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Die erdgeschichtliche Entwicklung im Tertiär

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Der kurze Gang durch die Erdgeschichte soll vor etwa 50 Millionen Jahren beginnen. Als Folge großräumiger Spannungen begann Europa entlang einer Linie vom westlichen Mittelmeer bis Südnorwegen zu zerbrechen, ein Vorgang, der bis heute nicht abgeschlossen ist. Dies geschah jedoch nicht entlang einer glatten Bruchlinie, sondern es spielte sich in einer wechselnd breiten Schwächezone ab, in der die Erdkruste in unzählige große und kleine Schollen zerlegt worden ist und immer noch wird, die dann gegeneinander überwiegend vertikal, aber auch horizontal bewegt werden.

Die oberrheinische Tiefebene zwischen Basel und Mainz ist der mittlere Abschnitt dieser Nordnordost-Südsüdwest streichenden, hier etwa 30 bis 35 km breiten Schwächezone. In unserem Arbeitsbereich kreuzt sie eine noch 100 Millionen Jahre ältere, auch heute noch aktive NE-SW verlaufende tektonische Linie, was die regionale Geologie erheblich kompliziert. Sie hat auf unsere Betrachtungen aber nur insofern Einfluss, als sie für den Verlauf der Gebirge Hunsrück und Taunus verantwortlich ist, die unseren Raum nach Norden abschließen. In der Summe aller horizontalen und vertikalen Schollenbewegungen ist die Schwächezone ein Graben, was bedeutet, dass das 30 bis 35 km breite Krustenteil zwischen einer östlichen (Schwarzwald, Odenwald) und einer westlichen (Vogesen, Haardt, Pfälzer Wald) stabilen Hochscholle absinkt. Dabei wechseln Phasen hoher tektonischer Aktivität mit Phasen relativer Ruhe ab, wobei sich die Intensitätsbereiche auch regional verlagern.

Eine Zeit hoher Mobilität begann vor etwa 40 Millionen Jahren. Von Süden nach Norden fortschreitend wurde die Bruchzone abgesenkt. Schließlich hatte sie vor 34 Millionen Jahren ein Niveau erreicht, dass das Meer über die burgundische Pforte in unser Gebiet vordrang. Gleichzeitig bildete sich am Nordwestrand der Schwächezone ein weiteres Senkungsfeld, das bis zum Pfälzer Wald im Westen und zum Rheingau im Norden reichte. Das Mainzer Becken war entstanden. Schließlich war die Absenkung so groß, dass auch von Norden über die Wetterau das Meer eindrang. Diese Verbindung bestand nur für kurze Zeit, meist waren der nördliche Oberrheingraben und das Mainzer Becken eine Lagune, die nur schwachen Wasseraustausch mit dem offenen Ozean hatte. Infolgedessen herrschten in den Tiefenzonen dieses Meeres, die natürlich im zentralen Senkungsbereich lagen, sauerstoffarme Verhältnisse. Hier konnten die abgestorbenen Organismen folglich nicht abgebaut werden, reicherten sich am Boden an und bildeten damit das Ausgangssubstrat für Erdgas und Erdöl (Förderung bis in jüngste Zeit ca. 100.000 t Rohöl und 30 Mill. m3 Erdgas jährlich. Förderorte z.B. bei Eich und im Landauer Feld). Dunkle Tone kennzeichnen dieses Ablagerungsmilieu. Im Flachwasser wurden Sande abgelagert, unter anderem auch die glimmerreichen Schleichsande, die dort, wo sie heute an die Oberfläche kommen, für Hanginstabilität und Rutschungen in ganz Rheinhessen verantwortlich sind, besonders stark zum Beispiel im Zellertal. Im Küstenbereich fossilisierte Krokodile und Schildkröten und Zähne von 28 Haifischarten zeigen subtropisch warmes Klima an. Nach zwei Millionen Jahren erlahmte die Absinkbewegung. Die Lagune wurde vom offenen Meer abgeriegelt, Flüsse süßten den Binnensee aus, Kalke mit einer großen Fülle von Landschnecken entstanden (abgebaut z.B. bei Gundersheim lieferten sie beliebte Bausteine und Brennkalke). Vor 24 Millionen Jahren drang noch einmal das Meer bis in unser Gebiet vor. Es herrschte vorwiegend Flachwassermilieu. Inseln durchragten die Wasserfläche, auf Untiefen wurden Riffe aufgebaut. Sie wurden zum Liefergebiet ehemals sehr beliebter Bausteine (Abbau z.B. Dalsheim, Westhofen) und sind heute Standort einiger Kalksteinbrüche zur Zementherstellung (Oppenheim).

