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Die quartäre Entwicklung des Wormsgaus als Teil des Rheinhessischen Tafel- und Hügellandes

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Wie schon gesagt, koppelte sich vor einer Million Jahren der Bereich westlich der Linie Oppenheim – Worms tektonisch vom Oberrheingraben ab, indem von Westen (Pfälzer Bergland, Hunsrück-Südrand) nach Osten fortschreitend das Gebiet gehoben wurde. Ganz zum Schluss wurde vor etwa 500.000 Jahren auch das engere Wormser Stadtgebiet in die Hebung einbezogen. In Rheinhessen kombinierten sich also im Quartär, im Gegensatz zum sinkenden Oberrheintiefland, Hebungsprozesse mit Klimaschwankungen. Der Raum wurde Liefergebiet für die Schuttmassen, die im Rheingraben sedimentiert wurden; in den kalten Phasen war die Schuttproduktion enorm. Intensiver Frost zersprengte die Gesteine an der Oberfläche. Der Boden war ganzjährig viele Meter tief gefroren und taute während der kurzen Sommerzeit nur maximal einen Meter tief auf. Durch Schmelzwasser extrem durchfeuchtet flossen die Lockermassen schnell hangab (Solifluktion), zumal eine bremsende Vegetationsdecke als Folge der Klimaverhältnisse fehlte. Man kann flächig von einer schütteren Flechtentundra (wie heute im nördlichsten Skandinavien), in besonders geschützten Lagen vielleicht niedriger Strauchvegetation (Heidelbeeren, Preiselbeeren) ausgehen. Wollnashorn, Rentier, Eisfuchs, Moschusochse und natürlich das Mammut belegen das subarktische Milieu. Für die Gestaltung der Oberfläche bedeutet das zweierlei: Einmal wurden die Hangbereiche durch die Bodenflussbewegungen abgeflacht und eingerundet, zum anderen konnten die Nebenflüsse, hier Pfrimm und Eisbach, die anfallenden riesigen Schuttmassen nicht komplett dem Rhein zuführen und verfüllten folglich damit ihre Talmulden. In Zeiten der Klimaerwärmung schnitten sich die Bäche in ihre eigenen Schuttmassen wieder ein, sodass alte Talböden über dem jeweiligen Gerinnebett erhalten blieben. Terrassen entstanden, die ältesten hoch am Hang, die jüngste unmittelbar dem Gerinne benachbart. Schotter, die im Rheingraben also ganz unten liegen, sind im Hebungsgebiet ganz oben. Diese Terrassen begleiten zum Beispiel die Pfrimm bis in die Nähe ihres Quellgebietes zurück. Die jüngste kaltphasige Aufschüttung war im Würm und endete vor ca. 15.000 Jahren mit der schon oben angesprochenen Niederterrasse, im Tiefland die höchste Fläche, im Hügelland die niedrigste Verebnung bildend. Dabei muss erwähnt werden, dass bei der Mündung der Seitenflüsse (hier der Pfrimm) in den Rhein diese mit den mitgeführten Sanden und Schottern große Schwemmfächer aufschütteten, die später bevorzugte Siedlungsflächen wurden, auch im Fall von Worms.

Und noch etwas ist von eminenter Bedeutung für den Raum. Die Übergänge von Jetztzeitklima (Warmzeiten) zu Kaltzeiten (fälschlicherweise auch Eiszeiten genannt) waren nicht schlagartig, sondern verliefen in Zeiträumen. Folglich änderten sich auch die Prozesse, welche die Landschaft formten, fließend. So fanden die Frostverwitterung, die Transportüberlastung der Fließgewässer und damit die Sedimentation vorwiegend in den Zeiten der starken Abkühlung, die Einschneidung der Gewässer bei aufsteigender Erwärmung statt. In der Kulmination der kältesten Phasen herrschten modifizierte Verhältnisse. Es war so kalt, dass nur noch geringe Niederschläge fielen; zur Kälte kam die Trockenheit. Die Oberfläche war häufig frei von Schnee bei noch spärlicherer, oft sogar völlig fehlender Vegetation. Stürme konnten aus den Schuttflächen vor allem der weiten Bach- und Flusstäler Material aufnehmen und abtransportieren; gröbere Sandpartikel nur über eine kurze Strecke, feineren Staub auch über große Entfernungen. Der Sand wurde nahe beim Liefergebiet zu Dünen aufgehäuft (heute die Bereiche des Spargelanbaus überall in der Oberrheinebene), der Staub wurde über die gesamte Region ausgebreitet. Dieses als Löss bezeichnete äolische Sediment erreicht auf den Flächen eine mittlere Mächtigkeit von 2 m, in Leelagen kann das Paket aber bis zu 15 m mächtig werden. Dadurch wurden die vorher bestehenden Reliefunterschiede geglättet, zum Beispiel sind die oben angesprochenen Terrassen nur noch andeutungsweise erkennbar. Auf den Löss und seine überragende Bedeutung für die Kulturlandschaftsentwicklung soll weiter unten im Zusammenhang mit der Landwirtschaft eingegangen werden.

Die unterschiedlichen Landschaftstypen in der Nachbarschaft von Worms sind also letztlich das Ergebnis differenziert wirksamer Tektonik. Zur Ausgestaltung des heutigen (Natur-)Landschaftsbildes trug aber noch entscheidend das Klima bei. Das Präfix ›Natur‹ wurde eingeklammert, weil der Mensch in Jahrtausenden aktiv den Raum so umgestaltet hat, dass der Naturzustand nirgends mehr vorzufinden ist. Auch die ausgewiesenen Naturschutzgebiete dokumentieren bestenfalls einen naturnahen Zustand (z.B. die Rheinauen) oder konservieren sogar ausschließlich vom Menschen geschaffene Landschaftsteile (z.B. die Hohlwege, s.u.).

Geschichte der Stadt Worms

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