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Vorwort
ОглавлениеVersammlungsrecht ist Konfliktvermeidungs- und -regulierungsrecht. Vorrangig bezweckt es, die Wahrnehmung der grundrechtlich geschützten Versammlungsfreiheit zu ermöglichen und sie in einen angemessenen Ausgleich mit widerstreitenden Rechten und Belangen Dritter zu bringen. In dieser Funktion ist das Versammlungsrecht in einer freiheitlichen Ordnung stets aktuell. Besondere Bedeutung erlangt es in Zeiten tief gehender politischer und gesellschaftlicher Kontroversen, die Menschen zur gemeinschaftlichen Kundgabe der eigenen Position in der Öffentlichkeit veranlassen und damit nicht selten gegenläufige Reaktionen provozieren. Dies war im Zusammenhang mit der Migrationskrise vor allem in den Jahren 2015/16 zu beobachten, nicht minder aber auch im Jahr 2020 anlässlich der Coronapandemie und der hieran anknüpfenden staatlichen Einschränkungen, durch die sich Menschen recht unterschiedlicher politischer Herkunft zu Protesten herausgefordert fühlten. Gerade wenn von politischer und gesellschaftlicher Seite – nicht selten medial unterstützt oder gar initiiert – bestimmte Erwartungen im Umgang mit Versammlungen an die verantwortlichen Entscheidungsträger herangetragen werden, gilt es die grundrechtliche Fundierung des subjektiven Versammlungsrechts nicht aus dem Blick zu verlieren. In jedem Fall ist den zuständigen Behörden ein sensibler Umgang mit den widerstreitenden Belangen aufgegeben. Das Versammlungsrecht enthält hierfür den verfassungs- und einfachrechtlichen Rahmen und stellt das notwendige Instrumentarium zur Herstellung des geforderten Ausgleichs zur Verfügung.
Das vorliegende Handbuch soll sowohl für die Praxis – u. a. Gerichte, Versammlungsbehörden, Polizei, Anwaltschaft und Veranstalter von Versammlungen – als auch für die Wissenschaft eine zuverlässige, auf dem neuesten Stand befindliche Quelle sein, um die Anforderungen des Versammlungsrechts bewältigen zu können. Den Begriff „Versammlungsrecht“ interpretieren wir bewusst weit: Das Buch behandelt alle typischerweise im Zusammenhang mit Versammlungen bedeutsamen rechtlichen Fragen aus den verschiedenen Rechtsgebieten. Zwar nehmen verfassungsrechtliche und verwaltungsrechtliche Aspekte den breitesten Raum ein, doch auch verfassungs- und verwaltungsprozessuale, zivilrechtliche, strafrechtliche, ordnungswidrigkeitenrechtliche und strafprozessuale Themen gehören zum Inhalt dieses Handbuchs. Vielfach werden dabei die Verknüpfungen der unterschiedlichen Rechtsgebiete miteinander deutlich. Durchweg findet umfassend die Rechtsprechung und in breitem Umfang auch die einschlägige Fachliteratur in dem Buch Beachtung. Vor allem bei den verwaltungs- und (versammlungs-)strafrechtlichen Materien ist zudem zu beachten, dass in einer weiterhin wachsenden Zahl von Bundesländern eigenständige Länder-Versammlungsgesetze gelten. Wir haben Gemeinsamkeiten und Unterschiede herausgearbeitet und, wo nötig, die Rechtslage in unterschiedlichen Bundesländern nebeneinander dargestellt. Das am 11.2.2021 verabschiedete Versammlungsfreiheitsgesetz Berlin konnte dabei noch einbezogen werden.
Dieser Aufgabe haben wir uns gestellt mit einem Autorenteam, in dem Wissenschaft und Praxis des Versammlungsrechts in einem ausgewogenen Verhältnis stehen. Auch wenn die jeweiligen Verfasser die von ihnen bearbeiteten Teile selbständig verantworten und natürlich ab und an unterschiedliche Auffassungen Eingang in das Buch gefunden haben, haben wir uns um eine Verzahnung bemüht. Wir wollen für Klarheit sorgen und hoffen, der Praxis brauchbare Leitlinien und der Wissenschaft wertvolle Anregungen zu bieten.
Die Herausgeber danken den Autorinnen und Autoren für die engagierte, gewissenhafte und pünktliche (!) Erstellung ihrer jeweiligen Texte und die Einbringung von Ideen zu den anderen Kapiteln. Wertvolle Unterstützung bei der Erstellung des Teils „Verfassungsrecht“ haben Herr Rechtsanwalt Dr. Sebastian Nellesen, Frau Akad. Rätin Dr. Silvia Pernice-Warnke, LL.M. und Herr Wiss. Mit. Benno Pützer geleistet. Auch beim Verlag Kohlhammer und insbesondere Herrn Tobias Durst bedanken wir uns für die ausgezeichnete Zusammenarbeit.
Auf Anregungen und Kritik (gern an norbert.ullrich@hspv.nrw.de oder lehrstuhl-voncoelln@uni-koeln.de) freuen wir uns.
Duisburg/Köln/Düsseldorf, im Februar 2021
Norbert Ullrich, Christian von Coelln, Andreas Heusch