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Der Dichter in seiner Zeit

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Properz wird gelegentlich als Einzelgänger gesehen. Gewiß, wenn man an all die Menschen aus Politk und Gesellschaft denkt, die Horaz in seinen Gedichten anspricht oder auftreten läßt, könnte Properzens Welt fast menschenleer erscheinen. Es ist fast immer nur die einzige Cynthia, die er anspricht oder von der er spricht. Aber dieses Fehlen einer bunten Welt liegt wahrscheinlich weniger an der persönlichen Lebensweise als an der Eigenart der gewählten literarischen Form, der Liebeselegie. Properzens Welt ist keineswegs menschenleer. Immer wieder spricht er Freunde an, und die oft erwähnten Symposien hat er ja gewiß nicht alleine gefeiert. Im 1. Buch fallen die Namen einiger dieser Freunde, zweier Dichter, die wie der jüngere Ovid mit Properz im gleichen Dichterzirkel verbunden waren, in dem er oft seine Gedichte vorgetragen habe.28 Jeweils viermal spricht er die wohl gleichaltrigen Freunde Gallus und Tullus an, was auf ein vertrauteres Verhältnis schließen läßt. Tullus widmet er sogar das 1. Buch. Das 2. Buch zeigt ihn als Mitglied des Maecenaszirkels.29 Mit Maecenas verband ihn sichtlich kein so enges freundschaftliches Verhältnis, wie das Horaz von sich schildert, aber wenn er in 2,1,73–78 erwartet, daß Maecenas eimal trauernd an seinem Grab stehen wird und dabei Verständnis für sein Schicksal hat, muß auch eine persönliche Verbindung bestanden haben. Properzens geachtete Stellung in einem größeren Dichterkreis zeigt dann Horazens Epistel 2,2,90–104. Horaz schildert hier mit Ironie und Selbstironie das eitle Treiben römischer Poeten. Er führt zwei Dichter, sich selbst und einen Elegiendichter, der unverkennbar Züge des Properz trägt, vor, die sich am Versammlungsort der römischen Dichter nach bewundernden Zuhörern umsehen und sich mit gegenseitigen Komplimenten überbieten. Natürlich hat diese Szene menschlicher Eitelkeit ihre lächerlichen Seiten, aber wenn Horaz das Werk des anderen, also Properzens Dichtung als mirabile visu caelatumque novem Musis opus rühmt, zeigt das keine geringe Anerkennung, die der ältere Dichter dem jüngeren bezeigt.30

Von Kritikern des 20. Jahrhunderts wird Properzens politische Haltung oft als antiaugusteisch angesehen.31 Gewiß schrieb er kein Epos über die Taten und Siege des Herrschers, wie das offenbar erwartet wurde (3,9,3!). Aber gegen solche Zumutungen wehrte sich Horaz von der Satire 2,1,1–20 an mit den gleichen Argumenten.32 Properzens Haltung war nicht antiaugusteisch, sondern eher apolitisch und friedliebend. Nach der Elegie 4,1,133f. verzichtete er auf eine politische Betätigung nicht wegen des neuen Regiments, sondern weil für ihn wie später für Ovid die Welt der Dichtung anziehender war. Und als Mensch, der in seiner Jugend die Verwüstungen des Bürgerkriegs hautnah erlebt hatte, galt seine Sehnsucht stets einem friedlichen Leben.33 Bezeichnend für seine Haltung ist die Schlußelegie des 1. Buches 1,22. In dem Gedicht, in dem er den Untergang Perusias und den Tod eines nahen Verwandten beklagt, findet man keine Schuldzuweisung: In der harten Zeit, in der die Zwietracht die römischen Bürger gegeneinander trieb, beschreibt er die damalige Lage. Dieselbe Klage über die Verheerungen des Bürgerkriegs findet man auch in in der 7. und 16. Epode des Horaz und in der 1. und 9. Ekloge Virgils.

Für einen heutigen Leser ist es sogar erstaunlich, wie der friedliche und auf ein friedliches Leben angewiesene Dichter alle Unternehmungen, die Augustus zur Alleinherrschaft brachten, durchaus anerkennt34 und auch für die Zukunft alle Ziele einer römischen Eroberungspolitik gelten läßt, wenn er auch klar sagt, daß das nicht seine Welt ist. Sollte diese Zustimmung zur augusteischen Herrschaft und ihren Zielen pure Verstellung und Heuchelei sein? Aber ein furchtsamer Heuchler war Properz gerade nicht. Wenn seine persönliche Welt tangiert war, konnte er sogar sehr deutlich sein, etwa in der Ablehnung der augusteischen Ehegesetzgebung in der Elegie 2,7.

Die Elegien des Properz

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