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2. Der Interkomprehensionsbegriff

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Der InterkomprehensionsbegriffInterkomprehensionBegriff (↗ Art. 70) hebt auf die Fähigkeit ab, beim Lernen einer neuen Sprache Verbindungen zu bereits Gelerntem und VergleicheVergleicheninterlinguales zwischen diesen Sprachen und der Muttersprache herzustellen. Das Besondere dabei ist, dass diese Vergleiche allenfalls durch die Präsentation bzw. die Auswahl des MaterialsLehrmaterialAuswahl und Präsentation initiiert werden. Die eigentliche Vergleichbarkeit und damit die weitere Durchdringung des sprachlichen Materials gehen auf die eigenständige, reflektierte und weitgehend autonome Leistung des LernendenLernerautonomieu. Interkomprehension zurück. Die Interkomprehension lehnt sich also in gewisser Weise an die lernpsychologische TransferdiskussionTransferdiskussion (↗ Art. 64) an, wie wir sie schon länger kennen, betont aber nachdrücklicher das Potenzial, das in der aktiven Suche nach vergleichbaren Strukturen und Regelhaftigkeiten in den beteiligten Sprachen zu finden ist, als die Sorge vor möglichen negativen Transfers. Die Eindämmung des Risikos zu negativem TransferTransfernegativer soll erreicht werden durch die Förderung der lernerseitigen Kompetenz, fremdsprachliche Strukturen durch VergleichVergleicheninterlinguales mit äquivalenten Strukturen anderer Sprachen zu durchschauen. Dazu werden dem Lernenden zunächst Text(abschnitte) in einer fremden Sprache vorgelegt, die es ihnen erlauben, ähnliche Strukturen aus anderen Sprachen wiederzuerkennen. Dies funktioniert zunächst bei sprachtypologisch verwandten Sprachen. Von daher ist es auch nicht verwunderlich, dass der Interkomprehensionsgedanke zunächst in der romanistischen Fachdidaktik Fuß fasste, wo mindestens drei romanische Sprachen (FranzösischFranzösisch, ItalienischItalienisch, SpanischSpanisch) in Deutschland SchulfremdsprachenSchulfremdsprachen sind, wenn auch mit je unterschiedlichem Gewicht. Die Idee, das Lernen weiterer Fremdsprachen für (schulische) Lernende attraktiver zu machen, indem man ihnen vor Augen führt, was sie alles in einer für sie noch fremden Sprache verstehen können, führte u.a. zur Entwicklung der sogenannten sieben Siebe (↗ Art. 67)EuroComRom: I: InternationalismenInternationalismen; II: panromanischer WortschatzWortschatzpanromanischer; III. Lautentsprechungen; IV: Graphien und Aussprachen; V: Syntaktische Kernsatztypen; VI: morphosyntaktische Elemente wie beispielsweise Adverbbildung und VII: Präfixe und Suffixe. Diese ursprünglich aus der Romanistik stammende Idee, sprachstrukturelle Verwandtschaften systematisch zu erfassen und für Sprachfamilien aufzulisten (vgl. Klein & Stegmann 1999) wurde dann lernpsychologisch unterfüttert (begann bereits bei Meißner & Reinfried 1998, erweitert u.a. in Meißner 2010) und auch auf andere Sprachfamilien (die slawischen, aber auch die germanischen Sprachen) übertragen (↗ Art. 68). Mit der Publikation von Hufeisen & Marx (2014) rundet sich dabei das Bild in doppelter Hinsicht ab: Zum ersten spielt in dem Zusammenhang auch das Englische eine bedeutende Rolle, dessen fachdidaktische und zum Teil auch fremdsprachenpolitischen Vertreter sich aus der Mehrsprachigkeitsdiskussion – insbesondere im schulischen Kontext – lange Zeit herausgehalten hatten. Zum zweiten wird dadurch unterstrichen, dass die weltweiten Bemühungen zur Vermittlung des Deutschen als Fremd- und Zweitsprache vielfach auf den Rekurs auf das vorgängige Englischlernen nicht verzichten können (↗ Art. 87).

Die kurze Skizze zum Interkomprehensionsbegriff zeigt, dass sich unsere Vorstellungen vom fremdsprachlichen Lernen grundlegend gewandelt haben. An die Stelle eher statisch-mechanistischer Vorstellungen tritt SprachenlernenSprachenlernenMetakognition nunmehr als aktiv vom Lernenden gesteuerter, überwachter und auch selbstbestimmter Prozess, der auf die lernerseitige Autonomie ebenso setzt wie auf die beständige Interaktion der Lernenden sowohl mit ihren Vorwissensbeständen als auch mit den Interaktionspartnern. Dabei wäre es ein Missverständnis, von völliger LernerautonomieLernerautonomie auszugehen. Auch – und gerade – der Interkomprehensionsbegriff legt die Impulsgebung von außen nahe. Lehrkräfte haben also die Aufgabe, Lernende bei der Entwicklung des Interkomprehensionsgedankens durch entsprechende Aufgabenstellungen zu unterstützen und dessen Anregungspotenzial in der Konfrontation mit fremden Sprachen in Kooperation mit den Lernenden zu entfalten.

Die geänderte Vorstellung von fremdsprachlichem Lernen, wie sie dem Interkomprehensionsbegriff zugrunde liegt, hat auch Auswirkungen auf den dritten Begriff aus der Überschrift, das ÜbersetzenÜbersetzen.

Handbuch Mehrsprachigkeits- und Mehrkulturalitätsdidaktik

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