Читать книгу Maritime E-Bibliothek: Sammelband Abenteuer und Segeln - Arved Fuchs, Hannes Lindemann - Страница 78
Bohrwürmer – der Schrecken der Seefahrer
ОглавлениеLagos, die Hauptstadt Nigerias, war mein 34. Hafen auf dieser Fahrt. Selten verirren sich Yachten in jene Gegend, um so gastfreundlicher nahm man mich auf. Motorschaden? Man erkundigte sich nach Reparaturmöglichkeiten, und kurze Zeit später wurde die LIBERIA im Hafengelände von Apapa auf Land geschleppt. Es wurde auch höchste Zeit, denn mein Boot besaß keinen Kielschuh, der es vor den Bohrwürmern, den gefürchteten Teredos, schützen konnte. Und Bohrwürmer sind in Westafrikanischen Gewässern so häufig anzutreffen wie Nudeln in der Nudelsuppe.
In jedem zweiten Brief hatte Niña angefragt, ob diese lieben Tiere sich nicht schon in mein Boot eingeschlichen hätten – sie hoffte wohl insgeheim, ich müßte dann schleunigst nach Deutschland zurückkehren. Und ich war ihr ob dieser Hoffnung nicht einmal böse.
Bohrwürmer sind keine Würmer, sondern Muscheltiere, die sich darauf spezialisiert haben, das Holz derartig zu durchlöchern, daß es das Aussehen eines Schwammes erhält und schließlich zerfällt. Schiffsbohrwürmer haben griechische Triremen wie auch die sonst unbesiegte „Golden Hind“ von Francis Drake zerstört, und heute noch geben die Yachtbesitzer aller Welt jährlich Millionen von Mark aus, um ihr Unterwasserschiff vor ihnen zu schützen.
Als winzige Larven schwimmen die Tierchen im Meer umher und suchen emsig nach einer Wohnung, die ihnen zugleich Nahrung liefern kann. Mittels eines technisch interessanten Schabmechanismus drillen sie sich in das Holz, das ihnen ein ewiges Gefängnis wird.
Das Achterende des Tieres bleibt stets an der Eintrittsöffnung haften, es kann sogar den Eingang zur Höhle verschließen, während das Vorderende immer lustig weiterbohrt, so daß sich das Tierchen schließlich wie eine Ziehharmonika auseinanderzieht oder, besser gesagt, auseinanderwächst, und zwar bis zu der stattlichen Länge von einem Meter.
In Australien gibt es Eingeborene, die diese dort besonders großen „Holzwürmer“ mit Hochgenuß verzehren.
Das Gemeine an dem Tier ist die Tatsache, daß es ohne Schaden eine recht lange Trockenkur an Land vertragen kann, weil sein Hinterende die Pforten verschließt.
Aber zum Glück muß es nach ein paar Tagen doch einmal Atem holen, und dann bekommt es zu seinem Entsetzen nicht den gewohnten und gewünschten Sauerstoff aus dem Meer, sondern aus der Luft. Der bekommt ihm gar nicht; es stirbt langsam ab. Für den Segler ist es daher sehr schwer, mit Bestimmtheit zu sagen, ob die Tiere in seinem Boot bereits tot oder immer noch am Leben sind.