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Hofer und die NS-Traditionen

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Norbert Hofer hat Erklärungsbedarf. Aufgewachsen in einem wahrscheinlich national-konservativen, aber keinesfalls rechtsextremen oder gar neonazistischen Milieu, hat er sich im Alter von 37 Jahren als Ehrenmitglied in eine Burschenschaft aufnehmen lassen. Anders als die meisten anderen ist er nicht als Gymnasiast von Freunden oder Bekannten mitgenommen worden und war danach zu schwach, sich der national-völkischen Indoktrination zu widersetzen.

Jugendliche Manipulierbarkeit spielt neben ökonomischen Gründen eine entscheidende Rolle bei der Rekrutierung von burschenschaftlichem Nachwuchs. Viele Verbindungen werben um Studenten mit billigem Wohnraum, Studienbegleitung durch bewährte Akademiker und der Aussicht auf berufliche und politische Protektion nach Abschluss des Studiums.

Keiner dieser Gründe kann bei Hofer eine Rolle gespielt haben. Er ist ein gebildeter Mann. Man darf unterstellen: Er kennt die Geschichte, liest Bücher und trifft seine Entscheidung über den Beitritt in einen „Lebensbund“ nicht ohne Information, nicht ohne Vorbereitung. Wer sich in Hofers Alter einer Burschenschaft anschließt, weiß, was er tut.

Im Präsidentschaftswahlkampf hat Hofer bekräftigt, er werde sich von seiner Burschenschaft auch als Bundespräsident nicht trennen, und angekündigt, eine ganze Reihe seiner burschenschaftlichen Mitarbeiter in die Hofburg mitzunehmen (siehe Seiten 58–59). Unter diesen Aspekten sind sein Beitritt und seine Mitgliedschaft nicht anders zu verstehen als ein Bekenntnis zur burschenschaftlichen Vorkriegs- und NS-Geschichte, aber auch zur Nachkriegsgeschichte des Verdrängens, Verleugnens und letztlichem Verbleib in den Traditionen, Sprach- und Denkmustern des Nationalsozialismus – eine Erkenntnis, die sich auch durch seine programmatische Arbeit als Verfasser und Herausgeber belegen lässt (siehe Seiten 66–68 und 78–84).

Stille Machtergreifung

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