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f) Ermächtigungen zur Kreditaufnahme

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Soweit der formale Haushaltsausgleich durch Kreditaufnahme erreicht werden soll, weil die anderweitigen voraussichtlichen Einnahmen die veranschlagten Ausgaben nicht decken, erfordern die Verfassungen von Bund (Art. 115 Abs. 1 GG) und Ländern[537] eine besondere gesetzliche Ermächtigung. Die Exekutive darf Kredite mithin nur insoweit aufnehmen, wie sie hierzu durch ein Parlamentsgesetz befugt ist. Die zentrale Kreditaufnahmeermächtigung ist regelmäßig im Haushaltsgesetz enthalten (so auch § 13 Abs. 1 HGrG, § 18 Abs. 2 BHO, entsprechend die Landeshaushaltsordnungen). Doch finden sich Ermächtigungen zur Kreditaufnahme auch anderenorts, so etwa in § 6 Abs. 3 Satz 1 StWG, zudem oftmals in Gesetzen, die Sondervermögen ausgestalten und in den diesen die Befugnis zur Kreditaufnahme verliehen wird.

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Die Grenzen der zulässigen Kreditaufnahme (Nettoneuverschuldung)[538] durch Bund und Länder wurden im Rahmen der Föderalismusreform II im Jahre 2009 neu gezogen. Während die zulässige Kreditaufnahme seit der Haushaltsrechtsreform 1967/69 in Bund und Ländern im Regelfall an die Höhe der im Haushaltsplan veranschlagten Investitionsausgaben geknüpft worden war, löste sich der verfassungsändernde Gesetzgeber des Art. 109 Abs. 3 GG n.F. von dieser Grundkonzeption und begrenzt die strukturelle Kreditaufnahme des Bundes einschließlich seiner rechtlich unselbstständigen Sondervermögen nunmehr auf jährlich 0,35 Prozent des nominalen Bruttoinlandsprodukts (Art. 109 Abs. 3 Satz 1 und 4, Art. 115 Abs. 2 Satz 1 GG[539]); den Ländern einschließlich ihrer rechtlich unselbstständigen Sondervermögen ist die strukturelle Kreditaufnahme verboten (Art. 109 Abs. 3 Satz 1 und 5 GG). Die Neuregelungen gelten, nach Maßgabe der Überleitungsvorschrift in Art. 143d Abs. 1 GG, für den Bund seit 2016, für die Länder seit 2020, also seit Auslaufen des bis Ende 2019 gültigen Finanzausgleichsgesetzes des Bundes[540]. Ergänzt wird diese Ausgestaltung durch Art. 109 Abs. 3 Satz 2 und 3 GG. Nach Art. 109 Abs. 3 Satz 2 HS 1 GG können Bund und Länder Regelungen vorsehen, nach denen die Regelnettoneuverschuldungsgrenzen konjunkturbedingt modifiziert gelten (konjunkturbedingte Kreditaufnahme). Dies erlaubt es, bei einem anormalen konjunkturellen Abschwung zusätzliche Kredite aufzunehmen, um die Auswirkungen des Abschwungs auf den Haushalt abzumildern. Bei entsprechendem Aufschwung verringert sich der Verschuldungsspielraum entsprechend; bei den Ländern, die über keinen Regelnettoneuverschuldungsspielraum verfügen, führt dies zu einer echten Tilgungsverpflichtung. Der Bund (Art. 115 Abs. 2 Satz 3 bis 5 GG) und auch die Länder, die die verfassungsrechtliche Neuregelung bereits – durch Änderungen des Landesverfassungsrechts oder des einfachen Rechts – umgesetzt haben[541], haben von der Option zur konjunkturbedingten Modifikation der Regelgrenzen Gebrauch gemacht. Schließlich ist es nach Art. 109 Abs. 3 Satz 2 HS 2 und Abs. 3 GG zulässig, Kredite zur Bewältigung von Naturkatastrophen und anderen außergewöhnlichen Notsituationen aufzunehmen, die sich der Kontrolle des Staates entziehen und die staatliche Haushaltslage erheblich beeinträchtigen (notlagenbedingte Kreditaufnahme). Auch diese Ausgestaltungsoption haben der Bund (Art. 115 Abs. 2 Satz 6 bis 8 GG) und die Länder, die ihre Rechtslage bereits angepasst haben, genutzt. Überschreiten die Gebietskörperschaften die sich danach ergebenden Kreditaufnahmegrenzen, haben sie die Überschreitungen konjunkturgerecht zurückzuführen[542]. Der Bund hat hierzu ein Kontrollkonto eingerichtet, das die Salden erfasst und zur Pflichterfüllung mahnt (Art. 115 Abs. 2 Satz 4 GG). Die Länder haben vergleichbare Mechanismen vorzusehen.

