Читать книгу Handbuch des Verwaltungsrechts - Группа авторов - Страница 158
I. Die Unschärfen des Kompetenzbegriffs
Оглавление4
Komplexität
Schon ein oberflächlicher Blick auf die Erscheinungsformen hoheitlichen Handelns ergibt, dass der Begriff der Kompetenz höchst unterschiedlich verwendet wird und entsprechend komplex ist.[8] Er findet sich im Zusammenhang mit der Erzeugung von Rechtsnormen[9] ebenso wie zur Bezeichnung einer Zuständigkeit von Gerichten und Behörden[10] und führt auf Grundfragen des Staats- und Verfassungsrechts nach den Ursprüngen von Hoheitsgewalt.
5
Übersetzungsunschärfen
Hinzu kommt, dass im mehrsprachigen Kontext des europäischen Verfassungsrechts erhebliche Übersetzungsunschärfen bestehen. So ist beispielsweise[11] der von deutschen Muttersprachlern meist ganz selbstverständlich für eine englische Übersetzung gewählte Begriff „competence“ im anglo-amerikanischen Rechtskreis ursprünglich eher mit dem Bedeutungsgehalt „Expertise“ belegt und im Plural eigentlich ganz unüblich. Dort würde man von „powers“ sprechen, um eine Rechtsmacht zu bezeichnen.[12] Dies wiederum ist ein kaum ohne Verluste ins Deutsche übertragbarer Begriff. Hier deutet sich an, wie voraussetzungsvoll und mühsam ein europäischer Diskurs über Kompetenzfragen ist.
6
Kompetenz als Sammelbegriff
Als Arbeitsdefinition lässt sich festhalten,[13] dass – in einem weiten Verständnis – Kompetenzen Hoheitsrechte bezeichnen,[14] die Rechtsträgern zugeordnet und die beschränkt sind. So verstanden umfasst Kompetenz als Sammelbegriff Zuständigkeit,[15] Aufgabe, Befugnis, Recht oder Ermächtigung – kurz: jede Rechtsmacht zur Herbeiführung rechtlich erheblicher Entscheidungen.
7
Beschränkte Rechtsmacht
Neben dem mit jedem Kompetenzverständnis verbundenen Kriterium der Zurechenbarkeit eines bestimmten Kompetenzinhaltes zu einem Kompetenzsubjekt liegt einem solchen Kompetenzbegriff vor allem die Annahme einer Beschränktheit der Rechtsmacht zugrunde. Im Absolutismus oder im totalen Staat ist für die Frage nach der Kompetenz letztlich kein Raum. Demgegenüber ist die Beschränktheit von Rechtsmacht das Kennzeichen der verfassten Hoheitsgewalt in den westlichen Demokratien.