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Bücherverbrennung 1933: Burschenschaften und der Anschluss

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1933 waren es wieder Burschenschafter, die gemeinsam mit dem Nationalsozialistischen Deutschen Studentenbund (NSDStB) und der SA in 63 Städten die zweite Bücherverbrennung auf deutschem Boden organisierten.114 Unter ausdrücklicher Berufung auf das Wartburgfest wurde die „Aktion gegen den jüdischen Zersetzungsgeist“ von dem Burschenschafter und Leiter des Kampfbundes für deutsche Kultur, Alfred Rosenberg (Corps Rubonia Riga)115 geleitet116, der danach zum führenden Ideologen des nationalsozialistischen Terrorsystems aufsteigen sollte.*

Antisemitismus und deutschnationale Tradition hatten die österreichischen Burschenschaften besonders anfällig für nationalsozialistische Propaganda gemacht.117 Mit dem NSDAP-Verbot von 1933 waren auch zahlreiche Burschenschaften als nationalsozialistische Tarngruppen verboten worden. Das hinderte sie nicht daran, als Illegale politisch tätig zu bleiben.

Die Aldania (gegründet 1894), der Vizebürgermeister Johann Gudenus, der verhinderte Vize-Stadtschulratspräsident Maximilian Krauss, der Abgeordnete zum Nationalrat Andreas Karlsböck und der Wiener Gemeinderat Dominik Nepp angehören, hatte bereits 1933 das „Führerprinzip“ eingeführt. Ihr „Alter Herr“ Hans Kasper versandte 1938 nach dem Anschluss an Hitlerdeutschland ein Rundschreiben: „Lieber Waffenbruder! Das der deutschen Wehrschaft bei ihrer Gründung gesteckte Kampfziel wurde mit 13. März erreicht. […] Eine neue Zeit ist erstritten und stellt an uns neue Aufgaben […] in den Reihen der braunen Bataillonen Adolf Hitlers. […] Die Chargierten treten ab und alle kommen im Braunhemd zurück, um unter der Fahne der Bewegung den Abend als Kameradschaftsabend zu beschließen. […] Heil Hitler!“118

Der Rektor der Universität Wien meinte im März 1938 über die Bedeutung der Burschenschaften während der Illegalität: „Das große Verdienst der deutsch eingestellten studentischen Korporationen Österreichs besteht darin, dass sie sich in der Zeit des Kampfes restlos in den illegalen politischen Aufbau [Anm. des Nationalsozialismus] eingefügt haben. Jede Körperschaft bildete einen in sich geschlossenen Kampftruppenteil.“119

Bereits 1932/33 hatten Österreichs Burschenschaften das „Führerprinzip“ von der NSDAP übernommen und ihren Mitgliedern mehrheitlich den Beitritt zu SA und SS vorgeschrieben.120 Untersuchungen des Historikers Michael Gehler bestätigen das. Die „überwiegende Mehrheit“ der burschenschaftlichen Studenten hätte vor 1938 zu „geheimen Organisationen der illegalen NSDAP“ gehört.121

Nach dem Anschluss drängten Burschenschafter in die Partei. An die 80 Prozent wurden Mitglieder der NSDAP. Österreichische Burschenschafter waren damit stärker in der Partei vertreten als ihre reichsdeutschen Waffenbrüder.122

Als Martin Graf, damals noch Dritter Präsident des Nationalrats, im Mai 2002 behauptete, die Korporationen wären „von 1938 bis 1945 verboten gewesen“123, reproduzierte er eine Phrase aus dem Standardrepertoire burschenschaftlicher Geschichtsfälschung. In Wirklichkeit geschah die Eingliederung in den Nationalsozialistischen Deutschen Studentenbund freudig und freiwillig: Österreichs Burschenschafter feierten den Anschluss mit dem Aufziehen von Hakenkreuzfahnen. In der Festschrift anlässlich ihrer 130-Jahr-Feier berichtete die Olympia stolz von einer „eindrucksvollen Feier im großen Konzerthaussaal anlässlich der Überführung der waffenstudentischen Korporationen in die Gliederungen der NSDAP“.124 Die Überführung in den nationalsozialistischen Studentenbund sei „keine diktatorische, sondern eine logische, weil vom Herzen diktierte Maßnahme“, hatte der Völkische Beobachter damals kommentiert.125

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