Читать книгу Maritime E-Bibliothek: Sammelband Abenteuer und Segeln - Arved Fuchs, Hannes Lindemann - Страница 87
Eine Musterfarm auf São Tomé
ОглавлениеMein nächstes Ziel war die portugiesische Insel São Tomé, auf der die Portugiesen bereits im 16. Jahrhundert mit der Anlage von Plantagen begonnen haben. Ein hübsches, typisch portugiesisches Städtchen grüßte schon von weitem, als ich mich der Insel näherte. Cafes, Marktplatz, Denkmäler und nicht zuletzt auch die Afrikaner der gebildeten Schicht machten einen kleinstädtischen, portugiesischen Eindruck.
Auf Reede lagen zwei Dampfer, viele Leichter verkehrten zwischen ihnen und der Mole, von den Gebirgshängen schimmerte das Weiß stattlicher Plantagenhäuser – man merkte es São Tomé an, daß hier seit Jahrhunderten Europäer schalteten und walteten.
Nirgendwo in Afrika sah ich so viele Mulatten wie auf São Tomé und Principe. Die Portugiesen sind in der Wahl der schwarzhäutigen Partner am wenigsten zurückhaltend, und die Eingeborenen dieser Inseln sind durch diese Blutmischungen für unsere Begriffe weitaus attraktiver als die meisten anderen Westafrikaner, ausgenommen die Senegalesen.
Alle Guineainseln werden im Vergleich zum übrigen Westafrika von relativ vielen Weißen bewohnt, nicht etwa deshalb, weil das Klima besser wäre, sondern weil Portugiesen und Spanier hier trotz ihres kargen Lohnes immer noch mehr verdienen als auf der heimischen Peninsula.
Der Verwalter einer Musterplantage bat mich zu Gast: die Roça do Ouro ist zwar kaum eine der größten Plantagen in Westafrika, sie ist aber sicher eine der ältesten und dennoch modernsten. überdies ist sie mit ihrem eigenen Elektrizitätswerk, ihrer Mechanikerwerkstatt, Tischlerei, Schmiede, Schule und einem Riesenkrankenhaus autark – eine Stadt inmitten einer bis auf den letzten Quadratmeter wohlgenutzten Plantage. Der besondere Stolz des Verwalters war ein botanischer und zoologischer Garten, in dem man die gesamte Flora und Fauna der Insel bewundern konnte, dazu ein eigenes kleines Museum.
Für die Kakaogärung und die Trocknung der Kakaobohnen waren gerade neue Maschinen aus Deutschland eingetroffen. Erst wenn man die riesigen Kakaoplantagen auf Principe und São Tomé gesehen hat, kann man verstehen, daß die beiden Inseln, die zusammen etwa die Größe Berlins ausmachen, vor dem Ersten Weltkrieg noch ein Drittel der Kakaowelternte lieferten. Diese Guineainseln sind altes Kulturland der Europäer, und sie werden vielleicht in Zukunft die einzigen afrikanischen Gebiete sein, die für immer in europäischem Besitz bleiben – falls von außen keine Revolutionen hineingetragen werden.
Inzwischen war die Tornadozeit hereingebrochen; jeden zweiten Tag zog sich ein drohendes Gewölk zusammen und entlud sich in einem stürmischen, von tropischen Regenschauern begleiteten überfall, bei dem ich sehr auf mein Boot aufpassen mußte. Obwohl solche Tornados bis zu über 12 Windstärken ansteigen können, dauern sie meist nicht länger als eine Stunde und sagen sich auch immer vorher durch eine besondere Wolkenbildung an, so daß man sich darauf vorbereiten kann.