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Hofers Marko-Germania: Verräterische Festschrift

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Norbert Hofers Burschenschaft Marko-Germania zu Pinkafeld zählt zu den kleinen Burschenschaften, über die nur wenig bekannt ist. Sie vermeidet es, durch programmatische Schriften deutlich zu machen, worin genau sie ihren „explizit politischen Auftrag“ sieht, zu dessen Erfüllung sie sich in der Festschrift anlässlich ihrer Gründung 1994 verpflichtet hat. Im Gegensatz zu anderen Verbindungen verfügt sie über keine eigene Website und tritt auf Facebook in Form einer geschlossenen Gruppe auf. Angesichts dieser Abschottung ist über sie nicht viel in Erfahrung zu bringen – aber immerhin genug, um sie ideologisch eindeutig zuordnen zu können.

Die Gründungsfestschrift diente der „Vorstellung und Selbstdarstellung des Bundes“, der sich selbst als „politische Gruppe“ mit „national-freiheitlichen Grundsätzen“ beschreibt.

Zum Gastautor dieser Selbstdarstellung wählte man J. H., einen der damals radikalsten Führer der Neonazi-Szene und Aktivisten der gewaltbereitesten Gruppierungen Österreichs. Gemeinsame Sache machte dieser unter anderem mit

der VAPO (Volkstreue außerparlamentarische Opposition) von Gottfried Küssel12, die „in tiefer Trauer um Adolf Hitler“ zur „Zertrümmerung des (demokratischen) Staates“, zur Neugründung und Wiederzulassung der NSDAP als Wahlpartei, zum Anschluss an Deutschland und zur Aussiedlung aller Juden aufgerufen hatte13 und

mit Gerd Honsiks Nationaler Front (NF), die Anschläge verübt, die „Straße erobern“ und die Demokratie „nach dem Vorbild der SA“ gewaltsam beseitigen wollte.

J. H. verteilte neonazistische Blätter wie Honsiks Halt oder Walter Ochensbergers Sieg. Die im Handbuch des österreichischen Rechtsextremismus beschriebenen Kontakte des Immer-Wieder-Betätigers Ochensberger lesen sich wie ein Who is Who der neonazistischen Gewalt- und Terrorszene: Bombenwerfer, Brandstifter, Schläger, Wehrsportler und Waffensammler neben führenden Rassisten, Volksverhetzern, Hitler-Verehrern und Auschwitz-Leugnern.

Ochensberger war auch Versender einer Loseblatt-Sammlung für den militanten Rechtsextremismus, die praktische Hinweise für Putsch, Partisanenkampf, Sabotage, Ausschaltung von Behörden, Anlegung unterirdischer Waffenlager, Foltermethoden und Ähnliches enthielt. In einem Leserbrief bezeichnete J. H. die von Ochensberger herausgegebene neonazistische Hetzschrift Sieg als „beste Zeitschrift … die es zur Zeit auf dem deutschen Markt gibt.“15

J. H. agitierte unter anderem gegen die „Ersatzreligion der Menschenrechte“, gegen den Staatsvertrag, gegen das Anschlussverbot an Deutschland und gegen das Verbot nationalsozialistischer Wiederbetätigung. Seine Verurteilung wegen Verbreitung nationalsozialistischen Gedankenguts beklagte er als österreichischen „Staatsterrorismus“.

Zu Beginn des Jahres, an dem J. H. als Autor der Gründungsfestschrift für Hofers Burschenschaft in Erscheinung trat, referierte er bei einem Treffen der Wiking-Jugend, die zu den radikalsten und gewaltbereitesten Organisationen des europäischen Neonazismus zählte (siehe Seite 166–168) und noch im gleichen Jahr verboten wurde*

Bei einer Burschenschaft, die einen so eindeutig aus der neonazistischen Gewaltszene stammenden Mann zum Autor ihrer Gründungsfestschrift macht, erübrigt sich die Frage nach dem ideologischen Standort. Für einen Präsidentschaftskandidaten, der dieser Burschenschaft angehört und sich auch im Fall seiner Wahl nicht von ihr trennen wollte, muss das Gleiche gelten.

So scheinen das auch Teile von Hofers Wählerschaft zu sehen, die immer wieder mit Hitlergruß provozieren. Vor dem Landesgericht in Klagenfurt musste sich ein Korporierter dafür verantworten, bei einer Burschenschaftsfeier mit erhobener rechter Hand posiert zu haben.16 Nach Hofers Wahlveranstaltungen in Wien und Graz standen Anhänger Hofers vor Gericht, weil sie den Hitlergruß gezeigt und „Heil Hitler“ gerufen hatten. Im Mai 2016 postete eine Tirolerin anerkennend: „Hofer ist der zweite Hitler und das ist gut so … was wir im Moment erleben, wäre ein zweiter Hitler super.“17

Obwohl die Tatbestände durch Fotos und Kurzfilme dokumentiert sind, kommentierte das von Andreas Mölzer (Corps Vandalia Graz) herausgegebene Burschenschafter-Magazin Zur Zeit: „Immer wieder glauben linke Gutmenschen, den Hitlergruß bei Veranstaltungen der FPÖ zu sehen – und immer wieder stellen sich die Aussagen der linken Chaoten als Falschmeldungen heraus.“18

Auch der mehrfach wegen Wiederbetätigung vorbestrafte Burschenschafter und Neonazi Gerd Honsik (Rugia Markomannia) outete sich als Hofer-Fan. In dem von ihm online betriebenen Radio Deutsch-Österreich appellierte er an diesen, im Fall eines Wahlsieges das „bestialische Verbotsgesetz“ abzuschaffen und verurteilte Holocaustleugner aus dem „Kerker“ zu entlassen. Dass der Radiobeitrag ein gerichtliches Nachspiel haben wird, ist unwahrscheinlich. Der Sender firmiert unter einer Adresse in Honsiks Zufluchtsort Málaga, wo Wiederbetätigung nicht strafbar ist.

Stille Machtergreifung

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