Читать книгу Festschrift für Jürgen Taeger - Группа авторов - Страница 93
a) Rechtsbindungswille des Webseitenbetreibers
ОглавлениеFraglich ist, ob der Webseitenbetreiber überhaupt einen Rechtsbindungswillen hinsichtlich eines Webseitennutzungsvertrags mit den Besuchern und Nutzern der Seite hat. Legt man die herkömmlichen Kriterien, also wirtschaftliche Bedeutung, Bezeichnung der Vereinbarung und bloße Information über Waren und Dienstleistungen zugrunde, gelangt man zu keinem allgemeingültigen Ergebnis. Handelt es sich um Webseiten, auf denen Waren und Dienstleistungen angeboten werden, so gilt das oben Gesagte.
Schwieriger fällt die Feststellung des Rechtsbindungswillens, wenn auf der Seite nur Informationen in Schrift, Bild oder Bewegtbild kostenlos zum Abruf bereitgestellt werden. Das bloße Bereitstellen von Inhalten soll nur eine invitatio ad offerendum darstellen.26 Dabei wird jedoch die Bereitstellung von Informationen als solches, mit der Bereitstellung von Informationen über Dienstleistungen und Waren vermischt. Eine klare Differenzierung ist jedoch schon ob der Vielzahl an Internetangeboten erforderlich.27
Informiert ein Webseitenbetreiber auf seiner Webseite über irgendeinen Vorgang, der selbst keine Dienstleistung oder Ware darstellt, wie es z.B. bei Lexika, Fanseiten zu Filmen, Musik oder Computerspielen u.Ä. der Fall ist, dann stellt schon die Bereitstellung der Information an sich die eigentliche Dienstleistung dar. Die rechtliche Bewertung dessen ist daher so diffizil, da der Abruf der Information und damit schon die Inanspruchnahme der Dienstleistung mit dem bloßen Abruf der Webseite zeitlich zusammenfällt. Für einen Rechtsbindungswillen des Betreibers könnte dabei der hohe Aufwand für den Betrieb der Webseite, als auch ein gegebenenfalls bestehendes wirtschaftliches Interesse an den Nutzungsdaten sprechen.28
Bis hierhin mag die rechtswissenschaftliche Auseinandersetzung mit dem vermeintlichen Vorliegen von Rechtsbindungswillen noch verständlich sein. Spätestens bei der Auseinandersetzung mit den Nutzungsbedingungen einer Webseite verliert sie sich jedoch in dogmatischen Widersprüchen. Solche Nutzungsbedingungen sind ohne größere Schwierigkeiten als AGB i.S.d. §§ 305ff. BGB einzuordnen.29 Mithilfe solcher Webseitennutzungsbedingungen versuchen die Betreiber von Webseiten, die Einzelheiten der Nutzung ihrer Webseite festzulegen und Haftungsausschlüsse zu ihren Gunsten zu bestimmen.30
Die Verwendung von Nutzungsbedingungen als AGB setzt notwendigerweise Rechtsbindungswillen voraus. AGB sind nichts weiter als der allgemein formulierte Inhalt einer Willenserklärung, die ohne Rechtsbindungswillen nicht denkbar ist. Die AGB-Qualität von Webseitennutzungsbedingungen wird daher auch weder von Gerichten31 noch in der Literatur angezweifelt.32 Schwierigkeiten bereitet es jedoch, wenn die Nutzer:innen der Webseite auch ohne ausdrückliche Zustimmung zu den Nutzungsbedingungen Teile der Webseiteninhalte abrufen können. Dabei muss wiederum durch Auslegung ermittelt werden, ob es dem Willen der Webseitenbetreiber entsprach, diese Inhalte bereits ohne Zustimmung zu den Nutzungsbedingungen und damit gegebenenfalls auch ohne Haftungsbeschränkungen verfügbar zu machen oder nicht.
