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1. Der aus dem Verantwortungsprinzip abgeleitete Einwand

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Das häufigste Argument gegen die Anerkennung einer mittelbaren Täterschaft wird aus dem Verantwortungsprinzip abgeleitet. Es ist in neuerer Zeit, wenn auch in etwas unterschiedlicher Weise, wieder von Jakobs und Herzberg geltend gemacht worden.

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Jakobs[133] erkennt die faktische Herrschaft der Hintermänner im Rahmen deliktischer Organisationen durchaus an:[134] „Das Vorliegen von Herrschaft lässt sich in solchen Fällen nicht bezweifeln.“ Die „faktische Hemmungslosigkeit des Ausführenden“ werde „zum funktionalen Äquivalent für den Zurechnungsdefekt eines Werkzeuges“.

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Jedoch stelle die „rechtliche Tatmacht … auf die Verantwortung für die Machtlage ab … Die in einem organisatorischen Machtapparat Handelnden sind, weil sie ihrerseits vollverantwortlich handeln, eben keine Werkzeuge, und demgemäß ist der Anordnende kein mittelbarer Täter, weil er wegen der Verantwortlichkeit des Ausführenden nicht rechtlich ‚durchgreifen‘ (d.h. über die Verwirklichung des Tatbestandes als letzter verantwortlich entscheiden) kann.“

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Es ist aber nicht ersichtlich, warum die „Verantwortung für die Machtlage“ nur den treffen soll, der zeitlich „als letzter“ handelt, während doch der Hintermann die weit größere Verantwortung trägt. Denn von seiner Anordnung und Durchsetzungsmöglichkeit hängt die Begehung des Deliktes ab, während der Ausführende zwar auch als Täter verantwortlich ist, wegen der Ersetzbarkeit des einzelnen Schergen die Tat (z.B. die Ermordung eines KZ-Insassen) aber nicht verhindern kann, so dass in einem weiteren Sinn die „letzte Entscheidung“ immer in der Mordanordnung des Hintermannes liegt.

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Jakobs sagt weiter:[135] „Die Großen sind nicht groß ohne die Kleinen – die Rede von der mittelbaren Täterschaft durch Benutzung eines organisatorischen Machtapparates verschleiert dieses objektive gegenseitige Angewiesensein bei Organisationsdelikten.“ Aber dieses „Aufeinander-Angewiesensein“ wird gerade dadurch bekräftigt, dass beide als Täter bestraft werden. Der Ausführende hat die „Handlungsherrschaft“, während der Hintermann mit Hilfe des von ihm gesteuerten Apparates, in dem der Exekutor nur ein Rädchen im Getriebe ist, die Willensherrschaft ausübt. Entscheidend ist nicht die Herrschaft über den unmittelbar Handelnden, sondern über die Tatbestandsverwirklichung.

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Herzberg betrachtet die Konstruktion der Organisationsherrschaft als „Frucht“ eines „faktizistischen Fehlansatzes“[136]. „Selbst wenn es so wäre …, dass … der Machtapparat reibungslos funktioniert und deshalb im konkreten Fall die Begehung des befohlenen Deliktes gewiss war – eine mittelbare Täterschaft ließe sich damit nicht begründen.“ Man dürfe die Tatherrschaft nicht „faktisch-naturalistisch“ verstehen, sondern müsse sie „normativ“ deuten.[137] In einem normativen Sinn hänge die Tatherrschaft davon ab, „dass beim Bewirken des tatbestandlichen Erfolges kein fremdes, nach der betreffenden Norm strafbares Handeln eingeschaltet ist“.

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Aber es ist nicht sinnvoll, eine angeblich normative Deutung der mittelbaren Täterschaft gegen die für irrelevant erklärte faktische Beherrschung des Geschehens auszuspielen. Denn wenn der Hintermann das Geschehen tatsächlich beherrscht, ist die Anerkennung mittelbarer Täterschaft kein „Faktizismus“, sondern hat einen ausschlaggebenden normativen Sinn, indem sie den Befehlshaber an den Schalthebeln der Macht als den primär Verantwortlichen kennzeichnet.[138] Dagegen ist nicht ersichtlich, welcher normative Grund den Hintermann von seiner Verantwortung als mittelbarer Täter einer Tatbestandsverwirklichung entlasten sollte, wenn er im Rahmen der von ihm dirigierten Organisation anonyme Schergen zur Begehung von Mordtaten einsetzt.

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