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2.2.7 UnterbrechungUnterbrechung als doing gender?

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Zimmerman/West (1983, 1989) haben gesprächsstilistische Unterschiede, z.B. den hohen Einsatz von Unterbrechungen, unter „doing gender“ gefasst, obwohl auch hier im Gespräch selbst nicht darauf verwiesen wurde, somit also keine offene Orientierung an Gender deutlich wurde. Darauf werden wir im Kap. 13 zu Gender im Gespräch ausführlich eingehen. Der Fokus liegt sowohl bei Schegloffs als auch bei Zimmermans und Wests Ausführungen auf der Rekonstruktion von Verfahren des Anzeigens und Bermerkbar-Machens der sozialen Kategorie Geschlecht. Die Kriterien dafür sind beim Erstgenannten aber wesentlich rigider, weil er in der sozialwissenschaftlichen Rekonstruktion von doing gender einer offenen Ausrichtung an der Relevanz von Gender durch die Interagierenden habhaft werden möchte. Diese Ausrichtung auf Genderdifferenzen hin bleibt für die Interagierenden selbst aber oft versteckt hinter speziellen Stilphänomenen, Handlungsrollen oder Themen.

Wests und Zimmermans breite Konzeption von doing gender ist einerseits brauchbarer, aber andrerseits auch problematisch, weil sie weiterhin meinen, doing gender an Einzelphänomenen festmachen zu können, die im Kern zunächst eher doing dominance bewirken (Kotthoff 1996a). Wer andere viel unterbricht, gibt sich dominant. Ist Dominanz immer an Männlichkeit gekoppelt?

Sie zitieren Cahill (1986), dessen Kindergartenstudien eigentlich zu einer etwas anderen Sicht einladen. Er hatte herausgearbeitet, über welche Aktivitäten und Zuschreibungen Kinder Gender gestalthaft für sich selbst annehmen. So lernen kleine Jungen von etwa drei Jahren es als jungenhaft zu betrachten, dass sie die Umwelt offen manipulieren können und dass ihr Äußeres nicht so wichtig ist. Mädchen lernen z.B., dass die Ornamentierung des Körpers mädchenhaft ist. Der Umgang mit dem eigenen Äußeren und die Art des Einwirkens auf andere sind erste Genderperformanzen der Kinder (Kotthoff 1994b, 1996a). In Cahills Studie ist bemerkbar, dass das Sprachverhalten der Kinder im Einklang mit anderen semiotischen Codes (wie Kleidung) eine gestalthafte Genderisierung ergibt. Eine StilisierungStilisierung (Selbst- und Fremd-S.) von Feinheit und die Bedeutsamkeit der Gestaltung des Äußeren gehören in unserem Kulturkreis zu einer sichtbaren Kommunikation von Weiblichkeit. Kinder sind ja auf ihre Beobachtungen der Welt angewiesen. Dies deutet darauf hin, dass Gender gestalthaft kommuniziert wird, als ein Bündel verschiedener Ausformungen. Wir kommen in Kap. 11 darauf zurück.

In den achtziger Jahren gingen Zimmerman und West als gradlinig angenommenen Rangordnungen im Gespräch nach, wie sie etwa mittels des Turn-Taking-Mechanismus herstellbar wären. Sacks et al. (1974) haben ausdrücklich darauf hingewiesen, dass über das Rederechtsmanagement lokale Hierarchien hergestellt werden können. In ihrer Studie von 1983 fanden Zimmermann und West bei zufällig aufgenommenen, gemischtgeschlechtlichen Paaren 48 UnterbrechungenUnterbrechung ihrer Definition (Sprecheinsatz vor Redezug-Ende des vorherigen Sprechers). Davon wurden 46 von Männern ausgeführt. In ihrer zweiten Studie (1989) bei fünf Paaren von Unbekannten in einem Laborsetting fanden sie 75 % der insgesamt 28 Unterbrechungen von Männern realisiert. West und Zimmerman glaubten, damit ein alltägliches, direktes Verfahren des doing gender gefunden zu haben. So ein gradliniges doing gender als Verfahren maskuliner Dominanzherstellung müsste an auffälligen Frequenzen von beispielsweise Unterbrechungen oder Themensetzungen von männlicher Seite festmachbar sein, und das ist selten der Fall, wie wir in Kap. 12 sehen.

Gleiches gilt für hohe Frequenzen von Fragen oder Vagheitsmarkierungen, die in der Forschung zunächst als Ausweise der Kommunikation von Weiblichkeit gesehen wurden (dazu auch Kotthoff 2006c). Unsicherheit kommuniziert aber nicht gradlinig Weiblichkeit. Noch nicht einmal die Herstellung von Dominanz lässt sich über ein konversationelles Verfahren allein bewerkstelligen, geschweige denn Geschlecht. Dass doing dominance mit doing masculinity einfach identifiziert wurde, macht einen weiteren Kritikpunkt an diesem frühen Konzept von doing gender aus.

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