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Zur Klimageschichte der letzten Jahrtausende

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Bei der Vorstellung der Landschaftsgeschichte wurde schon angesprochen, dass die letzten Jahrhunderttausende von größeren Kälteepochen mit zwischengeschalteten Warmzeiten geprägt waren. Nach der letzten Kaltzeit setzte eine Erwärmung ein, die etwa ab 5500 v. Chr. ein Optimum erreichte. Temperaturen, die im Jahresmittel über 2 °C höher lagen als heute, und reichliche Niederschläge schufen äußerst günstige Verhältnisse, die letztlich Ackerbau und damit die Sesshaftwerdung des Menschen ermöglichten. Welch große Auswirkungen diese zunächst so gering anmutenden 2 °C haben können, wird deutlich, wenn man bedenkt, dass die gegenwärtig oft beschworene Klimakatastrophe auf Temperaturveränderungen von 0,5–1 °C beruht. Von diesem Klimaoptimum an, Atlantikum genannt, können wir die Schwankungen der Folgezeit bis etwa 1000 n. Chr. mit den verschiedensten Untersuchungsmethoden rekonstruieren (z.B. Pollenanalyse, Baumringuntersuchung an Bauholz, C14 etc.). Danach helfen uns schriftliche Aussagen entweder direkt zu Wetterereignissen (Stürme, Hagelschlag, Dürre etc.) oder indirekt zu Ernteergebnissen und Abgaben; so hängen Getreidepreise, Hungersnöte und Witterung (Missernten) oft zusammen.

Einige markante Klimaschwankungen sollen im Folgenden angesprochen werden.

6000–4000 v. Chr.: Atlantikum. Wärmste Epoche seit der letzten Kaltzeit. Temperaturen 2–3 °C höher als heute. Besonders milde Winter. Hohe Niederschläge. Verbreitung des Ackerbaus.
2600–2000 v. Chr.: Zeit stärkerer Abkühlung. Sommer kühl und feucht.
1800–1400 v. Chr.: Warme, relativ trockene Periode.
1200–600 v. Chr.: Ausgeprägte Kältezeit. Temperaturen 1,5–2 °C tiefer als in der Gegenwart. Niederschlagsreiche, sehr kühle Sommer.
400 v.–300 n. Chr.: Römische Warmzeit. Sehr warm und niederschlagsreich (Wichtig: Viele Alpenpässe auch im Winter passierbar).
550 –750: Kälterückschlag der Völkerwanderungszeit. Niederschlagsreicher als heute.
950–1150: Mittelalterliches Klimaoptimum. Temperaturen 1–1,5 °C höher als heute (Weinbau in Südschweden und Mittelengland, Besiedlung Grönlands).
Nach 1200: Abkühlung, mit großen Schwankungen von Temperatur und Niederschlag, erreicht den Tiefpunkt.
1620–1815: So genannte Kleine Eiszeit mit sehr strengen Wintern.
1850–heute: Jüngste Erwärmung, in der letzten Phase anthropogen verstärkt.

Die Klimaschwankungen seit 1000 n. Chr. hat Rüdiger Glaser in seiner »Klimageschichte Mitteleuropas« (2001) dokumentiert. Intensive kritische Analysen von Archivmaterial über extreme Ereignisse wie Starkregen, Unwetter, Stürme, Überschwemmungen, Dürreperioden, zu Weinqualitäten, zu Ernteergebnissen und Preisen ermöglichen es uns heute, Aussagen zum Wettergeschehen fast jeden Jahres des letzten Jahrtausends zu machen – also schon lange vor der Zeit der exakten instrumentellen Messungen.

So lässt sich das »Mittelalterliche Klimaoptimum« zum Beispiel durch außergewöhnlich warme Sommer 1097, 1104, 1106, 1107, 1112, 1113, 1116, 1127, 1130, 1135, 1137 aufzeigen. Dazu kam häufige Trockenheit, sodass man beispielsweise 1130 bei Köln durch den Rhein waten konnte. Auch wird sehr häufig über gute Weine berichtet.

Ebenso lässt sich die nachfolgende Klimadepression belegen. Eine außerordentlich dichte Folge von extrem kalten Wintern steht dafür (1361, 1363, 1365, 1370, 1378, 1393, 1396, 1399), in denen der Rhein mindestens sieben Mal zugefroren war, etwa im Jahr 1363 zwischen Straßburg und Mainz von Ende Dezember bis zum 15. März. In diese Zeit fällt auch die große Sturmflut von 1362 an der Nordseeküste (Große Mandränke). Diese unterdurchschnittlichen Temperaturen hielten in den folgenden Jahrhunderten an und erreichten ihren Tiefpunkt zwischen 1600 und 1800, besonders zwischen 1680–1700, 1720–1750 und 1780–1790. Extrem kalte Winter (wie 1694/95) und kühle feuchte Sommer waren die Regel. Stürme waren um ein Vielfaches häufiger als heute; zum Beispiel fielen die Zweite Mandränke (1634) und die Weihnachtsflut (1717) mit Zigtausenden von Toten in diese Zeit. Auch das alle Flussgebiete Deutschlands heimsuchende Jahrtausendhochwasser von 1784 ist zu nennen, in unzähligen Aufzeichnungen zum Teil minutiös beschrieben. Im Rhein-Neckarraum wurden zwischen Dezember 1783 und Februar 1784 1,5 m Schnee angehäuft. Rhein und Neckar waren zugefroren. Am 26. Februar erfolgte ein Wärmeeinbruch mit höchsten Regenmengen, was zusammen mit Eisbruch und Schneeschmelze die Katastrophe auslöste. Da in diesen Jahrhunderten auch die Alpengletscher sehr stark anwuchsen, bezeichnet man diese Phase weltweit auch als Kleine Eiszeit. Es soll aber nochmals deutlich darauf hingewiesen werden, dass auch in den Wärmephasen kalte Zeitabschnitte zu verzeichnen sind und während der kleinen Eiszeit heiße Sommer und milde Winter bekannt sind; genauso wie man von Abweichungen nach beiden Seiten hin in der durchschnittlich warmen Zeit von 1850 bis heute weiß.

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