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ОглавлениеNach James J. Gibson (1904–1979) verfügen physikalische Objekte, Substanzen und Oberflächen über einen A.scharakter: Als Teile der ↗ visuellen Welt bieten diese Entitäten den Lebewesen etwas an und gewähren ihnen bestimmte Handlungsweisen. Unter Bezugnahme auf Kurt Lewins (1890–1947) Theorie der Valenz schafft Gibson den Begriff der Affordanz (engl. affordance), durch die Substantivierung des engl. Verbs afford, was mit anbieten oder gestatten übersetzt werden kann: Die Affordanzen einer ↗ Umwelt lassen sich aus funktionell-relevanten Eigenschaften und deren Kombination ableiten und unterbreiten den Lebewesen (Tier und Mensch) ein Handlungsa. (↗ Handlung). Das Messer bietet an zu schaben oder zu schneiden, das Versteck bietet an, Dinge oder sich selbst durch ‚Verdeckung‘ vor den Blicken anderer zu schützen (Gibson 1973, 144 u. 148). Die Affordanzen sind Komplementäre von Umwelt und Lebewesen und können sich sowohl negativ als auch positiv auswirken. Als physische Eigenschaften sind sie den Objekten inhärent und zugleich abhängig von antizipierten Zuschreibungen (Gibson 1982, 127). Der A.scharakter einer ↗ Landschaft steht folglich quer zur Subjekt-Objekt Dichotomie, wobei Gibson (1973, 34f.) den Objekteigenschaften das Primat bei der Bedeutungskonstitution einräumt. Im Gegensatz zur Valenz sind Affordanzen meist direkt visuell wahrnehmbar und invariant, d.h. als Synthese (↗ Dialektik) der physischen Eigenschaften eines Objektes unabhängig von den Bedürfnissen der Lebewesen. Donald A. Norman (1989) überträgt die Affordanztheorie auf Artefakte, kombiniert sie mit dem Prinzip des Feedbacks (↗ Schleife) und leitet daraus Gestaltungsgrundsätze für Alltagsgegenstände ab, ein Ansatz, der v.a. in der Forschung zur Mensch-Maschine-Interaktion großen Anklang findet (Gaver 1991). Die Übertragung insbesondere auf technologische Artefakte ist dabei problematisch, da der A.scharakter meist nicht augen fällig – im Sinne Gibsons – ist, wodurch sich Handlungsoptionen den Nutzern weder sofort erschließen, noch einem eindeutigen A.scharakter zugewiesen werden können (Turner 2006), sondern oftmals eine ↗ Zweckentfremdung darstellen.
Literatur: McGrenere/Ho 2000; Turner 2006; Zillien 2006.
Gaver, William W. (1991): Technology Affordances, in: Reaching Through Technology, New Orleans, 79–84.
Gibson, James J. (1973): Die Wahrnehmung der visuellen Welt, Weinheim [amerik. 1950].
Ders. (1982): Wahrnehmung und Umwelt, München/Wien/Baltimore [amerik. 1979].
McGrenere, Joanna/Ho, Wayne (2000): Affordances, in: Proceedings of Graphics Interface, 179–186.
Norman, Donald A. (1989): Dinge des Alltags, Frankfurt a. M./New York [amerik. 1988].
Turner, Phil (2006): Affordance as Context, in: Interacting with Computers 17/6, 787–800.
Zillien, Nicole (2006): Das Affordanzkonzept in der Mediensoziologie, in: Sociologia Internationalis 46/2, 161–181.
Pablo Abend