Vor 15 Millionen Jahren endete die marine Zeit in unserem Raum endgültig. Die Bäche aus den umgebenden Gebirgen mündeten in der Folgezeit nicht mehr in ein Meer, sondern vereinten ihre Wasser in einem zentralen Gewässer. Dieser Strom lässt sich vom nördlichen Schwarzwald im Oberrheingraben bis Worms und von dort über Alzey quer durch das Mainzer Becken bis Bingen verfolgen. Er konnte sich dabei allerdings kein richtig eingetieftes Tal schaffen. Dazu war das Gefälle auf dem ehemaligen Meeresboden zu gering. So durchzog er in bis zu 15 km weiten Schlingen die Landschaft und lagerte überall seine mitgeführten Sedimente ab. Im engsten Wormser Raum sind es viele Dutzend Meter, weil dort die zeitgleiche Absenkung am größten war, im Alzeyer Raum sind es nur noch wenige Meter und im Durchfluss durch das Schiefergebirge entlang dem heutigen Rheintal fehlen sie ganz. Wegen dieses Verlaufs bezeichnet man diesen vor zehn Millionen Jahren bestehenden Fluss als Urrhein. Dies soll deshalb hervorgehoben werden, weil in seinen Sedimenten eine weltweit berühmte Fauna gefunden wurde, so auch bei Westhofen. Sie spiegelt ein Milieu wider, das etwa den heutigen warmen bis heißen Steppen entspricht: Entlang des Gewässers, in dem sich Flusspferde tummelten, wuchsen dichte Galeriewälder, weiter vom Ufer entfernt und damit auf trockenerem Untergrund dominierten Graslandschaften, auf denen Pferd, Nashorn und Hirsch und das riesige Dinotherium giganteum lebten. Dieses weitläufig mit den Elefanten verwandte Tier, das den Sedimenten den Namen Dinotheriensande gab, erreichte eine Höhe von fast 6 m und eine Länge von über 6 m ohne Rüssel (heutige Elefanten sind etwa 3 m hoch und 4 m lang). Bis vor etwa 1 Million Jahren steuerte die räumlich differenzierte Tektonik die landschaftliche Entwicklung besonders stark. Während der Wormser Raum – wenn auch langsamer – doch gleichsinnig mit dem Graben weiter absank, blieb Rheinhessen zunächst in Ruhe und begann dann von West nach Ost fortschreitend sich zu heben. Die Flüsse aus Haardt und Pfälzer Wald schütteten zunächst weiße tonreiche Sande in das Senkungsfeld, in dem sich ein großer See aufstaute. Bei Kriegsheim werden sie für die keramische Industrie und die Glasherstellung gewonnen. Danach wurden in diesem See ockerfarbene Sande abgelagert. Der Urrhein durchfloss wohl diesen See von Süden nach Norden und vereinigte sich bei Mainz mit einem Urmain, dokumentiert durch die Arvernensisschotter, benannt ebenfalls nach einem den Elefanten ähnlichen Tier. Dies zeigt zweierlei: 1. Durch die Hebung in Rheinhessen war der Urrhein nach und nach ostwärts verlagert worden und hatte vor etwa einer Million Jahren seinen heutigen Verlauf bei Mainz erreicht. 2. Dem Fachmann sagt der Farbwechsel der Sedimente von Weiß nach Ocker, dass sich das Klima verändert hat. Es ist kälter, den Jetztzeittemperaturen ähnlicher geworden.

Diese tektonische Zweiteilung unseres Arbeitsgebietes in einen sich hebenden West- und einen absinkenden Ostteil setzt sich bis heute fort. Als Grenze ist seit etwa 500.000 Jahren eine Bruchlinie anzusehen, die von Oppenheim südwärts zieht, bei Osthofen nach Südsüdost umbiegt, um unmittelbar östlich am Wormser Dom vorbei weiter südwärts zu verlaufen. Die landschaftliche Entwicklung geht also seitdem östlich und westlich dieser Linie getrennte Wege; erst jetzt werden das Rheinhessische Tafel- und Hügelland einerseits und das Oberrheinische Tiefland andererseits zu ihrer heutigen Form gestaltet. Folglich wird diese jüngste ins Quartär zu stellende Phase auch getrennt betrachtet.

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