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2. Grundsätze der Funktionsweise
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Grundrechtsbindung und Vertrauensschutz
Für die Funktion der EU-Eigenverwaltung haben sich frühzeitig erste Grundsätze herausgebildet. Mit dem Vorrang des Gesetzes und der Gesetzmäßigkeit eng verbunden ist die Bindung der Eigenverwaltung auch der EU an höherrangiges Recht, insbesondere an die Grundrechte der EU (vgl. heute Art. 51 Abs. 1 GRCh). Zu diesen Grundrechten gehören seit jeher auch das Gebot der Nichtdiskriminierung und die Gleichbehandlung (Art. 9 S. 1 EUV, Art. 8, Art. 18 AEUV, Art. 20 GRCh). Neben den Grundrechten leiten auch rechtsstaatliche Grundsätze wie der Vertrauensschutz, etwa als Schutz des Bestandes wohlerworbener Rechte oder als Gebot der Wahrung von Rechtssicherheit,[83] die Anwendung spezifischer Regelungen, die Begründung einer Selbstbindung der EU-Verwaltung an soft law[84], die Ausübung von Ermessen[85] und ein Verbot widersprüchlichen Verhaltens.[86]
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Verhältnismäßigkeit
Damit einher geht die Bindung an den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (Art. 5 Abs. 1 S. 2, Abs. 4 EUV; Art. 52 Abs. 1 S. 2 GRCh), der nicht nur die EU-Rechtsetzung in die Pflicht nimmt, sondern jede Hoheitsausübung der Union und damit auch die Eigenverwaltung. Die erste Kodifizierung insoweit erfolgte durch Art. 3b UAbs. 3 EGV-Maastricht.
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Offenheit, Verantwortlichkeit, Partizipation
Die EU stand von Anfang an unter der Verpflichtung, ihre Entscheidungen möglichst offen und bürgernah zu treffen, so Art. 1 Abs. 2, 10 Abs. 3 S. 2 EUV[87]. Art. 15 Abs. 1 AEUV stellt den Grundsatz der Offenheit in den Kontext der Verantwortlichkeit der Verwaltung[88] und der Beteiligung der Zivilgesellschaft. Offenheit der Verwaltung fördert ihre Verantwortlichkeit, subjektiv wie objektiv. Sie trägt zur öffentlichen Kontrolle über die Verwaltung bei, der auch die Beteiligung der Zivilgesellschaft dient. Dieser direktdemokratische, partizipative Ansatz zur Stärkung der Legitimation der EU wurde durch den Vertrag von Lissabon erheblich ausgebaut (siehe Art. 10 Abs. 3 S. 1, Art. 11 EUV), was auch auf die EU-Eigenverwaltung wirkt. Offenheit und Transparenz bezieht sich nicht nur auf Gesetzgebungsverfahren. Partizipation an Verwaltungsverfahren ist etwa durch die Mitwirkung Betroffener vorgesehen, sei es durch Anhörungen, Öffentlichkeitsbeteiligung und Stellungnahmerechte. Im Außenwirtschaftsrecht ist Partizipation bei der Bestimmung des Unionsinteresses vorgesehen.[89]
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Transparenz, Dokumentenzugang, Partizipation
Zur Sicherung der Transparenz des Handelns der EU gewährt der Vertrag ein Recht auf Zugang zu den Dokumenten nach Maßgabe näherer Grundsätze und Bedingungen. Diese Verpflichtung trifft alle Einrichtungen der EU und damit auch die EU-Eigenverwaltung, wie Art. 15 Abs. 1, 3 AEUV verdeutlicht.[90] Zwar ist Dokumentenzugang nach Art. 42 GRCh ohne Einschränkungen gewährt, doch ist – neben dem allgemeinen Vorbehalt für Eingriffe in Art. 52 Abs. 1 GRCh – zu beachten, dass die Chartarechte im Einklang mit den Rechten des AEUV und den dort festgelegten Bedingungen auszuüben sind, Art. 52 Abs. 2 GRCh. Maßgeblich für den effektiven Dokumentenzugang ist die VO 1049/2001.[91] Transparenz und Informationsoffenlegung werden ergänzt durch Mechanismen der Partizipation.[92]
