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§ 2Geschichte der Grundrechte

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5Die modernen Verfassungsstaaten setzen Grundrechte als selbstverständlich voraus.

Es ist jedoch ein langer, mühevoller Bewusstwerdungsprozess gewesen, der zu der Erkenntnis der Unverzichtbarkeit von Grundrechten in Staatsverfassungen geführt hat. Selbst die Schweiz, die eine herausragende Rolle im geschichtlichen Prozess der Entwicklung der Verfassungsstaaten gespielt hat, hat umfassende Grundrechte in ihrer Bundesverfassung erst 1999 geregelt.

Die Unverzichtbarkeit von Grundrechtskatalogen in Staatsverfassungen hat sich im Grunde erst nach dem Zweiten Weltkrieg durchgesetzt.

Der geschichtliche Prozess der Erkenntnis der Notwendigkeit von Grundrechten ist zudem nicht geradlinig verlaufen, sondern, im Gegenteil, von vielen Rückschritten begleitet gewesen, wie die Geschehnisse in der nationalsozialistischen Diktatur zeigen.

Ausgehend von dem rein zeitlichen Entwicklungsprozess entstanden Regelungen zur Staatsorganisation stets vor der Gewährleistung verfassungsrechtlicher Grundrechte. So akzeptierte das antike Griechenland – das Land, aus dem der Begriff der Demokratie stammt – die Sklaverei, ebenso die Vereinigten Staaten von Amerika bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts. Erst die Auseinandersetzung mit dem offenkundigen Widerspruch, der in der Entrechtung eines erheblichen Teiles des Volkes gesehen werden musste, hat grundrechtliche Garantien neben den staatsorganisationsrechtlichen Regelungen etablieren können. Aber auch die äußeren Existenzbedingungen der Staaten waren mitursächlich für die unterschiedliche Entwicklungsgeschwindigkeit von Staatsorganisationsrecht und Grundrechten. Angesichts der unzähligen Kriege und der mit diesen notwendig verbundenen Sicherung des Überlebens der Staatsorganisation war offenkundig die Sicherung der organisatorischen Gewalt wichtiger als die Etablierung von Individualrechten. Schließlich spielte die geänderte Position des Individuums, die mit der Säkularisierung und der Aufklärung einherging, eine wichtige Rolle für die Gewichtsverlagerung der rechtlichen Positionen innerhalb der Staaten vom Staatsorganisationsrecht zu den Grundrechten.

6Menschenrechte als positiv-rechtliche Gewährleistungen der Freiheit des Individuums haben sich unter dem Einfluss des späten Naturrechts in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts herausgebildet.

7Der Begriff der Grundrechte ist ein typisch deutscher Begriff, der zum ersten Mal in der Paulskirchenverfassung von 1848 formuliert wurde.1 Mit dem Begriff sollte verdeutlicht werden, dass es sich bei diesen Rechten um die fundamentalen Positionen handelt, auf denen die Verfassung aufbaut.2

In vielen Verfassungen wird zwischen Menschenrechten und Bürgerrechten unterschieden. Im Allgemeinen will man damit zum Ausdruck bringen, dass Menschenrechte allen Menschen zustehen, Bürgerrechte aber nur den Mitgliedern des jeweiligen Staatsverbandes.

Die geschichtlichen Ursprünge heutiger Grundrechte reichen weit zurück, wobei man zwischen ideengeschichtlicher Tradition und verfassungsrechtlichen Verbürgungen unterscheiden muss. Vielfach gab es nämlich grundrechtliche Positionen, die nicht in Verfassungen niedergelegt, sondern bloß einfachgesetzlich formuliert waren oder auch nur auf bloßer Tradition beruhten.

Staatsrecht II

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