Der Rechtsbindungswille ist, den Grundsätzen der Trierer Weinversteigerung folgend, stets objektiv zu bestimmen, wenn dieser nicht ausdrücklich geäußert wurde.33 Insofern könnte der Inhalt der Nutzungsbedingungen Anhaltspunkte für die Auslegung bieten. Wenn die Nutzungsbedingungen Klauseln über die Modalitäten des Vertragsschlusses enthalten, könnte hieraus ein Rückschluss auf den Zeitpunkt gezogen werden, ab dem der Webseitenbetreiber mit Rechtsbindungswillen handelt. Allerdings darf nicht der Rechtsbindungswille selbst unter eine Bedingung gestellt werden.34 Genau dies geschieht jedoch, wenn der eigene Rechtsbindungswille von einer Handlung des Gegenübers abhängig gemacht wird. Zudem werden die Nutzungsbedingungen erst mit Vertragsschluss wirksam und könnten daher allenfalls Indizwirkung für den eigentlichen Vertragsschluss entfalten.35 Aus der Perspektive des objektiven Betrachters sind die Nutzungsbedingungen jedoch erkennbar. Ignorierte man diese vollständig, würde dies nicht dem objektiven Empfängerhorizont entsprechen. Dabei muss jedoch berücksichtigt werden, dass einer der Hauptgründe für ein Fehlen eines ausdrücklichen Zustimmungsvorgangs auf den Webseiten darin liegt, dass die Nutzer:innen hierdurch nicht abgeschreckt werden sollen.36
Damit entsteht zumindest eine gewisse Lücke hinsichtlich des Rechtsbindungswillens des Webseitenbetreibers. Diese ließe sich nur dadurch auflösen, indem man annehme, der Betreiber nehme die Nutzung gewisser Inhalte im Rahmen eines Gefälligkeitsverhältnisses in Kauf, um die Nutzer nicht vor einem späteren Abschluss eines Nutzungsvertrags abzuschrecken. Dann müsste der Anbieter jedoch auch mit den Konsequenzen leben, dass für diesen Bereich seine Haftungsbeschränkungen aus den Nutzungsbedingungen noch keine Wirksamkeit entfalten.
Dem steht jedoch ein technisches Argument im Wege. Der Abruf einer Webseite ist nichts anderes, als der zumindest vorübergehende Download der dort enthaltenen Inhalte.37 Die vertragsrechtliche Einordnung von Download-Angeboten im Internet ist umstritten. Nach einer Auffassung stellt das Angebot zum Download eines digitalen Inhalts eine offerta ad incertas personas da.38 Nach einer anderen Ansicht handelt es sich dabei indes nur um eine invitatio ad offerendum.39
Für die invitatio wird angeführt, dass es sich bei dem Angebot zum Download nur um eine Art virtuelles Schaufenster handelt, bei dem sich der Anbietende den tatsächlichen Vertragsschluss noch vorbehalten will.40 Diese Auffassung vermischt auch hier wieder die Bereitstellung einer Webseite mit dem Angebot dahinterliegender Dienstleistungen und Waren. Selbst wer Waren und Dienstleistungen im Internet in Form eines virtuellen Schaufensters anbietet, ermöglicht es den „Passanten“ des Internets einen Blick in eben dieses Schaufenster zu werfen.41 Es geht hier nicht um den Vertragsschluss über die Ware im Schaufenster, sondern – ganz im Sinne der Metapher – um den „Schaufensternutzungsvertrag.“ Die Ansicht verkennt dabei die tatsächlichen Gegebenheiten des Internets. Werden digitale Inhalte im Internet bereitgestellt, so sind diese vorbehaltlich besonderer technischer Ausgestaltungen, ohne weiteres Zutun des Anbietenden abrufbar. Die virtuellen Passanten können, sofern es sich um digitale Inhalte wie Software oder Dateien handelt, diese im Schaufenster nicht nur betrachten, sondern gleich herunterladen. Will der Anbieter dies vermeiden, muss er technische Schutzvorrichtungen ergreifen.
Die Auffassung kann auch nicht dadurch überzeugen, dass sie auf die Grundsätze zur Automatenerklärung abstellt und hierin nur deshalb eine invitatio erblickt, da das Angebot der digitalen Inhalte begrenzt ist.42 Es handelt sich bei der Bereitstellung von digitalen Inhalten im Internet aufgrund der unbegrenzten Kapazität um eine weitgehend unbegrenzte Dienstleistung.43 Durch die Bereitstellung der Inhalte ohne weitere technische Sicherungsmerkmale gegen unbefugten Zugriff, wird der Download für alle Nutzer der Webseite ermöglicht. Ein Indiz für den Rechtsbindungswillen des Anbieters der Webseite können dann nur noch spezielle Lizenzbedingungen, welche die Nutzungsmöglichkeiten der angebotenen Inhalte konkretisieren, liefern.44 Ohne weitere Hinweise wird ein möglicher Rechtsbindungswille des Webseitenanbieters nicht erkennbar.
Das ändert sich, wenn der Webseitenbetreiber die Nutzung der Webseite nur gegen die Einrichtung eines Benutzerkontos anbietet. Enthält das Formular zum Anlegen des Benutzerkontos die Pflicht zur Angabe des Klarnamens und der Anschrift, soll dies einen Rechtsbindungswillen der Webseitenbetreiber:innen indizieren.45 Das ist durchaus nachvollziehbar. Wer die Nutzung seiner Inhalte davon abhängig macht, dass die Nutzer:innen sich zu erkennen geben, drückt dadurch eine gewisse Ernsthaftigkeit seiner Absichten aus.