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Angesichts der mittlerweile erreichten Höhe der Staatsverschuldung ist Art. 109 Abs. 3 GG eine für die Zukunft des Gemeinwesens herausragend bedeutsame Vorschrift[543]. Es wird nun darauf ankommen, die Verfassungspraxis streng an der rechtlichen Vorgabe auszurichten. Dies betrifft auch die zu beobachtende Praxis, die Staatsverschuldung durch Auslagerungen zu verschleiern. Während der Europäische Stabilitäts- und Wachstumspakt die Nettoneuverschuldung des gesamten „Staatssektors“ erfasst (Art. 3 Satz 1 des Defizitprotokolls), also auch die Verschuldung der Gemeinden, Sozialversicherungseinrichtungen und anderer, dem öffentlichen Sektor zuzurechnender Rechtsträger, beschränkt Art. 109 Abs. 3 GG nur die Verschuldung des Bundes, der Länder und ihrer rechtlich unselbstständigen Sondervermögen[544]. Das Verschuldungsgebaren anderer Rechtsträger des öffentlichen und des privaten Rechts wie insbesondere der Gemeinden, Gemeindeverbände, Sozialversicherungsträger und sonstiger rechtlich selbstständiger, staatlich beherrschter Sondervermögen und Gesellschaften ist von Art. 109 Abs. 3 GG formal nicht eingeschränkt[545]. Dies begründet zum einen die rechtspolitische Forderung nach einer Nachbesserung[546], zum anderen die Überlegung, missbrauchsverhindernde Zurechnungsregeln zu etablieren, um sicherzustellen, dass staatliche Schulden nicht ohne sachlichen Grund, sondern allein zur Verschleierung auf selbstständige Rechtsträger ausgelagert werden[547]. Entsprechendes gilt für den Einsatz alternativer Finanzierungsformen[548], um – durch die Schuldenbremse grundsätzlich nicht erfasste – Verwaltungsschulden (im Unterschied zu Finanzschulden) zu begründen. Auch ihr Einsatz muss sich sachlich im Einzelfall rechtfertigen; gegebenenfalls kann eine Zurechnung zu den Finanzschulden geboten sein[549].

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Die Kreditaufnahme auf kommunaler Ebene ist eigenständig und regelmäßig ausführlich im Kommunalhaushaltsrecht ausgestaltet. Dabei wird zwischen Investitionskrediten und Krediten zur Liquiditätssicherung unterschieden. Während Investitionskredite strengen Anforderungen in materieller Hinsicht (Volumen, Verwendung) und auch in formeller Hinsicht (Ermächtigung in der Haushaltssatzung; Erfordernis der Genehmigung durch die Aufsichtsbehörde) unterliegen[550], können Kredite zur Liquiditätssicherung (Kassenverstärkungskredite) ohne weiteres bis zu dem in der Haushaltssatzung festgesetzten Höchstbetrag aufgenommen werden. Dies begründet sich dadurch, dass Kassenverstärkungskredite nur zur Überbrückung vorübergehender Liquiditätslücken dienen sollen. Die gegenwärtige Praxis zeigt allerdings, dass die Kommunen in ihrer Finanznot Kassenverstärkungskredite in ganz erheblichem und steigendem Umfang auch zur Aufgabenfinanzierung nutzen, die Kredite also gerade nicht kurzfristig zurückgezahlt werden[551]. Dieses Problem bedarf dringend gesetzlicher Maßnahmen.

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