Читать книгу Die Kaiserzeit von Augustus bis Diocletian - Heinz Bellen - Страница 6
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Mit der Neuauflage des zweiten Teils der „Grundzüge der römischen Geschichte“ des 2002 verstorbenen Mainzer Althistorikers Heinz Bellen steht ein wichtiges Studienbuch wieder zur Verfügung. In einer Zeit, in der Grundlagenwissen immer mehr zur Mangelware wird, stößt dieses Buch über „Die Kaiserzeit von Augustus bis Diocletian“ mit seinem ganz besonderen Profil in eine sogenannte „Marktlücke“. Sowohl im Aufbau wie in der Vorgehensweise hebt es sich nämlich von vergleichbaren Einführungen und Darstellungen der römischen Kaiserzeit sehr grundlegend ab.
Der vorliegende Band ist der mittlere Teil einer dreibändigen Römischen Geschichte und bildet somit die Brücke zwischen der republikanischen und der spätantiken Zeit Roms und seines Imperiums. Die Verzahnung der drei Teile wird vor allem in diesem Band offensichtlich. Denn er beginnt nicht, wie man erwarten würde, mit dem ersten Kaiser, dem Princeps Augustus, sondern mit dem Erbe des Augustus, das er seinen Nachfolgern hinterließ. Und entgegen allen Erwartungen endet dieser Band auch nicht mit der sogenannten Krise des 3. nachchristlichen Jahrhunderts, sondern mit den Reformen des Diocletian (284 – 305 n. Chr.). Traditionelle Darstellungen lassen mit diesem Kaiser bereits die Spätantike beginnen. Mit der eher unkonventionellen Anordnung will der Autor deutlich machen, wie sehr die Begründung und die Form des Prinzipats noch in der Republik, ihrer Verfassung und ihrer gesellschaftlichen Struktur verankert ist (vgl. Band I). Zugleich will er aber auch zeigen, dass die Reformen des Diocletian einerseits tief in der Kaiserzeit verankert sind und zum Teil bis auf Verordnungen des Augustus zurückgehen, andererseits aber neue Grundlagen gelegt werden, welche die spätantiken Kaiser weiter ausbauen werden (vgl. Band III). Durch diese Art der Präsentation werden die Zäsuren zwischen Republik, Kaiserzeit und Spätantike vermieden, die Übergänge können gleitender gestaltet werden, womit der Autor der historischen Entwicklung gerechter wird.
Eine weitere Besonderheit des Buches liegt in seiner Binnenstruktur. Der Aufbau der einzelnen Kapitel ist zwar streng chronologisch angeordnet, aber innerhalb der Chronologie gliedert Bellen nach Sachgesichtspunkten: Einem politischen Überblick über die Epoche folgen Spezialgebiete wie etwa Wirtschaft, Recht, Bauten, Kultur, Provinzen, Militär, Innen- und Außenpolitik etc. So ist eine leichte Orientierung möglich.
Ganz besonders hervorzuheben ist das quellenbasierte Vorgehen des Autors. Dieses beschränkt sich nicht vorrangig auf die literarischen Quellen. Münzen, Inschriften und archäologische Zeugnisse, die der Autor selbst gesehen bzw. geprüft hat, werden in den fließenden Text eingebaut, so dass sich eine dichte, stets lesbare und lebendige Darstellung ergibt. Vor allem diese Quellennähe verleiht der Römischen Geschichte von Heinz Bellen einen zeitunabhängigen Wert. Dieser ist auch dadurch gegeben, dass auf explizite und exzessive Darbietung moderner Forschungsdiskussionen verzichtet wird. Dagegen führt der Autor den Leser didaktisch geschickt mitten in die antiken Denkweisen hinein.
Alles, was Bellen schreibt, ist im akademischen Unterricht erprobt. Auf vielfältige Weise wird der Leser zur selbständigen Eigenarbeit angeleitet. Im Fließtext sind Stellenangaben der zitierten antiken Quellen in Klammern angegeben. Im Anhang findet sich eine Auflösung der benutzten Abkürzungen und ein kurzer Abriss über die verwendeten Quellen. Eine kommentierte Zeittafel verschafft einen gerafften chronologischen Überblick, und Literaturhinweise zu jedem Kapitel informieren den Leser über die wichtigsten Forschungen. Der Neuauflage wurde eine Ergänzungsbibliographie hinzugefügt, die die neueste Forschung des letzten Jahrzehnts enthält (erstellt von Anna Schönen und Charlotte Walter). Ausführliche Register beschließen den Band.
Beat Näf schrieb zum ersten Erscheinen des Bandes 1998 (Museum Helveticum 55, 1998, 258): „Vielmehr erfahren wir direkt, was wir heute auf Grund der Quellen über die Kaiserzeit wissen … in dieser zur Selbständigkeit führenden Darstellung mit eigenem Profil.“
Aus diesem Grunde ist es sehr dankenswert, dass die Wissenschaftliche Buchgesellschaft, vor allem auf Anregung ihres Lektors, Herrn Dr. Harald Baulig, sich entschlossen hat, dieses Werk ihren Lesern wieder nach und nach in einer Neuauflage zugänglich zu machen. Mit Band II wurde dieses Projekt begonnen. Die anderen Teile werden folgen. Vor allem der jungen Generation sei diese präzise und verständlich geschriebene Römische Geschichte zum Eigenstudium empfohlen.
Trier, im Juni 2010
Elisabeth Herrmann-Otto