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Erstaunliches mediales Interesse am Konzil
ОглавлениеWährend die Kurie sich vom Interesse der Medien gestört fühlte, war die Weltöffentlichkeit durch die Ankündigung des Zweiten Vatikanischen Konzils durch Papst Johannes XXIII. elektrisiert und verfolgte es mit Interesse und Spannung. Mit einer solchen Nachfrage hatten die Initiatoren des Konzils nicht gerechnet. Vor allem die großen, nichtkatholischen und liberal ausgerichteten Zeitungen zeigten das größte Interesse und scheuten keine Unkosten, um eigene Korrespondenten zu akkreditieren. Es waren dies in Deutschland die FAZ und Die Zeit, in der Schweiz Die Neue Zürcher Zeitung und die Nationalzeitung, in Frankreich Le Monde – der Henri Fesquet das Privileg einräumte, dass keiner seiner langen Artikel gekürzt werden durfte –, in den USA die New York Times, in den Niederlanden Der Nieuwe Rotterdamsche Courant und in Italien, neben vielen anderen, der Corriere della Sera. In Spanien beschwerten sich sogar Leser, sie würden in der Berichterstattung auf Hungerration gesetzt. Allmählich zogen auch die katholischen Presseorgane nach. Neu gegründet wurden die Zeitschriften The Ecumenist, The Ecumenical Catholic Quarterly und Oecumene (vorher Het Schild), die unter neuem Titel von einer apologetischen, konfessionell ausgerichteten Zeitschrift zum Organ einer ökumenischen Zeitschrift mutierte. Als direkte Folge des Konzils mit ausschließlicher Konzilsthematik entstanden Concil Avin und Vaticanum Secundum. Letztere zählte vier Monate nach ihrem ersten Erscheinen 6000 Abonnenten. Die französische Tageszeitung La Croix gewann bei Eröffnung des Konzils durch die eigene ausführliche Konzilsberichterstattung 50.000 Abonnenten hinzu.
Diesem Interesse der Weltöffentlichkeit stand die Informationspolitik der römischen Autoritäten gegenüber, die eine strenge Geheimhaltungspflicht vorsah, die den Konzilsvätern auferlegt wurde (vgl. Art. 26 des Konzilsreglements). Allerdings konnte diese Politik des Mauerns nicht durchgehalten werden. So wurde das offizielle Pressebüro aus der Abhängigkeit vom Generalsekretär des Konzils befreit. Dieser Vorgang begann mit der Vorlage eines langen Berichts de nuntiis dandis am 29. März 1963, der von Felici eingeleitet wurde. Das Dokument atmet einen Geist der Öffnung, der vom Generalsekretär so nicht zu erwarten war. Tatsächlich stammt der Bericht von Msgr. Fausto Vaillanc, seit 1961 Leiter des Pressebüros (Ufficio Stampa). Er spricht sich für eine Lockerung des Konzilsgeheimnisses aus, das durch mehr oder weniger autorisierte Indiskretion ohnehin suspendiert sei. Gemeint waren die Pressekonferenzen von Konzilsvätern, die Übermittlung von Abstimmungsergebnissen, der Abdruck kompletter Sitzungsprotokolle in diversen Zeitungen sowie Aktivitäten der nationalen Dokumentationszentren. Der Berichterstatter zeigte drei mögliche Lösungswege auf. Man könne eine Pressetribüne in der Konzilsaula einrichten oder einen Konzilsvater damit beauftragen, innerhalb seiner Sprechergruppe einen mündlichen Bericht abzugeben. Verwiesen wurde auf das Beispiel der amerikanischen „Panels“ in der ersten Sitzungsperiode 1962. Unter der Führung der Bischöfe aus den USA und insbesondere von Bischof John Joseph Wright von Pittsburgh wurden die Journalisten täglich um 15.00 Uhr in ein Gebäude an der Via della Conciliazione eingeladen, um die Ereignisse, besonders die Generalversammlung der Konzils kommentiert zu bekommen, die eine Stunde vorher geendet hatte. Dieses Treffen war die einzige Quelle für die Redakteure der englischsprachigen Tageszeitungen. Ohne diese täglichen Informationen wären die Journalisten längst abgereist. Als dritte Möglichkeit wurde vorgeschlagen, man könne einen oder mehrere Bischöfe ernennen, die die täglichen Pressekommuniques kommentieren könnten.
Infolge des Todes von Papst Johannes XXIII. am 3. Juni 1963 konnte die Entscheidung darüber erst am 4. Juli 1963 bei der nächsten Sitzung der Kommission erfolgen. Es kam zum Vorschlag eines organismo centrale, der die maßgebliche Autorität über die Konzilsinformationen darstellen und das Konzil gegenüber der Presse vertreten sollte. Man wollte als Leiter einen Kardinal ernennen. Kardinal Döpfner schlug Kardinal König vor.
Am 31. August 1963 wurde dann die Angelegenheit des Pressekomitees endgültig geregelt: Den Vorsitz erhielt Erzbischof Martin John O’Connor, der bereits Vizepräsident für die Konzilskommission des Laienapostolats war und als Fachmann für die sogenannten Sozialen Kommunikationsmittel galt. Nun sollte auch die Geheimhaltung nur noch für die Schemata der Konzilsbeschlüsse und die Kommissionsarbeiten gelten, für die Diskussionen in der Vollversammlung wurde auf die „nötige Diskretion“ gedrungen. Von erheblicher Bedeutung war ferner, dass Pierre Haubtmann, der Sprecher der französischsprachigen Presse, die Redebeiträge der Konzilsväter namentlich identifizieren konnte. Das neue Pressekomitee hatte es noch für angebracht gehalten, die Redebeiträge ohne Namen zu veröffentlichen. Die anderen Sprachgruppen konnten nun diesem Beispiel folgen: „Was die bedeutungslosen und gelegentlich sogar infantilen Pressekommuniques aus dem Jahr 1962 noch mit einem Schleier bedecken wollten, nämlich die unterschiedlichen Auffassungen in der Konzilsaula, war gerade das, was das neue Leben der katholischen Kirche, die zum Konzil zusammen gerufen war, zum Ausdruck brachte. Was die Verantwortlichen des Konzils in dessen Anfängen als intolerable und diffamierende Indiskretionen ansah, bildete in den Augen der Weltöffentlichkeit ein Motiv aufrichtiger Sympathie und unter den Christen einen Grund zur Hoffnung. So tief war der Graben zwischen den Sichtweisen gewisser konservativer, und keineswegs nur römischer, Milieus einerseits und der öffentlichen Meinung andererseits, zwischen einer klerikalen Tradition auf der einen Seite und den Perspektiven einer Erneuerung der Kirche auf der anderen. Diesen Graben versuchten die Journalisten auf dem Konzil mit ihren Mitteln zu überbrücken.“7