Читать книгу Die Elegien des Properz - Hans Peter Syndikus - Страница 12
Properzens Geltung bei seinen Zeitgenossen und sein Nachruhm in der Antike
ОглавлениеDie Veröffentlichung des ersten schmalen Büchleins machte Properz schlagartig bekannt. Wie die Elegien 2,7,17f. und 2,24,1 zeigen, wurde es in Rom von jedermann gelesen und diskutiert. Aber schon im ersten Buch ist sich der Dichter sicher, daß sein poetisches Talent von den Zeitgenossen anerkannt wird und daß besonders die stadtrömische Jugend in ihm den Dichter sieht, der ihre Lebensstimmung und ihre Gefühle auszudrücken verstand.86 In den Elegien 2,34,55–58 und 3,2,9f. sieht er sich auf ihren Gastmälern und von den dort weilenden Mädchen als Dichter gefeiert und in mehreren Gedichten äußert er die Überzeugung, daß ihn auch die Nachwelt nicht vergessen werde: Sein Grab werde berühmt sein wie das Achills, und Rom werde ihn noch unter den spätesten Enkeln rühmen.87 Voll Selbstbewußtsein nimmt er Motive von Horazens exegi monumentum auf: Das Denkmal der Schönheit seiner Geliebten werde in seinen Gedichten dauernder sein als die Pyramiden; Feuer, Regen und der Zahn der Zeit mögen andere Denkmäler zerstören, seinem könnten sie nichts anhaben.
Daß er tatsächlich von seinen Zeitgenossen als Dichter geschätzt wurde, zeigen Graffiti in Pompeji, die seine Verse zitieren,88 das zeigt vor allem aber seine Aufnahme in den Maecenaskreis, als sein erstes Gedichtbuch erschienen war, obwohl die ersten Gedichte eine rein persönliche Welt darstellen und der politischen Gegenwart fern, ja in den beiden Schlußepigrammen geradezu abweisend gegenüberstehen. Das Prologgedicht des 2. Buches läßt sogar eine persönliche Nähe zu Maecenas erkennen, wenn Properz in Vers 75–78 glaubt, daß sein Gönner einmal wie ein Freund an seinem Grab trauern werde. Eine nicht geringe Anerkennung unseres Dichters zeigt auch Horazens Epistel 2,2,90–104, eine Stelle, die wegen ihres ironischen Tones oft mißverstanden wurde. Horaz macht sich hier in heiterer Selbstironie über die Eitelkeit der damaligen römischen Poeten lustig, wobei er sich miteinschließt. Er führt vor, wie sie einander loben, um selbst auch gelobt zu werden. Wenn er dabei das Werk eines Mitpoeten, den er einen zweiten Kallimachos und Mimnermos nennt, womit nur Properz gemeint sein kann, als mirabile visu / caelatumque novem Musis opus rühmt, ist das ein ungewöhnliches Zeichen der Hochachtung für einen viel jüngeren und sehr andersartigen Dichter.89 Bewundert wird er von Ovid,90 der in den Amores viele Motive des Properz in seine leichtgewichtigere Welt transponierte und der vielleicht die Anregung zu seinen Heroides durch Properzens Elegie 4,3 empfangen hat. Sein Einfluß ist auch in den Liebesgedichten des Tibullkreises zu spüren. Ovid war ihm als Mitglied des gleichen Dichterzirkels verbunden und hörte ihn oft seine Gedichte rezitieren.91 In Tristien 4,1,51–54 findet sich zum erstenmal die später kanonisch gewordene Reihenfolge der römischen Elegiker Gallus, Tibull, Properz und Ovid.92 Dieselben Namen nennt dann hundert Jahre später Quintilian, der Tibull und Properz als die unter ihnen künstlerisch herausragenden Gestalten rühmt; er selbst zieht als Klassizist Tibull als den eleganteren vor, weiß aber, daß andere Properz den ersten Platz einräumen.93 Für Plinius d. J. ist Properz der hervorragendste Elegiker Roms. Er kennt einen Nachkommen des Properz, der als Elegiendichter in seine Fußtapfen tritt und nach seinem Urteil ähnlich geschliffene, gefühlvolle und reizende Elegien schreibt wie sein berühmter Vorfahr (opus tersum, molle, iucundum).94 Martial nennt 8,73 Properz neben Gallus, Tibull und Catull einen typischen Liebesdichter (lascivus) und weiß, daß ihn Cynthia zu seiner Dichtung inspirierte; in 14,189 kennt er Properzens ‚Monobyblos‘ als Werk des jugendlichen Dichters, den er facundus nennt; Properz sei dadurch berühmt geworden. Statius erwähnt in dem Hochzeitsgedicht s. 1,2,253 seine Elegien neben Catull und Tibull an erster Stelle als passende Vortragstexte. Properz gehörte offenbar im späten ersten nachchristlichen Jahrhundert zu den Dichtern, die man kennt und schätzt. Kritischer sieht ihn Juvenal: In der Satire 1,6,7f. sind Properzens Cynthia und Catulls Lesbia Gegenbilder der reinen Urzeit. Genannt wird er auch später noch, ob viel gelesen, ist die Frage. Immerhin zeigen Wortanklänge auch noch bei späten Dichtern und Grammatikerzitate einzelner Verse, daß eine gewisse Beschäftigung mit ihm bis in die Spätantike anhielt. Am interessantesten ist eine Stelle bei Apuleius. Im 10. Kapitel seiner Apologie nennt er, um seine Verwendung von Pseudonymen zu verteidigen, aus einer uns nicht bekannten Quelle die von den römischen Liebesdichtern gebrauchten Decknamen ihrer Geliebten neben ihren bürgerlichen Namen. Nur durch diese Stelle wissen wir, daß der bürgerliche Namen Cynthias Hostia war.
Bereits in der Spätantike verliert sich die Kenntnis des Properz. Sein Name taucht dann bis zum 12. Jahrhundert in keinem Bibliotheksverzeichnis oder dergleichen auf. Wo sich das Manuskipt befand, an dem die Überlieferung des Properztextes hing, ist unbekannt. Die erste Bekanntschaft mit dem Dichter fällt in das 12. Jahrhundert, in die Zeit also, in der die ältesten erhaltenen Manuskripte N und A von einem offensichtlich vielfach korrupten Textvorgänger abgeschrieben wurden.95 Eine ernsthafte Beschäftigung mit dem Dichter beginnt erst mit Petrarca, die seitdem nie mehr völlig abriß.96