Читать книгу Eingezogen. Ein Wehrpflichtiger der NVA erinnert sich. - Hans-Joachim Grünitz - Страница 17
Freizeit
ОглавлениеWie also die kärgliche Freizeit verbringen? Täglich etwa ein bis zwei Stunden waren vorgesehen und die galt es, wie wir im Soldatendeutsch sagten, »abzudienen«. In jeder Kaserne standen sogenannte Klubräume zur Verfügung. Hierin befanden sich etwas bequemere Sitzgelegenheiten, Bücher des sozialistischen Literaturerbes und ein Radiogerät. Die Skalen der Radios, auch der eigenen auf den Stuben, mußten alle an den Stellen markiert sein, wo die DDR- oder andere sozialistische Sender lagen. Denn den Klassenfeind abzuhören war strengstens verboten, wäre man doch so »der politisch-ideologischen Diversion des Gegners« ausgesetzt gewesen, wie es im »Handbuch des Militärischen Grundwissens - NVA Ausgabe« geschrieben stand. Aber ich hatte Glück, in dem Klubraum gab es auch zwei Gitarren und die waren selten belegt. Also zog ich damit in meinen geliebten Wandzeitungsredaktionskellerraum. Dort konnte ich ungestört mittels Gitarre meine Nerven beruhigen.
Gleich neben meinem Kellerraum war das Reich für unsere Kompaniemusikgruppe und den Kompanie-DJ mit seiner Tontechnik. Hier wurden diverse Instrumente strapaziert, kleine Auftritte einstudiert und die sonntägliche Kompaniebeschallung, Disco genannt, vorbereitet. Hin und wieder war also beträchtlicher Krach in den Kellerfluren. Ich hätte mitgespielt in der Band, aber die wollten offensichtlich keinen mehr an ihren Vorteilen teilhaben lassen. Es gab so etwas wie einen Konkurrenzkampf um Vorteile. Aber was soll´s, ich hatte ja meine Wandzeitung zum »Abducken«. Das heißt, hierhin zog ich mich zurück um dem Militär da oben in der Kaserne, wenigstens für kurze Zeit zu entfliehen.
Viele von uns nutzten die Freizeit zum Briefe schreiben, lesen oder Fernsehgucken. Der Fernseher befand sich in einem speziellem Fernsehraum für Soldaten und war wie die Radios sendermäßig eingeschränkt. Hierzu wurde einfach das DDR-Fernsehen fest eingestellt und das Bedienfeld zur Programmwahl abgedeckt und versiegelt. Die Unteroffiziere hatten einen eigenen Fernsehraum. Ob deren Fernseher auch versiegelt war, oder zwecks »Feindstudium« nicht, konnte ich persönlich nicht feststellen. Ich sah nur manchmal einige wenige ausgewählte, offensichtlich mit Privilegien ausgestattete Soldaten darin verschwinden. Unterschiede zu machen, war in dieser Kompanie ein gern praktiziertes Mittel um den einen oder anderen hervorzuheben und auf diese Weise Kameraden gegeneinander auszuspielen.