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Pressekonferenz bei Nkrumah

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Vor Accra auf der Reede zu liegen ist ein Erlebnis! Das Kommen und Gehen der Brandungsboote zu den Dampfern erinnert an die Züge von Treiberameisen, die man in Westafrika so häufig beobachten kann. In singendem Rhythmus bewegen die Fanti-Leute gleichförmig ihre Pagays mit den dreifingrigen Paddelblättern, die so aussehen, als wären sie ein ausgeplätteter Dreizack Neptuns.

Accra, Eingeborenenviertel: ein stinkiges Nest von tropischem dolce far niente, von Schmutz und Unkultur. Der „westafrikanische Geruch“ – Rauch und Palmöl – vermischt sich mit dem Gestank der überall herumliegenden Abfälle.

Accra, Zentrum: Hochhäuser beschatten Baracken, auf überfüllten Gehwegen sieht man viele Soldaten und Polizisten – an jeder zweiten Uniform blinkte eine Ordensschnalle aus dem Weltkrieg –, es leuchten farbenprächtige Togen neben phantasielosen europäischen Kleidern. Auf den Straßen wimmelt es von Fahrzeugen; man könnte meinen, in Südafrika zu sein.

Ich mußte auf der Einwanderungsbehörde meinen Paß präsentieren; ein freundlicher Ghanese lud mich ein, Plan zu nehmen, sein Chef habe gerade eine Besprechung. Die Zeit wurde mir nicht lang, denn die Polizisten wußten Interessantes über ihr Land und über den Aufschwung Ghanas zu berichten.

Plötzlich hustete es hinter der Tür so ungeniert laut, daß sich die Polizisten betreten ansahen. Einer von ihnen meinte recht bildhaft: „Nilpferde benehmen sich nur unter Wasser so“, ein anderer fügte hinzu: „Elefanten nicht einmal, wenn sie im Urwald allein sind.“

Ich war ziemlich erstaunt, als ich den lauten Chef schließlich kennenlernte: Er war Engländer. Geld wollte er von mir haben. Als ich ihm zu erklären suchte, daß ich bei einem früheren Besuch in Ghana mit einem Boot nichts zu bezahlen brauchte, unterbrach er mich brüsk und stellte mich ohne weitere Erklärungen vor die Wahl: zahlen oder Gefängnis oder abfahren!

Es war das einzige Mal während meiner vielen Aufenthalte in afrikanischen Häfen, daß ich diesen barschen Ton zu hören bekam. Es gab mir zu denken, daß er von einem Europäer stammte und nicht von einem Afrikaner.

Accra, Regierungsviertel: weitsichtig angelegte moderne Regierungsgebäude inmitten von Palmen, Blumen und Parks, die jedem Lande Ehre machen würden. Der Informationsminister hatte mich zur Pressekonferenz des Premierministers eingeladen. Kwame Nkrumah war gerade aus Indien zurückgekommen und gab seinen ersten offiziellen Bericht.

Die Zeitungen hatten ihn in so überschwenglichen Worten willkommen geheißen, als sei seine Rückkehr nicht nur wunderbar, sondern ein reines Wunder. Doch lesen Sie mit mir in den „Evening News“, einer Zeitung aus Accra:

ER IST ZURÜCKGEKEHRT! Kwame, der Held des positiven Handelns, Kwame, der Verteidiger von Freiheit und Gerechtigkeit… Kwame, der Former des afrikanischen Charakters, Kwame, der Gründer Ghanas, Kwame, der Lehrer und das Vorbild der afrikanischen Jugend, Kwame, die Verkörperung der Menschlichkeit, Brüderlichkeit und Lauterkeit, dessen Herzschlag der Herzschlag der schwerschaffenden Arbeiter und Bauern und Genossenschaften ist, Kwame, den die Geschichte ungewollt und unmerklich zu einem Leuchtturm im Bild des neuerwachenden Afrikas gemacht hat – ja, Kwame, der Organisator, ist von seinem historischen Besuch in Indien zurückgekehrt …

Diese Redeweise ist so recht nach dem Geschmack des englisch sprechenden Westafrikas. Sicher war der Verfasser dieser Zeilen stolz auf seine Wortkunst. Immer wieder ist man erstaunt, wie schwülstig diese Leute alle reden und schreiben können! Was uns wie eine Parodie anmutet, ist ihnen heiliger Ernst.

Auf der Pressekonferenz saß links von mir der Korrespondent der „Prawda“, rechts der englische Berater des afrikanischen Informationsministers. Nkrumah sieht so jung und elastisch aus, daß man ihm seine 50 Jahre kaum glaubt. Er lacht viel und gern, jede Frage wird bereitwillig und optimistisch beantwortet. Man hört es ihm an, daß er sein Englisch in Afrika und nicht in Oxford gelernt hat. Als einmal im Verlaufe der Konferenz zufällig eine Gesprächspause eintrat, stellte er beinahe enttäuscht fest: „Sie sind nicht sehr hot (hitzig) heute, meine Herren – ist der Harmattan daran schuld?“

Schließlich forderte er die Presse auf, die Afrikaner in ihrem Marsch auf dem Wege zu einem freien Afrika zu unterstützen, denn „der Kolonialismus ist bankrott“.

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