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H. Mittelbare Täterschaft bei Wegnahme ohne Zueignungsabsicht?

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Früher wurde in Teilen der Literatur die Möglichkeit einer mittelbaren Täterschaft durch ein „absichtslos-doloses Werkzeug“ für möglich gehalten. Das Hauptbeispiel ist der Fall, dass jemand einen anderen veranlasst, eine Sache für ihn (den Hintermann) zu stehlen. Da der Tatbestand des § 242 StGB die Absicht verlangte, die Sache „sich“ zuzueignen, konnte der Ausführende einer verbreiteten Meinung zufolge wegen fehlender Zueignungsabsicht nicht Täter des Diebstahls sein. Der Hintermann konnte aber nach richtiger Auffassung auch nicht als Täter verurteilt werden, weil ihm die Tatherrschaft fehlte, die bei einem Herrschaftsdelikt wie dem Diebstahl unerlässliche Voraussetzung der Täterschaft ist. Die Konstruktion einer mittelbaren Täterschaft durch Einsatz eines „absichtslos-dolosen Werkzeugs“, die der Schließung dieser Strafbarkeitslücke dient, war also schon nach damaligem Recht abzulehnen.[200]

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Heute hat sich das Problem weitgehend erledigt, weil das 6. Strafrechtsreformgesetz vom 26. Januar 1998 für den subjektiven Tatbestand die Absicht genügen lässt, „die Sache sich oder einem Dritten rechtswidrig zuzueignen“.[201] Im Ausgangsbeispiel ist also der Wegnehmende problemlos als Täter zu bestrafen, weil er die gestohlenen Sache „einem Dritten“ (seinem Auftraggeber) zueignen will. Der Auftraggeber ist Anstifter.

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Einige Autoren versuchen, die immer schon verfehlte Rechtsfigur einer mittelbaren Täterschaft durch ein absichtslos-doloses Werkzeug für den Fall aufrechtzuerhalten, dass der Wegnehmende nicht die „Absicht“, sondern nur den direkten Vorsatz einer Drittzueignung hat.[202] Als Beispiele dienen etwa Fälle wie die, dass der unmittelbar Handelnde primär durch das Motiv geleitet wird, den Eigentümer zu schädigen oder sich Ärger mit dem Auftraggeber zu ersparen. Aber solche Hintergrundmotive ändern nichts an der Absicht der Drittzueignung. Der unmittelbar Handelnde hat die Absicht, dem Veranlasser die weggenommene Sache zuzueignen, weil er den Eigentümer schädigen oder sich Ärger mit dem Auftraggeber ersparen will.

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Außerdem vertritt Puppe[203] mit gutem Grund die Meinung: „… für die überschießende Innentendenz gilt durchweg, dass dolus eventualis ausreicht, weil der Verzicht des Gesetzgebers auf die objektive Erfüllung dieses Merkmals kein Grund dafür ist, die Anforderungen an den Vorsatz im Sinne einer Absicht im technischen Sinne zu verschärfen.“

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Man wird also sagen können: Die Konstruktion einer mittelbaren Täterschaft durch Einsatz eines absichtslos-dolosen Werkzeugs ist rechtlich weder möglich noch zur Erzielung eines vernünftigen Ergebnisses nötig. Der unmittelbar Handelnde ist in solchen Fällen Täter, der Hintermann Anstifter.

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Zu einem anderen Ergebnis kommt man nur in Fällen, in denen der unmittelbar Handelnde nicht nur ohne Zueignungsabsicht, sondern auch ohne Tatbestandsvorsatz tätig wird. Er ist dann „absichtslos-undoloses“, nicht aber absichtslos-doloses Werkzeug. So liegt es z.B., wenn ein Hintermann, der sich die Sache zueignen will, den Ausführenden bittet, eine fremde Sache wegzunehmen und ihm zu vorübergehendem Gebrauch (furtum usus) zu bringen oder wenn er ihm vorschwindelt, einen fälligen, nicht einredebehafteten Anspruch auf die Sache zu haben. In solchen Fällen fehlt dem unmittelbar Handelnden der Diebstahlsvorsatz, der sich auch auf die Voraussetzungen des subjektiven Tatbestandes (den Zueignungswillen oder, im zweiten Beispiel, die Rechtswidrigkeit der Zueignung) erstrecken muss. Es handelt sich also um einen Fall der Irrtumsherrschaft durch Benutzung eines vorsatzlosen „Werkzeugs“, der ohne weiteres eine mittelbare Täterschaft begründet.[204]

12. Abschnitt: Täterschaft und Teilnahme§ 52 Mittelbare Täterschaft › I. Keine mittelbare Täterschaft bei eigenhändigen Delikten

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