Auge‘ (↗ Blick) wahrnehmbaren farbig strahlenden (↗ Strahlung) Umhüllung des physischen Menschen spricht (Steiner 1987), weist Benjamin (1991, 588) Vorstellungen von „spiritualistische[m] Strahlenzauber“ zurück und erklärt, dass A. an allen Dingen – nicht nur an bestimmten – erscheint und sich mit der ↗ Bewegung des jeweiligen Dinges ändert. In seiner Kleinen Geschichte der Photographie von 1931 bestimmt Benjamin A. erstmals als „sonderbares Gespinst von ↗ Raum und ↗ Zeit: einmalige Erscheinung (↗ Ereignis) einer ↗ Ferne, so nah sie sein mag“ (1963a, 83). Benjamin greift diese Formulierung in dem 1936 in einer französischen Fassung veröffentlichten Aufsatz Das Kunstwerk im Zeitalter seiner technischen Reproduzierbarkeit auf und erläutert, wie es zum Verfall der A. kommt: Anliegen der ↗ Massen ist es nach Benjamin (1963, 18), sich die Dinge räumlich und menschlich „näherzubringen“ und das Einmalige (↗ Singularität) jeder Gegebenheit (↗ Anwesenheit) durch die Aufnahme von deren Reproduktion zu überwinden. Demnach verlieren Kunstwerke ihre A. im gegenwärtigen Zeitalter, in dem sie technisch reproduzierbar (↗ Serie) sind. Boris Groys (2003) sieht in Benjamins A.begriff eine topologische Kategorie (↗ Topological Turn): Die A., durch die sich Originale gegenüber Kopien auszeichnen, beruht aus dieser Perspektive darauf, dass Originale jeweils einen bestimmten Ort haben, zum Beispiel im Museum (↗ Ikonotop), und dadurch als einzigartig in die Geschichte eingelassen sind. Somit können auch Websites, die nach gängigem Sprachgebrauch ‚Adressen haben‘ und ‚besucht werden‘, als Originale gelten. Entortet und deterritorialisiert (↗ Deterritorialisierung), wird das Original hingegen zu einer Kopie.

Literatur: Fürnkäs 2000; Lindner 1992; Nitsche 2010; Spangenberg 2000; Stoessel 1983.

Benjamin, Walter (1963): Das Kunstwerk im Zeitalter seiner technischen Reproduzierbarkeit, in: ders.: Drei Studien zur Kunstsoziologie, Frankfurt a. M., 7–63 [frz. 936].

Ders. (1963a): Kleine Geschichte der Photographie, in: ebd., 65–94 [1931].

Ders. (1991): Haschisch, in: ders.: Gesammelte Schriften, Bd. 6, Frankfurt a. M., 587–591.

Fürnkäs, Josef (2000): Aura, in: Benjamins Begriffe, hg. v. M. Opitz u. E. Wizisla, Bd. 1, Frankfurt a. M., 95–146.

Groys, Boris (2003): Topologie der Kunst, in: ders.: Topologie der Kunst, München, 33–46.

Lindner, Burkhardt (1992): Benjamins Aurakonzeption, in: Walter Benjamin 1892–1940, hg. v. U.Steiner, Bern, 217–248.

Nitsche, Jessica (2010): Walter Benjamins Gebrauch der Fotografie, Berlin.

Spangenberg, Peter M. (2000): Aura, in: Ästhetische Grundbegriffe, Bd. 1, Stuttgart, 400–416.

Steiner, Rudolf (21987): Von der Aura des Menschen, in: ders.: Gesamtausgabe, Bd. 34, hg. v. J.Waeger, Dornach/Schweiz, 110–137 [1904].

Stoessel, Marleen (1983): Aura, das vergessene Menschliche, München.

Thomas Küpper

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