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I. Einleitung: Begriff, Erscheinungsformen, Ebenen

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Unionsverwaltungsrecht: national und unional

Unionsverwaltungsrecht meint das Recht des dezentralen, mittelbaren Vollzugs von EU-Recht durch die Mitgliedstaaten. Im eigentlichen Sinne bezieht sich der Begriff auf die Rechtsgrundlagen oder Anforderungen dafür, die aus dem Unionsrecht stammen.[125] Grundsätzlich bestimmt sich der dezentrale Vollzug nach dem nationalen Verfahrens- und Organisationsrecht (sog. Verfahrens- und Organisationsautonomie[126]), soweit nicht das Unionsrecht Regeln vorgibt und/oder Anforderungen an dieses nationale Recht stellt.[127] Das Unionsrecht kann nicht nur im EU-Sekundärrecht konkrete Vorgaben für die Verfahrensgestaltung, unter Umständen unmittelbar anwendbare Verfahrensregeln für die nationalen Verwaltungsverfahren formulieren, in denen Unionsrecht vollzogen wird, und institutionelle Vorgaben für das Organisationsrecht insoweit festlegen; am umfangreichsten ist das im EU-Zollrecht erfolgt, das von nationalen Behörden nahezu ausschließlich auf der Grundlage des Unionszollkodex[128] vollzogen wird. Das Unionsrecht statuiert auch allgemeine Anforderungen an das nationale Verwaltungsverfahrens- und -organisationsrecht. Rechtsquellen des Unionsverwaltungsrechts sind somit neben den Verträgen und ihren grundlegenden verfassungsverwaltungsrechtlichen Aussagen das Richterrecht, das allgemeine Rechtsgrundsätze hierzu entwickelt, und Sekundärrecht. Insgesamt führt das zu der „Europäisierung“ des nationalen Verwaltungsrechts[129] und damit einer Konvergenz nationaler Verwaltungsrechte der Mitgliedstaaten.[130] Die grundlegendsten Grundsätze insoweit sind die der effektiven Durchführung des Unionsrechts in Form des Effektivitäts- und des Äquivalenzgebots,[131] wurzelnd in Art. 4 Abs. 3 EUV, Art. 291 Abs. 1 AEUV („erforderlich“), die eine modifizierte Anwendung des einschlägigen nationalen Verfahrensrechts gebieten können.[132]

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Erscheinungsformen nationalen Vollzugs

Das Unionsrecht wird von den Mitgliedstaaten direkt angewendet, soweit es unmittelbar anwendbare Regeln formuliert (unmittelbarer Vollzug).[133] Oder aber Unionsrecht wird – wie bei Richtlinien – erst in nationales Recht umgesetzt und dann indirekt angewendet. Bei dieser indirekten Anwendung wird zwar unmittelbar das nationale Umsetzungsrecht angewendet, da dieses aber auf Unionsrecht basiert, muss es aufgrund des Vorrangs des Unionsrechts gegebenenfalls unionsrechtskonform ausgelegt werden[134], so dass mittelbar eine Anwendung von Unionsrecht erfolgt (mittelbarer Vollzug). Schließlich kann idealiter im Rahmen der unmittelbaren Anwendung noch der respektierende Vollzug[135] des Unionsrechts unterschieden werden; in dieser Vollzugsform bewegen sich nationale Behörden im Anwendungsbereich materiellen Unionsrechts, für dessen Vollzug mangels einschlägiger EU-(Verfahrens) vorgaben nur nationales (Verfahrens-)recht zur Anwendung kommt (vgl. Art. 291 Abs. 1 AEUV: „nach innerstaatlichem Recht“), dessen Anwendung aber im Lichte von allgemeinen unionsrechtlichen Anforderungen und allgemeinen Verfahrensgrundsätzen, insbesondere des Effektivitäts- und Äquivalenzgebots, Modifizierungen unterliegt.[136]

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Vollzugsebenen

Damit findet der Vollzug des Unionsrechts durch die Mitgliedstaaten auf verschiedenen Ebenen entsprechend den eingangs benannten Vollzugstypologien (Umsetzung, Anwendung, Durchsetzung) mit je unterschiedlicher Beteiligung der Staatsgewalten statt. Auf der Ebene der Umsetzung wird eine unionsrechtliche Regelung (etwa eine Richtlinie) in nationales Recht umgesetzt und eingefügt. Eine solche rechtsetzende Umsetzung erfolgt auch bei ergänzenden Regelungen zu EU-Verordnungen, da die Mitgliedstaaten regelmäßig die anwendbaren Verfahren und die zuständigen Behörden festzulegen haben. Auf dieser Vollzugsebene werden vor allem der Gesetzgeber und die Exekutive als Verordnungsgeber tätig. Die Anwendung des unmittelbar anwendbaren Unionsrechts und/oder des umsetzenden nationalen Rechts erfolgt anschließend durch die Verwaltung oder auch Gerichte, regelmäßig in den im nationalen Recht vorgesehenen Verfahren und Handlungsformen. Die Durchsetzung des Unionsrechts schließlich erfolgt durch die Vollstreckung der dadurch auferlegten Pflichten und ist wiederum vorrangig Aufgabe von Behörden und Gerichten.

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