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c) Die Einnahmenseite: Abgaben-, Finanzausgleichs- und Staatsschuldenrecht

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Ein drittes Teilgebiet des öffentlichen Finanzrechts betrifft die zur Deckung der Ausgaben erforderlichen Einnahmen. Während sich der Staat in früheren Jahrhunderten auch über erwerbswirtschaftliches Handeln (Domänenwirtschaft) oder Kriegsbeute finanziert hat (Rn 41 ff), erzielt der moderne Staat seine Einnahmen im Wesentlichen durch Abgaben, hier vor allem über die Erhebung von Steuern (Rn 211 ff).

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Die besondere Bedeutung der Steuern für die Finanzierung staatlicher Aufgaben zeigt sich beispielhaft am Bundeshaushalt 2018. Dort werden die Ausgaben des Bundes in Höhe von insgesamt rd 341,6 Mrd € zu gut 94 % (321,3 Mrd €) durch Steuern gedeckt[21]. Die restlichen Einnahmen ergeben sich ua aus weiteren Abgaben (zB Gebühren) oder wirtschaftlicher Tätigkeit bzw Veräußerungserlösen[22]. Insgesamt nehmen Bund, Länder und Gemeinden im Jahr 2019 rd 807 Mrd €[23] an Steuern ein.

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Die Dominanz der Steuern bei den staatlichen Einnahmen ist nicht nur ein tatsächlicher Befund. Das Prinzip des Steuerstaates[24] (Rn 205) lässt sich auch aus dem Verfassungsrecht ableiten. So regelt das Grundgesetz in seinen Art. 105–108 die Gesetzgebungs-, Ertrags- und Verwaltungskompetenzen für Steuern (zu denen auch die Zölle gehören); im bundesstaatlichen Finanzausgleich (Rn 318 ff) werden Steuereinnahmen verteilt. Hinweise auf andere Abgabearten finden sich im Grundgesetz nur ganz vereinzelt (Art. 74 Abs. 1 Nr 22, 80 Abs. 2, 111 Abs. 2 GG).

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Der prinzipielle Vorrang einer Finanzierung durch Steuern lässt sich zudem ableiten aus freiheitsrechtlichen (Art. 12 Abs. 1 GG) und sozialstaatlichen (Art. 20 Abs. 1 GG) Erwägungen, weil der Staat dem privat Wirtschaftenden keine (übermächtige?) Konkurrenz machen soll (Rn 623) und sich die Mittel bei denjenigen besorgen muss, die finanziell leistungsfähig sind. Der Staat als Gemeinschaft finanziert sich also über eine Art Umlageverfahren: die Bevölkerung beteiligt sich anteilig an der Staatsfinanzierung („Preis der Freiheit“[25]), der Staat ist „stiller Teilhaber“[26] an der privaten Wertschöpfung. Steuern sind der finanzielle Beitrag des Einzelnen zur staatlichen Gemeinschaft[27]. Andere Abgaben (Gebühren, Beiträge, Sonderabgaben usw) sind dadurch freilich nicht ausgeschlossen (Rn 205 ff).

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Die Steuer ist ein Finanzierungsinstrument des Staates, aus dessen Aufkommen die Staatshaushalte allgemein, dh ohne jede Zweckbindung, ausgestattet werden[28]. Steuererhebung und haushaltsrechtliche Verwendungsentscheidung sind strikt getrennt, was dem Staat eine rechtsstaatliche Distanz und Unabhängigkeit gegenüber den ihn finanzierenden Steuerpflichtigen ermöglicht. Er kann auf diese Weise allen Bürgern, unabhängig davon, ob sie erhebliche Steuerleistungen erbringen oder nicht zu den Steuerzahlern gehören, in gleicher Weise verantwortlich sein[29]. Hierin liegt ein wesentlicher Unterschied zu anderen Abgabearten, die teils zweckgebunden sind, teils besondere staatliche Leistungen abgelten (Rn 267 ff).

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Die Verteilung der Steuern an die verschiedenen staatlichen Ebenen ist Aufgabe des sog. Finanzausgleichs (Rn 318 ff). Das Finanzausgleichsrecht findet sich im Grundgesetz (v.a. Art. 106 und 107 GG); konkretisierende Bestimmungen enthalten das Maßstäbegesetz (MaßstG) und das Finanzausgleichsgesetz (FAG). Neben der Steuerverteilung befasst sich der Finanzausgleich auch mit der Umverteilung finanzieller Mittel durch Zuweisungen des Bundes an die Länder oder durch Ausgleichszahlungen zwischen den Ländern.

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Reichen die Steuer- und sonstigen Einnahmen des Staates nicht aus, um die notwendigen Ausgaben zu decken, kann sich der Staat grds auch über Kredite (idR Staatsanleihen) finanzieren. Mit der Frage der Zulässigkeit der Kreditfinanzierung befasst sich das Staatsschuldenrecht (für den Bundeshaushalt: Art. 115 GG). Mit der Einführung einer Schuldenbremse (Rn 437, 447), die die Aufnahme neuer Kredite stark beschränken und damit letztlich auch den Weg für die Tilgung alter Schulden ebnen soll, hat sich der verfassungsändernde Gesetzgeber entschieden, Krediteinnahmen nur noch begrenzt und in bestimmten (Not-)Situationen (zB konjunkturelle Schwäche oder Naturkatastrophen, s. Rn 456) zuzulassen, um die „Nachhaltigkeit“[30] der öffentlichen Finanzwirtschaft zu verbessern[31].

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Auch auf europäischer Ebene sind Regeln zur Begrenzung der Staatsschulden zunächst (mit dem Vertrag von Maastricht 1992) eingeführt und in Reaktion auf die Finanz- und Staatsschuldenkrise der Jahre ab 2007 deutlich verschärft worden (Rn 493 ff). Auch das Unionsrecht hat damit starke Einflüsse auf das öffentliche Finanzrecht der Mitgliedstaaten, v.a. derjenigen Staaten, die als gemeinsame Währung den Euro eingeführt haben (Rn 819 ff).

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