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VII. Fazit
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Triebkräfte des Unionsverwaltungsrechts
Das Unionsverwaltungsrecht verändert unter den Leitprinzipien des Anwendungsvorrangs, der effektiven Umsetzung des Unionsrechts und der Äquivalenz zum nationalen Vollzug das nationale Verwaltungsrecht in Struktur und Organisation erheblich. Unionale Treiber – zumal ergänzt um überwirkende Veränderungseffekte[227] – bewirken im nationalen Verwaltungsrecht eine stärkere Prozeduralisierung, Partizipation, Subjektivierung und institutionelle Diversifizierung.[228] Ihre konkrete Konsequenz ist aber bei fehlender unionsrechtlicher Normierung im Detail häufig wenig bestimmt, was zu Lasten der Rechtsklarheit geht. Die Konturen unionsrechtlicher Modifikation bleiben oft bis zu einer Entscheidung des EuGH oder einer unionalen Positivierung im nur Ungefähren. Die gemeinsamen Rechtsgrundsätze schließlich bilden einen bindenden Rahmen, gleichsam eine Grundlegung gemeineuropäischer Verwaltungsstrukturen, innerhalb dessen sich auch ohne vereinheitlichendes Sekundärrecht eine gewisse Angleichung nationaler Verwaltungsregeln entwickelt.
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Grenzen der Vereinheitlichung?
Diese vielgestaltigen Einwirkungen aus dem Unionsverwaltungsrecht auf das nationale Verwaltungsrecht und seine Grundstrukturen werfen die Frage nach ihren Grenzen und damit nach dem verbleibenden nationalen Spielraum für Diversität auf, zumal wenn die Grundlagen des nationalen Verwaltungsrechts als Ausdruck nationaler Identität beansprucht werden (Art. 4 Abs. 2 EUV).[229] Da die Kompetenzen für die Ausgestaltung des Unionsverwaltungsrechts dem EU-Gesetzgeber sehr viel Spielraum gewähren,[230] ist das letztlich eine politische Frage. Man mag den Identitätsschutz als letzte Bastion ansehen; da der Identitätsschutz jedoch nur die grundlegenden verfassungsmäßigen Strukturen und daraus abzuleitenden Mindestanforderungen an Verwaltungs(verfahrens)recht abdeckt[231], ist er wenig geeignet, nationale Spezifika des Verwaltungsrechts abzusichern, solange sie nicht gerade in der ihnen vom nationalen Gesetzgeber festgelegten Gestalt als aus der Verfassung geboten anerkannt werden. Nationale Traditionen stehen der weiteren Herausbildung gemeineuropäischer Grundregeln nicht grundsätzlich entgegen.[232]
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Herausforderungen: demokratische Legitimation und Rechtsschutz
Bereits für das EU-Eigenverwaltungsrecht war die Stärkung der demokratischen Kontrolle angesichts ihrer Ausdifferenzierung als Herausforderung hervorgehoben worden.[233] Das gilt in gleicher Weise für das Unionsverwaltungsrecht, insbesondere im Hinblick auf die kooperativen Strukturen.[234] Hinzu kommt die hier nicht untersuchte Rechtsschutzproblematik. Die Verschränkungen unionalen und nationalen Rechts gestalten effektiven Rechtsschutz im Unionsverwaltungsrecht schwierig[235]; der dafür notwendige Rechtsprechungsverbund bedarf noch erheblicher Entwicklung.