Читать книгу Eingezogen. Ein Wehrpflichtiger der NVA erinnert sich. - Hans-Joachim Grünitz - Страница 25
Ausgang
ОглавлениеGab es Ausgang im Standort, mußten die Genossen Soldaten, die das Glück hatten, am Samstag mit solchen Ehren bedacht zu werden, erst einmal vor dem Spieß antreten. Die Mutter der Kompanie schaute dann tatsächlich nach, ob auch die grenztruppeneigene lange Unterwäsche getragen wurde. Zu diesem Zwecke ließ der Spieß stichprobenartig ein Hosenbein hochziehen. Wenn es jetzt weiß blitzte, wäre alles in Ordnung gewesen. Da aber der Einfallsreichtum der Soldaten groß war, gab es welche, die hatten nur das untere Teil eines abgeschnittenen Unterhosenbeines zur Tarnung angelegt. Der Spieß jedoch, mit Bauernschläue gewappnet, kannte den Trick und wagte einen Blick unter den Hosenbund! Aber damit nicht genug, Taschentuch und Kamm sowie Nähzeug waren ebenfalls vorzuweisen. Daß die Uniform in tadellosem Zustand zu sein hatte, braucht wohl nicht betont zu werden. In Vorbereitung des Ausgangs waren daher die Bügeleisen stets belegt. Der Ausgang war natürlich für jeden Soldaten trotzdem heißbegehrt und es konnte vorkommen, wenn man bei den strengen Ausgangskontrollen des Hauptfeld durchfiel, daß auch der Ausgang ins Wasser fiel. Dies geschah mehr oder weniger je nach Laune unserer »Mutter«.
Der Ausgang selbst lief eigentlich jedesmal gleich ab. Nur die Kneipen wechselten hin und wieder.Und in Johanngeorgenstadt gab es davon einige. Nicht jede Gaststätte war jedoch für uns genehmigt. Wahrscheinlich wollte man die Touristen nicht zu sehr ärgern oder Ärger vorbeugen. Kontrolliert wurde auch hier. Und zwar von der berüchtigten Militärstreife. In weißem Koppelzeug kamen sie daher. Wenn sie an unseren Tisch traten, mußten wir aufstehen und unseren Wehrpaß zeigen. Wenn der Streife irgendwas nicht paßte, wurde man kurzerhand mitgenommen und landete in der Kommandantur. Aus welchen unerklärlichen Gründen auch immer, denn danach zu fragen wäre äußerst ungesund gewesen. Ansonsten wurde im Ausgang hauptsächlich gesoffen und mal was Anständiges gegessen. Nach erfolgreicher Kneipentour ging es dann mehr oder weniger schwankend in die Kaserne zurück, wo der Spieß schon wartete. Der mußte unbedingt verhindern, daß Alkohol in das Objekt geschmuggelt wurde. Ich hatte mir einmal einen kleinen Modellflugzeugbaukasten gekauft. Selbst den mußte ich öffnen, hätten ja Minifläschchen drin sein können. Hin und wieder gelang ein Schmuggel und dann wurde in der Stube weiter getrunken. Die Kameraden waren regelmäßig dankbar.
Es gab auch sonntags Ausgang. Der war allerdings nicht so beliebt, denn morgens hatte man wieder voll funktionstüchtig zu sein und auf die Ausgänger achteten die Vorgesetzten besonders.