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Zum Klima des Wormser Raumes

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Das Großklima des Wormser Raumes ist charakterisiert durch die Lage in der überwiegend durch westliche Winde geprägten »kühl gemäßigten Zone« der mittleren Breiten. Es sind dementsprechend hauptsächlich atlantische (also maritime) Luftmassen südwestlicher, westlicher und nordwestlicher Herkunft, die das Wettergeschehen steuern. Als Folge dieses Einflusses sind im Allgemeinen alle thermischen Schwankungen gedämpft, im Sommer ist es nicht zu heiß, im Winter nicht zu kalt und das Niederschlagsgeschehen verteilt sich auf das ganze Jahr. Nur episodenhaft treten östliche (und damit kontinentale) Luftmassen oder auch direkt in Mitteleuropa geprägte Witterungseinflüsse hinzu, was sich dann häufig in sommerlichen Hitze- und winterlichen Kälteperioden niederschlägt. Die »sibirische Kälte« ist sprichwörtlich. Diese so allgemein formulierte, großräumig gültige Klimagestaltung wird regional variiert durch die besondere, oben angesprochene topografische Lage von Worms im Oberrheinischen Tiefland, nach Westen hin umschlossen von Pfälzer Wald und Rheinischem Schiefergebirge. Diese Gebirge schirmen unseren Raum gegen Westen etwas ab, was die typischen Klimaeigenheiten der gesamten Beckenregion zur Folge hat. Die das Klima von Worms charakterisierenden Daten sind aus Tabelle 2 zu ersehen: Die Mitteltemperaturen der Sommermonate liegen nahe 20 °C, womit die Region zu einem der wärmsten Gebiete Deutschlands wird.


Tab. 2: Die Klimadaten der Station Worms (Beobachtungsperiode 1961–1990)

Die Wintermittel unterschreiten nicht die 0 °C. Die Abschirmung gegenüber dem maritimen Einfluss zeigt sich darin, dass die Schwankung zwischen dem wärmsten und dem kältesten Monat in Worms größer ist als in den Rahmengebirgen, wo vor allem die Sommertemperaturen durch die ungehindert anströmende Meeresluft gedämpft werden. Eine weitere Folge der Abschirmung sind die sehr niedrigen Jahresniederschläge (Leelage). Dass in Trockenjahren die Vegetation trotzdem noch keine Mangelerscheinungen erkennen lässt, hängt mit einem weiteren Beckeneffekt zusammen. Im Tiefland fallen doppelt so große Regenmengen im Sommerhalbjahr – also während der Wachstumszeit – wie im Winterhalbjahr, ganz im Gegensatz zum Beispiel zum Pfälzer Wald, wo sich Sommer- und Winterniederschläge die Waage halten. Auch die Windstärken werden durch die Gebirge herabgesetzt, was sich allerdings im Herbst und Winter in häufig lang anhaltenden Nebelperioden sehr nachteilig auswirkt. Dieses Zusammenspiel der Klimaelemente ist für die Inwertsetzung eines Raumes durch den Menschen sehr vorteilhaft, vor allem wenn man dabei die landwirtschaftliche Nutzung im Vordergrund sieht. Deshalb wird die Region durchgängig im Schrifttum, auch in der Fachliteratur, als Gunstraum bezeichnet. Erst in jüngerer Zeit tauchen einschränkende, negativ gewichtete Begriffe wie »Belastungsraum« auf als Ausdruck der Erkenntnis, dass die vor allem während der Nebelperioden auftretenden hohen Schadstoffkonzentrationen in der Luft für den Menschen sehr abträglich sind. Als »Inversionswetterlagen« sind sie über die Tagespresse zum Allgemeinwissen geworden.

Mit diesen Informationen enden meist die Klimaabschnitte in der Literatur. Für vergleichende Betrachtungen ist das häufig auch ausreichend. Will man aber das Zusammenspiel zwischen Naturraumfaktoren und Kulturlandschaftsentwicklung aufzeigen, so muss man – ähnlich wie oben bei Geologie und Geomorphologie geschehen – auch das Klima einer näheren Betrachtung unterziehen.

Als Erstes muss man sich vergegenwärtigen, wie die Zahlen in der Klimatabelle Worms entstehen. Über eine international festgelegte 30-jährige Epoche (hier 1961–1990) werden an einer Station, die bestimmte Standort- und Einrichtungskriterien erfüllen muss, zu festen Uhrzeiten die Klimaelemente gemessen und über die Periode gemittelt. Die Schwankungen von Tag zu Tag, Monat zu Monat und Jahr zu Jahr verschwinden also in der Mittelwertberechnung. Wir registrieren diesen täglichen Wetterwechsel zwar noch, speichern ihn aber nur sehr kurzfristig in unserer Erinnerung, weil wir uns durch die verschiedensten modernen Schutzmechanismen relativ immun gemacht haben. Wie stark sie aber wirklich die Befindlichkeit des Menschen beeinflussen, wenn diese Mechanismen versagen oder fehlen, soll folgendes Beispiel zeigen. In den Erzählungen der Kriegsgeneration wird der Winter 1944/45 immer als extrem kalt und unerträglich beschrieben. Die Daten zeigen aber, dass der Januar mit –3,5 °C im Mittel und –15 °C als tiefster Temperatur zwar sehr kalt war, aber bei weitem nicht an die –8,2 °C im Mittel und –21,5 °C als Tiefstwert des Februar 1956 heranreichte. Trotzdem ist nur der Kriegswinter 1945 in Erinnerung geblieben, weil – neben der ständigen Angst – Kleidung, Nahrung und Heizmaterial als Schutzmittel fehlten. In der Vergangenheit war der Mangel an Schutz gegen die Wetterunbilden die Normalität. Es ist also zur Klärung vieler Fragen, die im weitesten Sinne etwas mit Klima zu tun haben, notwendig, die Variationsbreite um die Mittelwerte aufzuzeigen. Und sofort wird die nächste Frage aufgeworfen: Waren das Klima und die Stärke der Schwankungen vor der heute gültigen Messperiode gleich, oder sind relevante Veränderungen festzustellen? Wenn im Rahmen dieser Stadtgeschichte weit in die Vergangenheit zurückgeschaut wird, muss also auch ein kurzer Überblick über die Klimageschichte gegeben werden.

Und letztlich muss man sich vor Augen halten, dass die Mittelwerte streng genommen nur das atmosphärische Geschehen am Messpunkt erfassen. Relief, Vegetation, Bebauung usw. nehmen aber so markanten Einfluss auf die Abläufe in den unteren Luftschichten, dass zum Beispiel die thermischen Unterschiede zwischen Stadtrand und Innenstadt von Worms größer sein können als zwischen den Klimastationen Worms und Hamburg. Also muss auch das die Wertigkeit eines Raumes stark beeinflussende Lokalklima knapp betrachtet werden. Nicht umsonst müssen heute stadtklimatische Gutachten bei größeren Bauprojekten herangezogen werden. Im Folgenden soll nun die lang- und kurzfristige sowie die topografische Veränderlichkeit des Klimas knapp dokumentiert werden.

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