Читать книгу Stille Machtergreifung - Hans-Henning Scharsach - Страница 6
Vorwort und Anmerkungen des Verfassers
ОглавлениеEin rechtsextremer, demokratie- und verfassungsfeindlich agierender Akademikerklüngel hat die Freiheitliche Partei Österreichs (FPÖ) unterwandert, danach dominiert und zuletzt in Besitz genommen. Österreichs Burschenschaften, aus denen die schlimmsten Nazi-Verbrecher, die brutalsten politischen Gewaltverbrecher der Nachkriegszeit und zahlreiche rechtskräftig verurteilte Neonazis hervorgegangen sind, greifen nach der Macht.
Die unter den Dachverbänden Deutsche Burschenschaft und Burschenschaftliche Gemeinschaft agierenden deutschnationalen schlagenden Verbindungen werden in großen Teilen der Medien und der Öffentlichkeit falsch (oder gar nicht) wahrgenommen – meist als locker miteinander verbundene Gemeinschaft autonomer kleiner Vereine mit beschränktem politischem Einfluss. In Wirklichkeit sind sie auf dem Sprung, die Macht in Österreich zu übernehmen.
Wissenschaftliche Arbeiten belegen, dass die mit einem Bevölkerungsanteil von etwa 0,04 Prozent zahlenmäßig verschwindend kleine, elitär agierende Akademiker-Gruppierung sich aus den Traditionen des Nationalsozialismus nie befreit hat.1 Als völkisch-deutschnationale Speerspitze der FPÖ haben die aus diesem Kreis kommenden Führungskader den Rassismus wieder zum Motor von Emotionalisierung und Radikalisierung gemacht. Sie führen Wahlkämpfe nach historischem Muster mit Hasskampagnen gegen Feindbilder und Sündenböcke. Ihre rücksichtslose Art der Stimmenmaximierung setzt sich über alle Regeln von Anstand, Fairness und Mitmenschlichkeit hinweg. Die zu Fake News verharmloste Verbreitung von Unwahrheiten ist zum systematisch und flächendeckend eingesetzten Instrument ihrer Wahlkämpfe und Mobilisierungskampagnen geworden.
Dieses Buch will dieser Politik durch Aufklärung begegnen. Es ist auch für den zivilgesellschaftlichen Widerstand geschrieben. Der Kampf gegen Ausgrenzung, Lügen, Verleumdung, Hasskampagnen, Korruption, Postenschacher und braune Geschichtsfälschung erfordert ebenso verlässliche Informationen wie die Verteidigung der Errungenschaften unserer Demokratie, unseres Rechtsstaates und des in der Verfassung verankerten Verbots nationalsozialistischer Wiederbetätigung.
Die Arbeit stützt sich auf wissenschaftlich abgesicherte Quellen, auf Originaldokumente und Medienberichte aus dem Burschenschafter-Milieu. Zitate aus Zeitungen und Rundfunk sowie Meldungen aus privaten Internet-Medien (z. B. solchen, die sich auf das Sammeln und Korrigieren von Fake News spezialisiert haben) wurden nachrecherchiert, mit anderen Medienberichten verglichen oder zumindest einer Plausibilitätskontrolle unterzogen.
Obwohl dieses Buch leicht lesbar und gut verständlich sein soll, hat sich der Autor bemüht, den beiden wichtigsten Kriterien wissenschaftlicher Arbeit gerecht zu werden: der korrekten Zitierung der Quellen und der intersubjektiven Nachvollziehbarkeit der daraus gezogenen Schlüsse.
Der Begriff Rechtsextremismus wird im Sinne der Definition des Rechtsextremismus- und Faschismus-Forschers Willibald Holzer verwendet. Als wichtigste Kriterien nennt dieser Antiliberalismus, Antipluralismus, Reduktion komplizierter sozialer Zusammenhänge auf ein Freund-Feind-Schema, Frontstellung gegen die (repräsentative Parteien-)Demokratie, die Forderung nach einem starken Staat, autoritäres Führer- und Gefolgschaftsprinzip, Volksgemeinschaftsideologie, völkischen Nationalismus, Rassismus und Antisemitismus, Antifeminismus, die Behauptung naturgegebener sozialer Differenzen, Stärke- und Männlichkeitskult bis hin zur Gewaltbereitschaft sowie unterschiedliche Formen des Revisionismus (Geschichtsfälschung).
Der Begriff Neonazismus wird ausschließlich in politischem und wissenschaftlichem Sinn verwendet, nicht in seiner juristischen oder strafrechtlichen Bedeutung. Durch Verwendung dieses Begriffes wird weder eine strafbare Handlung unterstellt noch die Unschuldsvermutung aufgehoben.
Neonazismus wird, den Definitionen wissenschaftlicher Literatur folgend, als besondere Ausprägung des Rechtsextremismus verstanden, der sich durch Wortwahl und Taten zu nationalsozialistischen Politikinhalten bekennt oder auf nationalsozialistische Ideologie-Elemente Bezug nimmt, das NS-System und dessen Verbrechen gutheißt oder verharmlost, die Träger dieses Systems gegen Kritik in Schutz nimmt, besonders würdigt oder glorifiziert, das Wiederbetätigungsgesetz bekämpft bzw. in Frage stellt und – wie einst die NSDAP – totalitäre Politikelemente auf rassistischer (völkischer) Grundlage vertritt. Die Verwendung des Begriffs orientiert sich nicht nur an den Ergebnissen wissenschaftlicher Arbeiten, sondern auch an den Urteilen des österreichischen Verfassungsgerichtshofes, insbesondere an den Verboten von als neonazistisch eingestuften Parteien und Organisationen wie NDP, ANR, Nationale Front, VAPO oder der Liste Nein zur Ausländerflut.
Für die Einordnung von Personen oder Gruppen als rechtsextrem müssen laut Holzer nicht alle der genannten Kriterien erfüllt sein. Es reicht, wenn sich einige der wesentlichen Merkmale nachweisen lassen2, was sinngemäß auch für den Begriff Neonazismus gilt.
Um den Text nicht zu komplizieren, wurden Angehörige pennaler und akademischer völkischer Korporationen mit dem geläufigen Sammelbegriff Burschenschafter bezeichnet. Die Unterscheidung zwischen Mitgliedern von Burschenschaften, Landsmannschaften, Sängerschaften, Gildenschaften usw. ist verzichtbar, weil die völkischen Korporationen ideologisch durch die Dachverbände weitgehend gleichgeschaltet sind. In keinem Fall bezieht sich der Text auf katholische Verbindungen wie CV, K.Ö.St.V oder MKV.