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aa) Bloßer Besuch einer Website
ОглавлениеDer bloße Besuch einer Webseite kann wohl nach derzeitiger Auffassung unter Berücksichtigung von Treu und Glauben sowie der Verkehrssitte nicht als eine rechtsverbindliche Willenserklärung des Nutzers ausgelegt werden.46 „Nach den heutigen Nutzungsgewohnheiten im Internet widerspräche die Annahme, der Besuch einer frei zugänglichen Website würde per se vertragliche Rechte und Pflichten begründen, der Lebenserfahrung und der Nutzererwartung“, meinte das OLG Hamburg noch im Jahr 2012.47
Es mag bezweifelt werden, ob diese Auffassung noch lange aufrechterhalten werden kann. Wie bereits eingangs erwähnt, ist der Vertragsschluss im Internet ubiquitär. Das gesamte wirtschaftliche Vertreiben wird immer mehr ins Digitale verlagert. Zeitungen, Musik, Filme und sogar ganze Studiengänge werden wie selbstverständlich über das Internet abrufbar gemacht. Dazu kommt noch ein weiterer Aspekt: Die überbordende Verwendung von Tracking-Cookies bei Webseiten und der damit erforderlichen datenschutzrechtlichen Einwilligungen i.S.d. Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 1 lit. a DSGVO im Rahmen der Cookienutzung bei Webseiten.48 Der Besuch von Webseiten ist kaum mehr möglich, ohne die Einwilligung zur Nutzung von Cookies in irgendeiner Form zu erklären.
Dies hat Auswirkungen auf die Wahrnehmung durch die Internetnutzer:innen. Der ständige Hinweis auf das Datenschutzrecht und den daraus resultierenden Rechten macht deutlich, dass das Internet keineswegs ein „rechtsfreier Raum“ ist, in dem das Verhalten der Nutzer keine Rechtserheblichkeit entfaltet. Bei zukünftig zu entscheidenden Fällen sollte dies unbedingt berücksichtigt werden.
Dabei soll jedoch keinesfalls der „Lehre vom faktischen Vertrag“49 das Wort geredet werden. Es geht vielmehr darum, die Auslegung anhand des sich stetig im Wandel befindlichen objektiven Empfängerhorizonts stets auf ihre Aktualität und damit Validität hin zu überprüfen.