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Unabhängigkeit
Wie bereits angemerkt, gibt Art. 298 AEUV auch die Unabhängigkeit der Europäischen Verwaltung vor. Die Unabhängigkeit hat sich zum einen gegen die Verfahrensbeteiligten zu richten; die Europäische Verwaltung muss unparteiisch (so explizit Art. 41 Abs. 1 GRCh[93]), also unbefangen, nur am Gesetz orientiert, alle relevanten Gesichtspunkte des Sachverhalts einbeziehend[94], und auch frei von Beeinflussung durch Dritte (abgesehen von ihrerseits unparteiischen Weisungen Vorgesetzter) handeln. Die Unabhängigkeit hat sich ferner auf die Mitgliedstaaten zu beziehen. Die Eigenverwaltung darf nationale Weisungen nicht entgegennehmen. Sie ist – wie die Kommission, vgl. Art. 17 Abs. 3 EUV – im unionalen Interesse tätig und darf nicht Werkzeug nationaler Interessen sein. Weniger eindeutig ist, ob die Unabhängigkeit auch eine fehlende Fachaufsicht durch die Kommission bedeutet. Eine organisatorische und rechtliche Selbstständigkeit der Aufgabenerfüllung liegt zwar bei den dezentralen Agenturen vor, doch bei weitem nicht in diesem Maße bei anderen Einrichtungen der Eigenverwaltung, die wie etwa die Exekutivagenturen eng an die Kommission gebunden sind. Zugegebenermaßen ist die Möglichkeit einer Fachaufsicht insoweit umstritten. Jedenfalls kann die Kommission deren Verwaltungstätigkeit durch Leitlinien bestimmen.[95]
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Effizienz, Opportunität, Ermessen
Schließlich verpflichtet Art. 298 AEUV auf eine effiziente Verwaltung. Auch dies hat mehrere Dimensionen. Zum einen geht es um die Vermeidung unnötiger Bürokratie, im Interesse sparsamer Haushaltsführung, aber auch um eine wirtschaftliche, effiziente Verfahrensgestaltung als Ausdruck ordentlicher Verwaltung.[96] Zum anderen geht es um eine zügige Verfahrensabwicklung, und damit auch um ein Recht auf Entscheidung in angemessener Frist, wie es Art. 41 Abs. 1 GRCh als Teil der guten Verwaltung ansieht. In dieser Verfahrensdimension begegnet die Effizienz auch bei Art. 45 Abs. 1 lit. b EUV mit dessen Gebot effizienter Beschaffungsverfahren. Und schließlich ist Effizienz, allerdings eher in der auf die Zielerreichung abstellenden Spielart der Effektivität, eine zentrale allgemeine Zielsetzung für den Vollzug des Unionsrechts gerade durch die EU-Eigenverwaltung. Die Effektivität des Vollzugs des Unionsrechts zu steigern, ist ein wichtiger Treiber der Pluralisierung und Ausdifferenzierung der EU-Eigenverwaltung.[97] Damit im Zusammenhang steht der Opportunitätsgrundsatz. Danach hat die Verwaltung einen Spielraum zu einer effektiven und effizienten Gestaltung ihrer Verfahren in der Hinsicht, dass sie nach Bedeutsamkeit entscheidet, welche Verfahren sie führt. Relevant ist das etwa im EU-Wettbewerbs- und Handelsrecht. Dort hat die Kommission Entscheidungsspielraum darüber, auf welche Verfahren sie ihre begrenzten Ressourcen fokussiert. Es liegt bei ihr zu beurteilen, ob und wie sie einem Verdacht auf Zuwiderhandlung nachgeht. Ihr kommt ein Entschließungsermessen über die Verfahrenseröffnung und ein Auswahlermessen hinsichtlich der Unternehmen und auch der Sanktionen zu.[98] Leitend für die Ermessensausübung ist das Unionsinteresse. Das Eigenverwaltungsrecht ist geprägt von einem variierenden Grad von Ermessensspielräumen der Verwaltung in verschiedener Bedeutung als Beurteilungsspielräume, Gestaltungsermessen und Sanktionsermessen. Das Verwaltungsermessen ist jedenfalls bei der Kommission tendenziell eher weit.[99]