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II. Positive Kompetenzbestimmungen
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Definition positive Kompetenzbestimmungen
Bei der Frage nach der rechtlichen Begrenztheit von Hoheitsgewalt lässt sich zwischen positiven und negativen Kompetenzbestimmungen unterscheiden. Positive Kompetenzbestimmungen sind der Normalfall der Kompetenzzuweisung. Regelmäßig knüpfen solche Bestimmungen die Rechtsfolge der Kompetenz an die Erfüllung bestimmter Tatbestandsmerkmale. Wenn beispielsweise das Kompetenztatbestandsmerkmal „Gesetzgebung im Bereich der Staatsangehörigkeit im Bunde“ erfüllt ist, weil eine zu regelnde Sachfrage sich mit diesem Kompetenzthema deckt, ergibt sich als Rechtsfolge eine Bundeskompetenz zur Regelung dieser Sachfrage (vgl. Art. 73 Abs. 1 Nr. 2 GG). Wenn eine Sachfrage sich unter das Tatbestandsmerkmal „Auf dem Gebiet der sozialen Sicherheit für die Herstellung der Freizügigkeit der Arbeitnehmer notwendigen Maßnahmen“ subsumieren lässt, besteht eine Rechtsetzungskompetenz für das Europäische Parlament und den Rat gemäß Art. 48 AEUV.
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Finale Kompetenzbe stimmungen
Hier zeigt sich bereits ein typischer Zug der Unionskompetenzen, die regelmäßig über Sachmaterien hinaus an Zielsetzungen orientiert sind.[16] Unabhängig davon, ob solche finalen Kompetenzbestimmungen im Vergleich zu sachbereichsorientierten Kompetenzbestimmungen bereits Politikentscheidungen und Gestaltungsaufträge enthalten,[17] knüpfen auch diese in der Grundstruktur die Rechtsfolge der Kompetenz an die Erfüllung eines Kompetenztatbestandes.
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Differenzierte Kompetenzrechtsfolge
Die Kompetenzrechtsfolge kann dabei im Einzelnen durchaus differenziert gefasst sein. Sie kann beispielsweise allgemein wie bei der früheren Rahmengesetzgebung des Bundes[18] von vornherein nur eingeschränkt zugesprochen werden, oder aber in der konkreten Kompetenzrechtsfolge inhaltlich determiniert werden, etwa im genannten Beispiel des Art. 48 AEUV, wo es im Einzelnen heißt:
„[Das Europäische Parlament und der Rat beschließen [...] die [...] notwendigen Maßnahmen]; zu diesem Zweck führen sie insbesondere ein System ein, das zu- und abwandernden Arbeitnehmern und Selbstständigen sowie deren anspruchsberechtigten Angehörigen Folgendes sichert: a) die Zusammenrechnung aller nach den verschiedenen innerstaatlichen Rechtsvorschriften berücksichtigten Zeiten für den Erwerb und die Aufrechterhaltung des Leistungsanspruchs sowie für die Berechnung der Leistungen; b) die Zahlung der Leistungen an Personen, die in den Hoheitsgebieten der Mitgliedstaaten wohnen“.
Damit wird die Rechtsfolge – die Regelungskompetenz der EU – wie folgt eingeschränkt bzw. („insbesondere“) determiniert: 1. die Kompetenz muss ausgeübt werden, um ein System zu errichten, welches aus- und einwanderungsberechtigte Arbeitnehmer und Selbstständige sowie deren Angehörige betrifft; 2. für diese muss ein Regime der Zusammenrechnung von Leistungszeiten eingerichtet werden und 3. ein Regime für die Zahlung von Leistungen an Personen, die in den Hoheitsgebieten der Mitgliedstaaten wohnen, muss vorgesehen werden.
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Kompetenzkataloge
Vielfach werden gerade in föderalen Ordnungen solche positiven Kompetenzen in Kompetenzkatalogen zusammengefasst, wie etwa in Deutschland in Art. 72 ff. GG, in Österreich in Art. 10 ff. der Bundesverfassung, in den USA in Art. I Sec. 8 der US-Verfassung von 1787 oder in Kanada in Art. 91 ff. des Constitution Act 1867. Solche Kompetenzlisten oder -kataloge für positive Kompetenzbestimmungen erleichtern zwar den Überblick über Kompetenzbestände, führen aber zwangsläufig im Vergleich zu ausführlichen Einzelbestimmungen, wie sie sich im Europarecht finden, tendenziell zu Vergröberungen oder Vereinfachungen, da nicht mehr für jeden Sachbereich bzw. jede Zielbestimmung – also für jeden Kompetenztatbestand – eine derart differenzierte Kompetenzrechtsfolge angeordnet werden kann, wie sie im genannten Beispiel des Art. 48 AEUV deutlich wird.