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3. Naturbegriffe in den Naturwissenschaften

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Ich hatte bereits von Natur gesprochen, ohne klar zu sagen, was damit gemeint ist. Es mutet schon merkwürdig an, wenn gerade die Wissenschaften, die Naturwissenschaften heißen, von Natur nicht sprechen bzw. nicht sprechen wollen. Das ist selbstredend keine Schelte, sondern diese Abstinenz ist in vielerlei Hinsicht sinnvoll. Der Erkenntniserfolg und weitere Erfolge der Naturwissenschaften verdanken sich der Tatsache, dass viele Bereiche und Konzepte von „Natur“ innernaturwissenschaftlich ausgeblendet oder suspendiert wurden.

Ganz grob lassen sich nach Gloy29 drei Naturkonzepte unterscheiden: ein vorwissenschaftliches, dass man animistisch-holistisch nennen kann, ein mechanistisches und ein organizistisches Naturkonzept.

Ich beschränke mich auf eine kurze Skizze des mechanistischen Naturkonzepts, da es insgesamt am einflussreichsten zu sein scheint und komme dann kurz auf das zu sprechen, was „Natur“ in der Chemie heißen kann:

Mit Beginn der Neuzeit hielt immer mehr das mechanistische Naturmodell Einzug. In ihm werden die Trennungen natürlich/künstlich aufgelöst. Erst durch die folgenden Annahmen können Physiker Elementarteilchen etwa im DESY oder CERN beobachten unter Bedingungen, die in bestimmter Sicht als künstlich – nicht so in der Natur vorfindbar – zu beschreiben sind. „Natur“ wird zu einem abstrakten Modell. In Forschungsapparaturen erzeugen Chemiker radioaktive Elemente, Kunststoffe und Schädlingsbekämpfungsmittel werden hergestellt, also naturfremde Stoffe, Biologen stellen „Kunstwesen“ her, also Wesen, die es in der Natur nicht gibt oder geben kann usw.

Die experimentellen Bedingungen ermöglichen erst das Dasein dieser Stoffe, Phänomene, Wesen etc.

Natur ist also abstrakt im Vergleich zu einer leiblich-phänomenologisch-lebensweltlichen Naturerfahrung, die in Naturwissenschaften bestenfalls angedeutet ist. In den vorherrschenden Naturmodellen sind „letztlich nur noch Atome, Moleküle oder Gene als ‚konkrete Natur‘ anzusehen; dennoch bleibt aber die ‚Bindung an den Begriff des Naturgesetzes‘ entscheidend“30. Die Naturwissenschaften verbinden in ihrem Tun den „Willen zur Macht“31 mit theoretischer Neugierde, d.h. es geht nicht immer, aber wesentlich auch um Naturbeherrschung.

Was macht nun das mechanistische Paradigma von Natur aus?32

1. Die Subjekt-Objekt-Spaltung, nach der Natur das Andere, das Fremde, das zu bezwingende, jedenfalls das dem Experimentator, dem Forscher Gegenübergestellte ist.

2. Die Mechanizität, das Denken in der Kategorie der Maschine, ob nun einer mechanischen oder biochemischen Maschine, mit der Aussicht und der Gefahr auf Reduktion in ontologischer Sicht auf naturgesetzlich Beschreibbares oder auf Atome. Eingeschlossen ist hier die Mathematisierbarkeit von Natur.

3. Zur Rolle des Experiments sei gesagt: Experimente dienen der Herstellung einer nicht-natürlichen Situation unter der Maßgabe, dass Natur nicht-natürlich in dem Sinne ist, als dass das Experiment auf die Herstellung eines bestimmten Aspekts an der Natur aus ist. Im nächsten Abschnitt komme ich etwas genauer darauf zu sprechen.

4. Natur wird in einem Herrschafts-/Knechtschaftsverhältnis gesehen. Auf diesen ethischen Aspekt kann ich nicht näher eingehen.

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