Читать книгу Handbuch des Verwaltungsrechts - Группа авторов - Страница 214
2. Parlamentarisch-gubernative Rechtssetzung: Richtlinie, Verordnung, einfaches Gesetz, völkerrechtlicher Vertrag
Оглавление45
Parlamentarisch-gubernative Regelungsebene
Auch die parlamentarisch-gubernative Regelungsebene ist streng formalisiert.[166] Im nationalen Recht sind ihr die einfachen Bundes- und Landesgesetze (Art. 72 ff. GG, Art. 70 Abs. 1 GG), im Unionsrecht die als Gesetzgebungsakte unter Beteiligung des Parlaments erlassenen Richtlinien und Verordnungen (außerhalb des Tertiärrechts) zuzuordnen (Art. 289 Abs. 3, 288 Abs. 2 und 3 AEUV). Die Entscheidung wird durch die Organe getroffen, denen innerhalb des Rechtskreises eine besonders hohe demokratische Legitimation zukommt. Der Entscheidungsprozess zeichnet sich durch eine Einbindung weiterer Akteure aus, die sowohl das exekutive wie das föderale bzw. mitgliedstaatliche Element der Verfassung des Rechtskreises repräsentieren. Dies kann durch Initiativrechte (Art. 76 Abs. 1 Var. 1 und 3 GG)[167] oder sogar Initiativmonopole (Art. 294 Abs. 2 AEUV) geschehen und sich in Mitentscheidungsbefugnissen fortsetzen (Art. 77 Abs. 2–4 GG; Art. 294 Abs. 3–14 AEUV). Damit bietet das Verfahren der Normsetzung eine hohe Gewähr, etwaige Vollzugsschwierigkeiten zu antizipieren.
46
Richtlinien
Eine besondere Herausforderung für die Rechtsquellenlehre ist das Rechtsregime der Richtlinie.[168] Anders als die Verordnung, die unmittelbar und allgemein gilt (Art. 288 Abs. 2 AEUV), ist sie auf ein zweistufiges Normsetzungsverfahren angelegt. Verpflichtet sind zunächst allein die Mitgliedstaaten, die Richtlinie bis zum Ablauf der Umsetzungsfrist in ihr nationales Recht umzusetzen. Dabei sind sie in der Wahl der Mittel frei (Art. 288 Abs. 3 AEUV). Wenn die Umsetzungsfrist verstrichen ist, kann die Richtlinie aber gleichwohl im Außenverhältnis zum Bürger Wirkungen entfalten. Um dies sicherzustellen, hat der EuGH unterschiedliche Wege eingeschlagen. Hierzu gehört die mit der Entscheidung van Duyn begründete unmittelbare Anwendbarkeit von Richtlinien. Nach Ablauf der Umsetzungsfrist können sich die Bürger unmittelbar auf eine Richtlinie berufen, wenn diese hinreichend klar und unbedingt ist.[169] Dagegen wird eine unmittelbare Wirkung von Richtlinien abgelehnt, wenn es um staatliche Belastungen geht.[170] Im Einzelnen sehr schwierige Fragen stellen sich im Rahmen der sogenannten horizontalen Drittwirkung.[171] Sofern eine unmittelbare Wirkung der Richtlinie ausscheidet, können richtlinienwidrige Ergebnisse unter Umständen noch im Wege der richtlinienkonformen Auslegung oder einer richtlinienkonformen Rechtsfortbildung vermieden werden.[172]
47
Begründungskultur und Transparenz parlamentarischer Verfahren
Die Begründungskultur, ebenso wie die Transparenz des parlamentarischen Verfahrens zwingen die handelnden Akteure politische Verantwortung zu übernehmen und sich der Kritik einer den Normsetzungsprozess begleitenden Öffentlichkeit zu stellen. Dazu gehören auch Anhörungen von Experten in den vorbereitenden Ausschüssen. Die Einbindung der föderalen/mitgliedstaatlichen Ebene erschöpft sich nicht in der Verbreiterung des exekutivischen Sachverstandes, sondern hat auch ein demokratisches Moment, weil die dieses Element repräsentierenden Organe ihrerseits über eine hohe demokratische Legitimation verfügen. Erkauft sind diese Vorteile durch die relative Schwerfälligkeit des Verfahrens. Den Sachverstand der Ministerialbürokratie durch die externe Beauftragung von Anwaltskanzleien zu ersetzen, die eigenverantwortlich einen vollständigen Gesetzentwurf erarbeiten, begegnet erheblichen verfassungsrechtlichen Bedenken.[173]