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4. Sprachloyalität und Sprachumstellung

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Für Menschen, die sich in anderssprachigen Räumen niederlassen, stellt sich notwendig die Frage, wie sie einerseits die gesellschaftlich dominante Sprache für eine differenzierte Lebenspraxis erlernen können und andererseits, wie sie mit der Sprache oder den Sprachen, die ihre bisherige Biographie geprägt hat oder haben, umgehen sollen und wie funktional diese Sprachen in der neuen Umwelt noch sind. Die beiden Begriffe SprachloyalitätSprachloyalität und Sprachumstellung (vgl. Fishmann et al. 1966) markieren die Pole einer Achse im Sprachverhalten von Migrantinnen und Migranten zwischen Erhalt ihrer Herkunftssprache(n) und der sprachlichen Akkulturation unter den sprachlichen Dominanzverhältnissen des Ziellandes (↗ Art. 106). Sprachloyalität ist dabei häufig ein Aspekt eines ganzen Bündels von identitätsbezogenen Merkmalen. Insbesondere bei Gemeinschaften, die in der Diaspora leben, verbindet sich religiös motivierte Abgrenzung mit dem Erhalt von erlernten sozialen Normen und der Praxis ihrer Herkunfts- bzw. Gemeinschaftssprache. Quer zu dieser Achse verläuft als andere Achse die des sprachlichen Ausbaus, verbunden mit der Frage nach dem Erlernen von sprachlichen Formen, Strukturen und Normen, die eine differenziertere SprachpraxisSprachpraxis als jene der familiär tradierten und mündlich geprägten Nähe-KommunikationKommunikationNähe- ermöglichen. Der sprachliche Ausbau erstreckt sich somit vor allem auf das Erlernen der auch für die Distanz-KommunikationDistanz-Kommunikation erforderlichen Ressourcen des formellen Registers, wie es sich im Medium der Schriftsprache entfaltet und auf diese Weise den Zugang zur Sprache der gesellschaftlichen Verwaltung, des Rechts, der Literatur, der religiösen Texte, der Wissenschaft etc. ermöglicht. Loyalität zur Herkunftssprache und -kultur stellt im Kontext von Migration zunächst eine individuelle Entscheidung dar, die eigene Sprache weiterhin zu kultivieren und als kulturelle Ressource zu nutzen, wie es nicht nur für die sprachlichen und oftmals religiös geprägten DiasporagruppDiasporagruppen (z.B. die Mennoniten/Amischen in den USA und Kanada) kennzeichnend ist. Sprachloyalität ist verbreitet auch als ein widerständiger Akt im Kontext von sozialer MarginalisierungMarginalisierung seitens der Mehrheitsgesellschaft anzusehen, wenn z.B. durch verfehlte Immigrations- und Integrationspolitik, wie gegenüber türkischen ImmigrantInnen in der Bundesrepublik Deutschland seit den 1960er Jahren, die Gemeinschaften auf sich selbst zurückgeworfen werden und sich quasi autark organisieren müssen (↗ Art. 109). Sprachumstellung hingegen resultiert aus dem individuellen Arrangement mit den dominanten sprachlichen Verhältnissen. Somit folgen Sprachloyalität wie Sprachumstellung maßgeblich den Setzungen der jeweiligen Sprachenregimes.

Handbuch Mehrsprachigkeits- und Mehrkulturalitätsdidaktik

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