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3.2.2 Die Bibel als Medium im Gottesdienst

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Die Bibel wird in den Liturgien vor allem als personales Übertragungsmedium14 gebraucht: Deren Erzählungen und Gedanken werden mündlich in »face-to face-Kommunikation« präsentiert, d. h. aus dem Buch als (apersonales) Speichermedium wird durch (räumlich kopräsente) Lektoren vorgelesen, und ein ebenfalls zu Gehör gebrachter Bibeltext wird in der Predigt in mündlicher Rede ausgelegt.

In den Liturgien haben sich hierfür unterschiedliche Gestaltungen mit teils konfessioneller Profilierung ergeben, die sich folgendermaßen typisieren lassen: Die an der lectio continua orientierte Lese- und Auslegungspraxis ist am stärksten didaktisch, die am Lesezyldus des Kirchenjahres orientierte agendarisch geregelte Praxis ist anamnetisch-kerygmatisch und die Lese- und Auslegungspraxis in Kasualgottesdiensten ist parakletisch-poimenisch ausgerichtet.15 Der agendarisch geregelte Lesezyklus weist deutliche Defizite auf: AT-Texte werden meist als fakultativ angesehen oder infolge eines einfachen heilsgeschichtlichen Verständnisses als bloße Vorstufe zur NT-Lesung gebraucht. Hier müssen künftige Reformen auch Einsichten des christlich-jüdischen Dialogs berücksichtigen.

Die Predigten sind vielfach textauslegende Kanzelreden, die biblische Tradition und gegenwärtige Situation aufeinander beziehen. Der Rekurs auf einen »Predigttext« aus der Bibel gilt traditionell als Wahrheits-, Verbindlichkeits- und Verlässlichkeitsargument.16 Aus heutiger praktisch-theologischer Perspektive ist dies so zu reformulieren, dass Wahrheit, Verbindlichkeit und Verlässlichkeit, weil sie nicht autoritär dekretierbar sind, durch Hörende und Predigende in einem von den Texten ausgelösten Entdeckungs- und Rezeptionsprozess zu finden und zu kommunizieren sind. Auch hierbei wird der Bibeltext zum Medium, das kreativ, identitäts- und glaubensstiftend und -stabilisierend Predigende und Hörende als Einzelne anspricht, sie als Gemeinde verbindet und so Orientierung, Vergewisserung und Erneuerung eröffnet.

Gottes Menschenfreundlichkeit und das Fest des Lebens

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