Читать книгу Warum scheißen die Vögel auf Buddhas Kopf? - Harry Mi Sho Teske - Страница 16
ОглавлениеFall 7: Jōshūs „Wasch’ deine Schale“
Das Kōan
Ein Mönch sagte zu Meister Jōshū: „Ich bin gerade in dieses Kloster eingetreten. Bitte unterrichte mich.“ „Hast du deinen Reisbrei schon gegessen?“ fragte Jōshū. „Ja, habe ich“, antwortete der Mönch. „Dann gehst du jetzt besser deine Schale auswaschen“, sagte Jōshū. Bei diesen Worten gelangte der Mönch zur Erkenntnis.
Mumons Kommentar:
Als er seinen Mund öffnete zeigte Jōshū seine Gallenblase. Er stellte sein Herz und seine Leber zur Schau. Ich frage mich ob dieser Mönch wirklich die Wahrheit hörte und er die Glocke nicht für einen Topf hielt.
Mumons Gedicht:
Bestrebt die Sache klar zu interpretieren,
verzögerst du nur deine Verwirklichung.
Weißt du nicht, dass eine Flamme Feuer ist?
Dein Reis ist schon lange gar.
Erklärung:
Jōshū Jūshin (Chao-chou Ts’ung-shen), 778–897, war Schüler und Dharmanachfolger von Nansen Fugan und hatte selber dreizehn Dharmanachfolger.
Ich bin gerade in dieses Kloster eingetreten Der Mönch hat noch keine Erfahrungen mit den Lehrmethoden in einem buddhistischen Zen-Kloster gemacht und erhofft sich nun von Meister Jōshū, dass der ihn erst einmal in den Zen-Weg zur Befreiung des Geistes einweist. Das macht der Meister auch, allerdings auf ganz andere Art als der Mönch erwartet hat. Die Art und Weise, in der im Zen der Weg gelehrt wird, ist viel direkter als in anderen buddhistischen Richtungen und deswegen fängt Jōshū gar nicht erst an, ihm etwas von den theoretischen Grundlagen des Zen-Buddhismus zu erzählen.
Dann gehst du jetzt besser deine Schale auswaschen. Jōshū fragt den Mönch, was dieser gerade gemacht hat und fordert ihn auf, die nächste Handlung zu unternehmen und sein Geschirr abzuwaschen. Ob die Zen-Geschichte, nach der viele Zen Praktizierende ihre Erleuchtungserfahrung beim Abwaschen des Geschirrs gemacht haben von dieser Erzählung herrührt, bleibt unbekannt, aber diese Aufforderung war der beste Unterricht, der jemals in einem Zen-Kloster stattgefunden hat. Es ist ein Unterricht, der nicht auf den theoretischen Grundlagen des Buddhismus aufbaut, sondern auf der direkten Handlung des Menschen.
Er stellt sein Herz und seine Leber zur Schau Jōshū ist sich selbst nicht zu schade dafür, dass er seinen gesamten Vorrat an geistigen und spirituellen Wissen diesem jungen Mönch zur Verfügung stellt und ihm die direkteste Anweisung gibt, die man sich denken kann. Er redet nicht vom Leiden, von der Entstehung des Leidens und seinen Ursachen, von der Möglichkeit der Beendigung durch die Beseitigung der Ursachen und vom Weg, der zu dieser Befreiung führt, sondern er geht direkt auf die Lebenswirklichkeit des Mönchs ein. Damit zeigt er nicht nur, dass er die ganze buddhistische Lehre als eine Wirklichkeit zweiter Ordnung betrachtet, sondern offenbart gleichzeitig die Handlungsweisheit des gesamten Zen-Buddhismus.
Dein Reis ist schon lange gar. Dies ist ein Hinweis von Meister Mumon darauf, dass uns von Anfang an nicht das kleinste bisschen fehlt. Wir sind schon immer im Besitz der vollkommenen Erkenntnis gewesen, es ist uns nur nicht bewusst geworden. Durch unsere unachtsame Art des dualistischen Denkens geraten wir immer weiter in einen Zustand des Nichtwissens und der Verzweiflung und bekommen gar nicht mehr mit, dass wir selber es sind, die diesen Zustand ständig reproduzieren. Die Wirklichkeit als Gesamtsumme des universellen Daseins ist völlig einfach, nur durch unser Denken wird sie sehr kompliziert. Die Sichtweise der Erleuchtung bildet die Grundlage aller Erfahrungen und wir sind aufgefordert, sie wieder in unserem alltäglichen Leben zu verwirklichen.